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60 Jahre, 140 Whiskys: »Balvenies« Feierstunde für David C. Stewart

Diese Karriere ist einzigartig in der Single Malt-Welt und sie dauert weiter an: 1962 trat David Charles Stewart in die Dienste von William Grant & Sons. Mit einer Feier in London samt Vorstellung eines 60-jährigen Whiskys wurde die Legende nun gefeiert.

»Whisky Royalty!«, dieser Ausruf eines Gastes fasste das Dinner anlässlich des Firmenjubiläums von David C. Stewart am besten zusammen. Die schottischen Autoritäten des Single Malts Charles McLean (»Whiskypedia«) und Dave Broom waren nur zwei der Celebrities, die Whiskyfreunde in aller Welt kennen. Broom führte mit unvergleichlichem Glasgower Humor (und Akzent!) durch den Abend für den Malt Master von »The Balvenie« und schilderte dessen höchstes Lob für Whiskys: »Quite good«! Denn die Bescheidenheit Stewarts ist in der Industrie, der er seit dem Jahre 1962 angehört, legendär.

Als Lager-Mitarbeiter war er mit 17 Jahren in die Dienste von William Grant getreten, »als es noch dicke Bücher mit dem Inventar der Lagerhäuser gab und keine Computer«. Zwölf Jahre später sorgte der überraschende Wechsel seines Vorgängers dafür, dass er mit vergleichsweise jungen Jahren zum Malt Master bei »Glenfiddich« und »The Balvenie« wurde. »Damals drehte sich alles um Blended Whiskys«, fasst er diese Anfänge zusammen, »heute hat der Single Malt eine strahlende Zukunft vor sich«. Während 2009 Brian Kinsman bei der größeren der beiden Grant-Brennereien in Dufftown übernahm, prägt David Stewart Balvenies Whiskys bis heute.

Whisky-Smalltalk mit der Queen

Unübersehbar waren im »Renaissance-Hotel St. Pancras« alle Beiträge, die der »seit zehn Jahren im Halbruhestand« (Zitat David Stewart) befindliche Schotte in dieser Zeit für den Scotch geleistet hat. Eine Auswahl seiner Abfüllungen waren zu einer Wand formiert worden. Insgesamt werden es wohl 140 einzelne Whiskys gewesen sein, die er verantwortet hat, schätzte er im Gespräch. Oder eben »quite a few«, wie er es Queen Elizabeth anlässlich der Auszeichnung als »Member of the Order of the British Empire« 2016 erklärte. Die verstorbene Monarchin hatte zuvor gefragt, ob er denn viele Whiskys getrunken hätte. Zumindest sechs davon gab es für die 120 Festgäste, die »William Grant & Sons« für seinen langjährigsten Mitarbeiter versammelt hatte. 

Darunter befand sich auch der Whisky, der Stewarts Namen für immer in der Whiskygeschichte verankern wird: Der »DoubleWood«, mit dem die Geschichte der doppelten Reifung bzw. des Fass-Finishes begonnen hat. Was heute gängige Praxis war, hat seine Abfüllung einst begründet. »Davor war ein Fass einfach ein Behälter«, brachte es Weggefährte Ian McDonald – der Fassbinder begann 1969 bei »William Grant« – in seiner Laudatio auf den Punkt.

ABBA-Karaoke und Sterneküche

Den Stellenwert von David C. Stewart unterstrich auch das Geschenk für alle Teilnehmer am Festakt (als einziges österreichisches Magazin war dabei Falstaff vertreten): Ein mundgeblasenes Whisky-Glas aus der berühmten Glencairn-Serie. Denn Stewart hatte auch zu den Master Blendern gezählt, die am Anfang der Entwicklung des weltweit verwendeten schottischen Glases standen. Insgesamt sechs Mal wurde damit ein Toast ausgebracht, den stets Weggefährten nach persönlichen Anekdoten aussprachen. Heiterer Höhepunkt: Die Schilderung vom gemeinsamen Besuch des ABBA-Museums in Stockholm durch David Mair, den ehemaligen Markenbotschafter.

Als Lieblingswhisky führt der 77-Jährige stets den im Portwein-Fass »gefinishten« 21-jährigen »Balvenie« ein, dessen »fruchtige Cremigkeit« er besonders liebt. Entsprechend dieser Vorliebe reichte man ihn in London auch zur Short Rib vom Galloway-Rind, die Simon Rogan als Hauptgericht ausgewählt hatte. Der mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnete Chef des »L'Enclume« hatte jeder Dekade ein eigenes Gericht gewidmet. Vom Hummer-Törtchen über die Artischocken-Trüffel-Vorspeise mit Malz bis zur in Bienenwachs gegarten Birne mit Mädesüß. 

Ultra-rar: »60 years« in der Flasche

Höhepunkt war trotz der Edel-Produkte davor das zweite Dessert, ein golden glänzendes Medaillon aus toskanischer Schokolade von Amadei. »Dazu gibt es die teuerste Karamellsauce der Welt«, scherzte Rogan, der dafür 4 cl eines Balvenies aus dem Jahre 1962 verwendet hatte. Dieser älteste Whisky, den die Destillerie in Dufftown jemals abgefüllt hat, liegt gerade einmal in 71 Flaschen vor – von denen einige im Rahmen der Feier verkostet wurden. Vor allem aber zeigt er erstmalig die Unterschrift des neuen Malt Masters: Kelsey McKechnie arbeitet seit sechs Jahren an der Seite der Whisky-Legende: »Vor allem in Corona-Zeiten, als ich nicht ins Büro kommen konnte, hat die Zusammenarbeit hervorragend funktioniert«.

Roland Graf
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