AMA-Boss Michael Blass im Interview

Klare Standpunkte bei aktuellen Fragen zur Lebensmittelsicherheit.

Kann man in Österreich jetzt sicher sein, dass man kein Pferdefleisch in seiner Wurst hat? Es geht den Konsumenten um Lebensmittelsicherheit, das hat höchste Priorität für die Landwirtschaft und die Hersteller. Die österreichischen Lebensmittel sind so sicher wie nie zuvor. Das bestätigen amtliche Ergebnisse der Lebensmitteluntersuchung, die vom Gesundheitsministerium durchgeführt wird. Bei der aktuellen Diskussion  handelt es sich zumeist um Täuschungen der Konsumenten. Wurst darf ja Pferdefleisch enthalten, wenn es in der Zutatenliste kenntlich gemacht wird, das ist eine gesetzeskonforme Information der Verbraucher. Wer sie nicht kennzeichnet, der führt Konsumenten in die Irre.

Worauf sollte man beim Kauf von Fleisch- und Wurstprodukten achten?
Für die österreichische Küche ist das ein ganz besonders starker Anziehungspunkt. Fleisch und Wurst stehen für gemeinsames essen. Es wird immer noch als etwas Besonderes empfunden, auch wenn man es schon sehr häufig konsumiert. Aber ein Festtagsessen ohne Fleisch ist nicht vorstellbar. Und dabei sollte man auch ganz besonders auf die Qualität achten. Nur das AMA-Gütesiegel garantiert, dass das Produkt aus Österreich ist, dem kommt bei allen Fleischarten besondere Bedeutung zu. Zudem haben die ausgezeichneten Waren hohe Produktqualität, dies wird durch Verkostungen und engmaschige Kontrollen gewährleistet.

Wie kann man hohe Qualität und somit auch guten Geschmack objektiv untersuchen?
Neben sensorischen Tests gibt es analytische Untersuchungen und Begutachtungen. Der österreichische Lebensmittelkodex hat im europäischen Vergleich einen hohen Standard, auf den wir sehr stolz sein dürfen. Und beim AMA-Gütesiegel gelten noch strengere Richtlinien und genauere Parameter, die über den Kodex hinausgehen.

Was empfehlen Sie Konsumenten, wenn keine Produkte mit dem AMA-Gütesiegel verfügbar sind?
Die Durchdringung mit dem AMA-Gütesiegel ist schon sehr hoch! Jeder Konsument ist auf der sicheren Seite, wenn er sich bemüht die Produkte genau anzusehen. Aber es ist einiges an praktischer Erfahrung notwendig, um die Qualität eines Produktes durch Augenschein begutachten zu können – daher ist das Gütesiegel so wichtig. Auch die Preissetzung kann in Einzelfällen ein Hinweis sein. Bestpreisaktionen spielen in Österreich eine große Rolle, es kann ohne weiteres der Fall sein, dass man auch zu einem unterwartet günstigen Preis eine hohe Qualität erhält. Aber in der Regel muss man davon ausgehen, dass gute Qualität ihren Preis hat.

Sind Skandale wie unlängst bei der fehlenden Deklaration von Pferdefleisch gut für die Verbreitung der AMA-Philosophie?
Einerseits haben wir eine ganz klare Qualitätspolitik; Seit der Einführung des Gütesiegels hatten wir keinen einzigen Skandal! Das ist Sonderklasse, wir waren nie auch nur entfernt in einer dieser Diskussionen. Andererseits ist jede Verunsicherung, die alle Marktteilnehmer betrifft problematisch.  Es gibt so viele Informationen in so kurzer Zeit, da wird wenig differenziert. Der Mann auf der Straße, die Frau vor dem Supermarktregal unterscheidet nicht, woher der Skandal eigentlich kommt. Da wird zu wenig differenziert, die denken sich: »Auf nix kann man sich verlassen.« Derartige Verunsicherungen treffen starke Marken immer besonders und in fast allen Fällen zu Unrecht. Das Gütesiegel hat eine hohe Bekanntheit und daher wird eine besondere Erwartung erweckt. Wenn diese allgemeine negative Stimmung aufkommt, dann tut das dem Gütesiegel weh.

Importware, die in Österreich verarbeitet wird, kann als »made in Austria« mit rotweißroter-Fahne verkauft werden. Kann die AMA etwas dagegen unternehmen?
Das ist ein wichtiger Punkt! Hier lohnt sich ein genauer Blick: Es kommt darauf an, mit welchem Lebensmittel man es zu tun hat. Auch wenn auf den Manner-Schnitten der Stephansdom abgebildet ist, geht niemand davon aus, dass die Haselnüsse auf dem Stephansplatz gewachsen sind. Auch beim Orangensaft geht niemand davon aus, dass die Orangen in Österreich gewachsen sind, aber man weiß, dass es sich um hohe Fertigungsqualität handelt. Ganz anders schaut die Situation bei landwirtschaftlichen Produkten aus: Milch, Fleischwaren. Da gibt es eine klare Konsumentenerwartung – Bei der Verwendung der Farben rot-weiß-rot und mittelbaren Herkunftshinweisen wie Alpen, Almen oder Trachten erwarten sich die Konsumenten wohl auch, dass österreichischer Rohstoff verarbeitet wird. Aber genau das wird allzu oft enttäuscht! Die Gesetzgebung muss sich an die Verbrauchererwartung anpassen.

Was wollen Sie als AMA-Geschäftsführer künftig forcieren?
In einer Lebensmitteldebatte wo man spürt, dass sich viele nicht mehr zurecht finden,  und dass sich viele hinters Licht geführt fühlen müssen wir eine klare Orientierung geben. Das  AMA-Gütesiegel ist die klarste Orientierung von allen. Es ist ein Zeichen mit gesetzlicher Grundlage. Alle drei Werte – Herkunft, Qualität und Kontrolle – können wir klar hinterlegen. Ich möchte aber noch mehr klar machen, wofür das AMA-Gütesiegel steht und uns noch deutlicher von der Vielfalt von beliebigen Zeichen, die häufig aus Gründen des Blickfangs verwendet werden, unterscheiden. Wir haben viel vorzuweisen und müssen unsere Werte noch stärker in den Vordergrund rücken. Und ich will unseren Produzenten, die das AMA-Gütesiegel verwenden, noch mehr den Rücken stärken.

Dr. Michael Blass
Mit 1. 1. 2013 übernahm Dr. Michael Blass die Agenden von Dr. Stephan Mikinovic als AMA-Geschäftsführer. Blass ist Jurist und engagierte sich nach dem Gerichtsjahr vorerst in der Sozial­arbeit. 1983 trat er in die Wirtschaftskammer Österreich ein, 1998 wurde er zum Geschäfts­führer des Fachverbands der ­Lebensmittelindustrie bestellt. Besonders am Herzen liegen ihm die Weiterentwicklung des Lebensmittelrechts sowie die ­Wettbewerbsfähigkeit des Landwirtschafts- und des Lebens­mittelsektors

von Bernhard Degen

Bernhard Degen
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