Bachls Restaurant der Woche: Kussmaul
In Mario Bernatovics »Kussmaul« Nr. 2 gibt es neben kleinen aber feinen Gerichten exzellente Drinks und erlesene Weine.
Ein kluger Schachzug, sich die Trademark »Kussmaul« schützen zu lassen. So konnte Mario Bernatovic nach seinem Abgang vom Restaurant der Familie Haselsteiner in Wien-Neubau – nun »Das Spittelberg« mit Harald Brunner – sein mit nackten Mädchen in frivolen Posen geziertes Logo vom siebenten in den ersten Bezirk übersiedeln. Und nein – auch wenn die Zeichnungen auf ein Etablissement hindeuten und nun schwarze Folien das zuletzt als »Merlo« betriebene Lokal vor Einblicken schützen: Hier passiert nichts, was man nicht weitererzählen dürfte.
Im Gegenteil. Im »Kussmaul« Nr. 1 wollte man ziemlich viel: Fine Dining, Bistro, Patisserie, Frühstück, Bar – hier ergibt eine abgeschlankte Version ein stimmiges Ganzes. Ab 16 Uhr gibt es nun feine Drinks, eine außergewöhnlich interessante Auswahl von Weinen aus allen Richtungen. Und dazu eine wirklich spannende und teils sogar exzellente Küche in Gestalt von überwiegend kleinen Gerichten. Austern warm zuzubereiten, braucht Fingerspitzengefühl: Die immer noch schön schlatzig-halb-rohen Dinger schwimmen in einer überaus delikaten »Sauce coquillage«, dazu ein paar Croutons und grob gehackte Kräuter – wer da nicht auftunkt, muss geschmacksverwirrt sein. Der zarte Rauchton der Forelle verträgt sich vortrefflich mit Austernmayo, Gurke, Kren und ein paar Spritzern Passionsfruchtsaft. Das präzise abgeschmeckte Lammbeuschel mit Kapern-Topfenknödeln gibt’s immer, es mutierte zu Bernatovics Signature-Dish. Und aus dem zum Allerweltsgericht verkommenen Schweinebauch fabriziert die Küche eine der interessantesten Kombis weit und breit – das fette Stück liegt in Mandelmilch, dazu Schwarzkohl und etwas Salzzitrone in Sachen fettverträglicher Säure. So geht Weinbar.
Kussmaul
Bäckerstraße 5
1010 Wien
T: +43 1 2861117
www.kussmaul-vienna.com
Aus Falstaff Nr. 02/2017