Bachls Sixpack, Teil 2: Martin Stein

Im Herzen Döblings gibts ein kleines feines Restaurant. Steins österreichische Küche mit französischem Touch überzeugt mit feiner Würze und technischer Perfektion.

Martin Stein ist ein Mann der leisen Töne. Und er ist jemand, der bislang allenfalls Insidern ein Begriff war. Im »Moulin Rouge« war er einst Küchenchef, als sich vor acht Jahren zwei Partymacher kurzzeitig für Gastronomie interessierten. Ansonsten werkte Stein seit vierzehn Jahren in diversen Häusern der gehobenen Gastronomie dezent im Hintergrund. Zu seinen Lehrmeistern zählt auch der Franzose Thomas Seiler, der in Wien Anfang der Neunziger mit seinen Elsässer Gourmandisen Furore machte. Andere Kapazunder in Steins Liste sind Bocuse, Haeberlin und Emil Jung. Womit einmal klargestellt ist, welcher Kochstil ihm am Herzen liegt.

Nun sperrte er gemeinsam mit seiner Frau Zoe das ehemalige Wirtshaus »Sammer« im Herzen Döblings als kleines feines Restaurant auf. Seinen Stil beschreibt Stein als österreichisch; gute persönliche Kontakte sorgen für tolle Produkte aus dem Waldviertel. Doch Steins Fertigkeit ist im Französischen verwurzelt. Wie käme er sonst auf die Idee, einen Fenchelsalat mit Roten RübenWandlung in Döbling: Das »Gasthaus Sammer« wurde zum »Restaurant ­Martin Stein« mit einer Galantine vom Freilandhuhn zu ergänzen? Auch die elegante Art, einen »Querschnitt vom Kalbskopf« mit Züngerlscheiben, mariniertem Kopffleisch, Backerl und ­einer Praline aus kurz gebackenem Hirn zu servieren, ist nicht gerade österreichisch. Ein weiteres Atout Steins ist die Kochmethode »Sous-vide«, bei der im Vakuumbeutel bei niedrigen Temperaturen stundenlang gegart wird. Ganze 30 Stunden dauert es, bis ein Schweinebauch jene fast schon cremige Konsistenz erhält, die aus einem vermeintlich ordinären Produkt eine Delikatesse macht. Dazu gibt’s Grammelknöderl und Surwangerl. Ein feiner Waller liegt pochiert im Krenfond mit Wurzelgemüse und Grießstrudel. Und die französische Entenbrust kommt auf Radicchio-Rotkraut mit knusprigem Knödelsoufflé zu liegen.

Für sämtliche Gerichte gilt gleichermaßen, dass sie sehr dezent gewürzt und mit hoher technischer Per­fektion gefertigt sind. Und das ist auch das Auf­fällige an Steins Küche. Eine ganze Speisenfolge lang aro­matisch milde Subtilität strengt ein wenig an. Gelegentlich ein lauter Akkord würde müde Gaumen wieder munter machen. Service und Weinkarte sind im Übrigen bereits voll auf der Höhe.

von Alexander Bachl

2GabelnSixpack-Bewertung
Essen 46 von 50
Service 17 von 20                           
Weinkarte 16 von 20
Ambiente 6 von 10 
GESAMT 85 von 100

 
Martin Stein
Döblinger Hauptstraße 59
1190 Wien
T: +43/(0)1/367 01 30
Mo.–Fr. 11.30–14 Uhr
und ab 18 Uhr
www.martin-stein.at

aus Falstaff 04/2010

Die anderen fünf Restaurant-Kritiken des Sixpack finden Sie links oben.

Alexander Bachl
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