Kulturraum Kärnten
Ob Carinthischer Sommer oder klassischer Museumsbesuch. Kärntens Kultur vereint Widersprüche und baut auf einem reichen Erbe auf.
Es gibt Autoren, um die ranken sich schon zu Lebzeiten Legenden. Ingeborg Bachmann gehört dazu und hat als eine der sprachmächtigsten Lyrikerinnen des 20. Jahrhunderts viel zum Ruf Kärntens als Hort der Literatur beigetragen. Sie leiht ihren Namen einer der bedeutendsten Literaturveranstaltungen des Landes. Im Rahmen der Tage der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt wird seit 1977 der Ingeborg-Bachmann-Preis vergeben. Jährlich pilgert die Verlags- und Autorenwelt zu einer der wichtigsten literarischen Veranstaltungen im deutschsprachigen Raum.

Allerdings ist das südlichste Bundesland Österreichs auch sonst reich bedacht mit Autoren von internationalem Rang, die mit ihren Werken eine sehr lebendige Kultur-Szene durchaus widersprüchlich bestimmen. Robert Musil oder Josef Friedrich Perkonig prägten etwa das frühe 20. Jahrhundert, nach dem Krieg kamen dann Autoren wie Ingeborg Bachmann und Christine Lavant, gefolgt von großen Namen wie Peter Handke, Gert Jonke, Peter Turrini oder Josef Winkler. Aber auch die europäische bildende Kunst kann mit dem Namen Kärnten eng verbunden werden. Historisch etwa mit Switbert Lobisser und dem Nötscher Kreis. Später dann mit Hans Staudacher und den »Grandes Dames« von Weltrang Maria Lassnig und Kiki Kogelnik.
Gegensätzlichkeiten
In Neuhaus/Suha in Unterkärnten wird diesem Erbe Tribut gezollt. Im Museum Liaunig verbinden sich seit 2008 Kunst und moderne Architektur, die immer auch auf neue, weitere Bedeutungshorizonte verweisen. Von Mai bis Oktober ist nicht nur eine einzigartige Sammlung zeitgenössischer Kunst zu sehen, sondern auch die Dauerausstellung »Gold der Akan«. Im ebenso legendären wie auffälligen schwarzen Kubus werden 600 Schmuck- und Kultobjekte afrikanischer Königsstämme aus dem 19. und 20. Jahrhundert gezeigt.Moderne Kunst kommt auch in der Landeshauptstadt Klagenfurt nicht zu kurz. Dort findet sich das Museum Moderner Kunst Kärnten (MMKK), das ein Ort der Begegnung und der aktiven Auseinandersetzung mit neuen und neuesten Kunstströmungen und Tendenzen ist.
Das Vereinen und Verbinden von Gegensätzen, ein gewisses Weiterdenken, scheint eine Kärntner Spezialität zu sein, wie der Carinthische Sommer Jahr für Jahr eindrucksvoll beweist. Seit fast 50 Jahren sorgt das internationale Musikprogramm für einzigartige und unvergessliche Klangbegegnungen am Ufer des Ossiacher Sees. Den Festivalgestaltern gelingt dabei der Spagat, Bekanntes auf Unbekanntes treffen zu lassen und zwischen Tradition und Innovation spannende Räume zu öffnen. Hier haben Klassik und Jazz genauso ihren Platz wie Zeitgenössisches und Kirchenopern. Nebst dem Stift Ossiach werden auch das Congress Center in Villach und idyllische Bergkirchen bespielt.

Gegensätzliches findet man in Kärnten auf Schritt und Tritt. Da wäre etwa auch das avantgardistische Steinhaus des Architekten Günther Domenig (1934–2012) in Steindorf am Ossiacher See. Das aus Beton, Glas und Stahl gebaute architektonische Manifest ist von den Linien der Umgebung, den Felsen und Hügeln inspiriert. Ein wahrer Hingucker.

Kultur für jedermann
Wie das Schloss Albeck, das als »Perle des Gurktales« bezeichnet wird und ein feines Gesamtkunstwerk ist. Das Schloss fungiert als Plattform für junge Musiker, präsentiert Ausstellungen moderner Kunst, aber auch die Dauerausstellung »Albecker Engelwelt«. Überhaupt sind Schlösser sehr eng mit dem Kärntner Kulturleben verwoben. Exzellentes Beispiel ist das Schloss Porcia in Spittal an der Drau. Einer der schönsten Renaissancebauten in den Alpen war einst Wohnsitz derer von Salamanca-Ortenburg, Porcia und Klingerstorff, ehe er 1951 von der Gemeinde gekauft und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.Heute beherbergt das Schloss neben dem Museum für Volkskultur eine Galerie, eine Bühne für Theateraufführungen und Konzerte und das »Schlosscafé«.
Der Arkaden-Innenhof wird seit 1961 im Sommer für zwei Monate zum Schauplatz für Komödienspiele des »Ensemble:Porcia«. Der Gründungsintendant Herbert Wochinz hat mit dem Ensemble von Anfang an ein authentisches »Theater der Freude« gemacht. Drei Jahrzehnte war übrigens H. C. Artmann als Übersetzer und »Hausdichter« mit dabei. Es gibt also hier, wie so oft in Kärnten, eine tief verwurzelte Tradition, auf die man sich berufen kann.
Singende Heimat
Dies zeigt sich auch beim Kärntnerlied, das nicht mehr und nicht weniger als ein Spiegel der Seele des Landes ist. Man singt, wenn man Freude oder Schmerz zum Ausdruck bringen will, Trost braucht oder einfach das Gemüt schwer ist. Und das hat eine lange Tradition. »Das ursprüngliche Kärntnerlied ist eigentlich ein Liebeslied, das die Liebe in all ihren Facetten widerspiegelt und sich zwischen gefühlsbetont und melancholisch bewegt«, sagt Horst Moser, Bundesobmann des Kärntner Sängerbundes. Das Kärntnerlied begleitet (fast) jeden Kärntner von Kindesbeinen an und erinnert beim Hören, wo auch immer, an die Heimat. Die Botschaft des Volksgutes wurde über all die Jahre bewahrt und weitergetragen, denn über 600 Chöre im Land sind die Hüter dieser Tradition.
Als Väter des Kärntnerlieds gelten die Sänger des Männergesangvereins (MGV) Klagenfurt, der 1847 gegründet wurde. Hier sang man erstmals die Lieder mit Klavierbegleitung und in Männerquartettbesetzung. Doch um erhalten zu bleiben, muss dann und wann auch entstaubt werden. Wurde das alte Kärntnerlied von Männerchören gesungen, machten Musiker wie Anton Anderluh das Liedgut auch für gemischte Chöre attraktiv. Heute klingt es an allen Orten vielstimmig. Und dennoch bleibt die Entwicklung nicht stehen.
»Matakustix« zum Beispiel. Die Band um Matthias Ortner mischt das Kärntnerlied mit Pop und Reggae. Dieser Mix kommt nicht nur bei der jüngeren Generation gut an, sondern auch die traditionelleren Zuhörer können mit dem frischen Zugang leben.

»Als wir das Potenzial des Kärntnerlieds erkannten, begannen wir mit der intensiven Arbeit, zerpflückten es in Einzelteile, bearbeiteten es aus verschiedensten Blickwinkeln, setzten es wieder zusammen. Wir singen Kärntnerisch, Slowenisch und Englisch«, erklärt Matthias Ortner, der Bandgründer. Der Wechsel zwischen Englisch und Kärntnerisch öffnet neue Tore, die nicht selten zur »sunny Sunseitn des Lebens« führen. Es wird klar: Kärnten ist ein sehr reiches Kulturland, das auf einem vielschichtigen, traditionsverbundenen Erbe aufbaut und dennoch eine junge, lebendige Kunstszene bietet und hervorbringt.
INFO
Kultur in KärntenWas sich im regen Kulturleben Kärntens tut. Hier gibt’s Tipps:
www.kaernten.at/kultur
Aus dem Falstaff Kärnten Spezial 2017