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Max Weber: »Wir rufen nicht an und sagen: Hey schick mir doch noch zwölf Flaschen«

Der Corporate Sommelier von Sea Chefs Cruises im Interview über den Traumjob »Sommelier am Schiff«, über die weltweite Wein-Logistik, wie man die großen Weine dieser Welt zu sehr kulanten Preisen anbieten kann und welche flüssigen Schätze er derzeit an Bord hat.

Abenteuer auf hoher See, die weite Welt entdecken und die besten Weine immer dabei.  5.000 Flaschen für zehn Tage sind es im Durchschnitt: Max Weber ist soeben als Corporate Sommelier bei »sea chefs Cruises Ltd« wieder in See gestochen. Kurz bevor er an Bord ging, hat Falstaff ihn zum Interview getroffen und mit ihm über seinen doch recht ungewöhnlichen Job gesprochen.

Falstaff: Sie haben einen sehr ungewöhnlichen Job. Wie wird man Sommelier am Schiff?

Weber: Ein Kollege, der schon lange fährt, hat mich permanent bearbeitet, ich solle doch aufs Schiff kommen, es wäre genau meins und so weiter und so fort. Nach einem Intermezzo in Asien war es dann im März 2021 soweit und ich erlag wirklich dem Ruf der See.

Was macht Ihren Beruf so spannend?

Die unglaubliche Diversität, mit der ich jeden Tag konfrontiert werde: Von Flaschen um 2.000 Euro für Gäste aufmachen, mich um neue Mitarbeiter kümmern, den Einkauf für Champagner Großflaschen für Silvester planen oder das ständige Pflegen der Weinkarte. Und on top das fast schon »normale« Aufwachen früh morgens in einem anderen Hafen und Land.

Wie findet man die passenden Weine für die Zielgruppen aus so viel verschiedenen Ländern? Denn in kaum einem Lokal wird man gleichzeitig Gäste aus so vielen Nationen finden, wie auf einem Schiff?

Tatsächlich sind ein Großteil unserer Gäste aus der DACH-Region, ich würde behaupten zu 99 Prozent. Bei der Crew wird es da schnell diverser, das sind schon 20-30 unterschiedliche Nationen auf einmal unterwegs.
Gibt es einen Wein, der allen schmeckt?

Der Wein, der allen mundet, existiert denke ich nicht. Allerdings stehen die Klassiker à la Grüner Veltliner aus dem Kamptal, Rosé aus der Provence oder Weißburgunder aus Baden schon hoch im Kurs.

Wie kann man sich die Logistik dahinter vorstellen?

Logistik und Einkauf waren mit das Spannendste für mich, das ich jetzt neu mit der Position des Corporate Sommeliers übernehmen durfte. An Land ist das alles ein bisschen einfacher, an Bord muss vorher alles in unserem Inventur System angelegt werden, dann geht die Bestellung an die Schiffe, dann wieder an mich zurück, um die Order auszulösen, welche dann wiederum an den Händler geht, der schlussendlich alles genauestens verzollen muss. Man darf nicht vergessen: Wir sprechen hier von weltweiter Logistik, von Anlieferungen in Kapstadt oder in Sydney. Die Planungen dafür laufen über Monate beziehungsweise Jahre voraus. Das ist nicht eben Mal anrufen und sagen: Hey schick mir doch noch zwölf Flaschen.

Wieviele Flaschen sind für eine Reise vorrätig zu halten?

Also während einer zehntägigen Reise haben wir circa einen Verbrauch von 5.000 Flaschen Wein, inklusive Champagner an Bord der MS Europa 2. Je nach Anlieferung befinden sich 40.000-50.000 Flaschen bei uns in den Stores und Weinkellern.

Haben Sie auch ganz besondere Flaschen an Bord? Was ist ihr größter Schatz?

Bei Hapag Lloyd sind wir ja auch insbesondere bekannt dafür, die großen Weine dieser Welt zu sehr, sehr kulanten Preisen anzubieten.

Das liegt daran, dass bereits vor Jahren vorausschauend eingekauft worden ist. Da fallen dann Sachen darunter wie Domaine de la Romanée-Conti und diesen dann unter 1.000 Euro anbieten zu können. Jetzt auf der neuen Karte kommen natürlich auch ein paar neue Schätzchen darauf, auf die man besonders stolz ist wie Kellers G-Max, reife rote und weiße Burgunder von Leroy oder Domaine J.F. Mugnier.

Wie ausgefallen darf die Auswahl auf einem Schiff sein? Oder ist es besser, eher Mainstream zu fahren?

Der Fokus liegt ganz klar auf den Weinen der alten Welt, besonders auf Deutschland, Österreich, Italien und Frankreich. Dazu kommen dann noch ausgefallene Sachen aus aller Welt wie aus Kanada oder den Kanaren. Bei der neuen Karte wird auch das Thema Naturwein mit einfließen und eine größere Bühne bekommen.

Sie zeichneten für die Neugestaltung und den Einkauf der Weine für alle Hapag Lloyd-Schiffe verantwortlich. Was sind die größten Herausforderungen dabei?

Die Schwierigkeit bestand darin, dass eigentlich fünf unterschiedliche Weinkonzepte und Karten für unsere fünf Schiffe gefordert waren. Eine große Bandbreite musste auf die individuellen Bedürfnisse heruntergebrochen werden, von Expedition bis Top-Luxus. Und am Ende des Tages musste es eine Karte werden, die sich auch verkaufen lässt, ohne dann den Keller voller Leichen zu haben.

Sie haben selbst bereits einen Zierfandler auf den Markt gebracht. Was ist die Vision dahinter?

Den Wunsch, einen eigenen Wein zu produzieren, trug ich schon lange mit mir herum. Letztes Jahr ergab sich dann endlich die Zeit dafür und ich durfte 0,3 Hektar von meinem guten Winzer-Freund Heinrich Hartl übernehmen. Die Idee ist ganz einfach: Zierfandler und Rotgipfler sind aussterbende Rebsorten und da wollte ich ein Statement entgegensetzen.

Auch mit ihrem Ambrosia konnten Sie sich schon einen Namen machen. Was haben Sie noch alles auf der Agenda?

Wo fange ich, wo höre ich auf..? Primär liegt der Fokus derzeit auf der Umsetzung der neuen Weinkarten der Flotte. Ab August sollte dann mein US-Arbeitsvisum endlich fertig sein und ich werde nach New York ziehen, um das Team im neu eröffneten »Koloman« von Markus Glocker zu unterstützen.

Ganz langfristig gedacht, ist der Traum vom eigenen Betrieb natürlich der größte.


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Erschienen in
Falstaff Nr. 08/2023

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Julia Emma Weninger
Julia Emma Weninger
Chefredakteurin Online
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