© Michael Liebert

So bauen Sie sich einen Erdofen

Barbecue wie früher – wir zeigen wie's geht. Mit Checkliste, Anleitung und Rezepttipp.

Sicher, so ein Erdofen macht ein bisserl Arbeit und braucht etwas Vorbereitung – aber er hat das Potenzial, für die beste – und denkwürdigste – Grillparty des Sommers zu sorgen. Grob geht das Ganze so: Sie graben ein Loch, legen es mit Steinen aus, zünden ein großes Feuer darin an und lassen es niederbrennen. Dann räumen Sie die Glut und Asche aus, legen ihr Essen hinein und schütten das Loch wieder zu. Ein paar Stunden später können Sie Ihr fertiges Essen wieder ausgraben – dazwischen hat es sich dank sanfter Hitze hoffentlich in eine duftende, weich geschmorte Köstlichkeit verwandelt.

Sicher, es gibt einfachere Wege, sein Essen zu garen, etwa ein handelsübliches Backrohr. Aber das duftet nicht nach frischer Erde und nassen Steinen, nach Feuer und Gras, es zirpen rundherum keine Grillen, es singen keine Vögel, und wer erst ein Loch gegraben und dann Steine geschleppt hat, dem schmeckt das Essen sowieso um Welten besser.

Ein Ofen geht um die Welt

Der Erdofen steht am Anfang allen Kochens – er ist prähistorisch. Vielleicht jünger als der Spieß, sicher aber älter als der Topf,  wird er bis heute in verschiedenen Kulturen rund um die Welt verwendet. Die Maori Neuseelands nennen ihn »Hängi« und versenken darin Fleisch und Gemüse, die Hawaiianer sagen »Imu« dazu und kochen vorzugsweise ganze Schweine in ihm. In Mexiko werden für das traditionelle »Barbacoa« Ziegen im Erdofen gekocht – das moderne Wort Barbecue leitet sich davon ab.

Ofen und Gemüse

Generell gilt: Alles, was Sie in einem normalen Ofen garen können, geht auch im Erdloch. Beim Gemüse nehmen Sie, was der Überfluss des Sommers hergibt und Ihnen Spaß macht: Junge, knackige Krautköpfe, stolze Rote Rüben, frische Frühlingszwiebeln, ganz zarter, noch milchiger junger Mais (kann mit dem Kolben gegessen werden!) oder längliche Melanzani sind eine gute Wahl. Vorsicht ist bei Gemüsen geboten, die sehr viel Wasser enthalten, wie etwa Zucchini oder Tomaten: Sie werden leicht gatschig. Kartoffeln wiederum, der Lagerfeuerklassiker, tendieren dazu, im Erdloch nicht durchzugaren, weil die Hitze nicht hoch genug ist.

Das optimale Grillgut

Vom ganzen Schwein, so toll das auch klingen mag, sollten Sie lieber die Finger lassen. Das Loch, das Sie dafür brauchen, hat nämlich die Dimensionen eines Grabs, das Feuer jene eines mittelgroßen Scheiterhaufens. Das ist etwas für Menschen, die Bagger und Wälder besitzen – oder für die Profis in Hawaii.

Nehmen Sie stattdessen lieber Fleischstücke, die nicht mehr als zwei bis drei Kilo schwer sind. Achten Sie darauf, Stücke zu verwenden, die von sanfter Hitze profitieren: Soll es schnell gehen (so etwa 30–50 Minuten) und das Loch nicht allzu groß werden, ist ein großes Fischfilet, etwa ein Lachs, die perfekte Wahl; mit etwas mehr Zeit (1–2 Stunden) können Sie sich an Hühnerkeulen wagen.

Am allerbesten ist es natürlich, Sie nehmen sich für Ihr Erdloch den ganzen Tag Zeit und lassen es acht, zehn, zwölf Stunden schmurgeln. Dann können Sie zum Beispiel Schweinsbauch, Schulter, Stelze oder Backerln verbuddeln, die sich mit der Zeit in köstlich-saftige Wonneproppen verwandeln werden. Wenn es partout ein ganzes Tier sein soll, probieren Sie ein Lamm.

Erdofen-Experiment

Beginnen Sie das Erdofenprojekt am besten am Vormittag. Graben Sie das Loch, brennen Sie das Feuer ab und befüllen Sie das Loch. Wenn alles gut geht, haben Sie sich a) ein Mittagessen verdient und b) jetzt den ganzen Nachmittag Zeit, um Kräuter zu ernten und damit Saucen und Mayonnaisen zu rühren, Blumen und Blätter für einen Salat zu sammeln, Wein und Bier zu trinken, mit den Kindern zu spielen oder in der Wiese herumzukugeln und mit prickelnder Vorfreude einfach in den Sommerhimmel zu schauen.

Es ist nämlich immer ein wenig spannend, ob ein Erdofen-Experiment auch gelingt – das macht das anschließende Festessen aber umso besser. Eines der Highlights ist es, am späten Nachmittag, wenn die Sommerhitze sich langsam verkriecht, zum Erdloch zu gehen und die Finger in die Erde darüber zu stecken. Wenn alles gut gegangen ist, wird sie sich wohlig warm anfühlen, eventuell steigen sogar kleine Rauchschwaden aus dem Boden auf.

Hier geht es zur genauen Anleitung: Grillen im Erdloch.


Erdloch Checkliste – Das brauchen Sie:

  • Spaten
  • Handschuhe, hitzefest
  • Altes Handtuch oder Decke (wird den Einsatz nicht überleben)
  • Fleisch und Gemüse
  • Sehr große Blätter oder Backpapier und Alufolie
  • Bindfaden
  • Steine
  • Holz
  • Scheibtruhe/Schubkarre (optional, aber zum Stein- und Holztransport praktisch)

Wer Lust hat das Ganze auszuprobieren, findet hier das passende Rezpt für einen Schopf aus dem Erdloch.

Erschienen in
Falstaff Rezepte 02/2020

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Tobias Müller
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