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So wird der Weinjahrgang 2022 in Deutschland

Gute Erntemengen, ein warmer Sommer und ein kühler Herbst brachten die Reife.

Nach dem eher kühlen und feuchten Jahrgang 2021 brachte 2022 auch in Deutschland eine Rückkehr zu Verhältnissen, die im Zeichen der Erderwärmung stehen: Zwar hatte ein nicht im Übermaß früher Austrieb die Hoffnung auf einen weiteren »normalen« Jahrgang geweckt, doch bereits im Frühsommer führte warme Witterung zu einem beschleunigten Vegetationsverlauf – schon im Mai hatte das Wachstum der Reben gut eine Woche Vorsprung vor dem langjährigen Mittel.

An dieses Frühjahr schloss ein warmer und vor allem trockener Sommer an. Zeitweise hofften die Winzer, dass die Trockenheit das Wachstumstempo der Reben ausbremsen werde, doch das Gegenteil war der Fall: Bereits Mitte August zeigten die Beeren erstaunliche Oechsle-Grade, so etwa im Kaiserstuhl, wo am 17. August vereinzelt Grauburgunder mit über 90 Oechsle gemessen wurden. Schon in der letzten Augustwoche wurden fast überall in Deutschland Trauben für Sektgrundwein gelesen. In den ersten Septembertagen begann die Lese des Spätburgunders für Rotwein, die Riesling-Lese schloss in den südlichen Regionen fast unmittelbar daran an. Anfang September setzten dann ergiebige Niederschläge ein, die – wenngleich die Winzer sich diesen Regen im Juli gewünscht hätten – trotzdem noch einen positiven Effekt auf den Weinjahrgang hatten. Denn zum einen füllten sich nach dem Regen die zuvor teils sehr kleinen Beeren doch noch mit etwas Saft – die »Verwässerung«, unter anderen Bedingungen gefürchtet, kam in diesem trockenen Jahr der Weinqualität zupass, führte sie doch auch zu einem Absinken der Zuckerwerte in den Beeren und verhinderte dadurch übertrieben hohe Alkoholgehalte bei der Vergärung zu Wein. Zugleich hatte der Regen nur in verkraftbarem Maß Botrytis-Druck zur Folge: Denn einerseits besaßen die Beeren aufgrund des trockenen Sommers relativ feste Schalen, andererseits gingen die Niederschläge mit kühlen Temperaturen einher. Vor allem die niedrigen Nachttemperaturen sorgten dafür, dass sich die Trauben trotz des warmen Sommers eine aromatische Frische bewahren konnten.

Die Gesundheit der Trauben war so gut, dass auch die nördlichen Regionen den Riesling voll ausreifen lassen konnten, mit einem Lesebeginn Ende September und dem Abschluss im letzten Drittel des Oktobers. Mengenmäßig liegt der Jahrgang in Deutschland sechs Prozent über dem langjährigen Mittel, wobei die in 2021 besonders gebeutelten Regionen wie Baden (Mehltau) oder Saale-Unstrut (Frost) ein Ertragsplus von 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr verzeichnen.


Benjamin Herzog
Chefredaktion Schweiz
Othmar Kiem
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Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
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Von Benjamin Herzog, Othmar Kiem, Peter Moser, Ulrich Sautter, Dominik Vombach