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»Stille Nacht«: Ein Lied für die Welt

Am 24. Dezember 2018 wurde das berühmte Weihnachtslied »Stille Nacht! Heilige Nacht!« 200 Jahre alt. Die Geschichte eines »Hits«, der von Salzburg aus die Welt eroberte.

Am 24. Dezember 2018 war es 200 Jahre her, dass das Lied »Stille Nacht! Heilige Nacht!« in der Kirche St. Nikola der jungen Pfarre Oberndorf zum ersten Mal erklang – wohl nach der Christmette bei einer Krippenfeier. Textautor Joseph Mohr sang die Oberstimme, Organist und Komponist Franz Xaver Gruber die Unterstimme. Die Schlusszeile wurde vom Chor – vielleicht auch von der Gemeinde – wiederholt. Mohr begleitete auf der Gitarre, er hatte den Liedtext zwei Jahre zuvor in Mariapfarr im Lungau geschrieben.

Zeit der Umbrüche

Die Salzburger Gemeinde Oberndorf, wo »Stille Nacht! Heilige Nacht!« 1818 erstmals aufgeführt wurde, liegt am rechten Ufer der Salzach, gegenüber der bayerischen Stadt Laufen. Diese Grenze verlief nicht immer so, sondern war eine Folge der Napoleonischen Kriege und des Wiener Kongresses. Am 1. Mai 1816 kam der bisher salzburgische »Rupertiwinkel« zu Bayern, wurde Oberndorf von Laufen getrennt und die Salzach zur neuen »nassen« Grenze zwischen Österreich und Bayern. Oberndorf wurde zu einer eigenen Pfarre mit circa 2000 Einwohnern.

Es waren harte Zeiten. Das Land Salzburg war völlig verarmt. Mit dem »Reichsdeputationshauptschluss« von Regensburg 1803 war das Ende des selbstständigen Fürstentums Salzburg gekommen. In der Folge wechselte die Herrschaft mehrfach zwischen Österreich, den Franzosen und Bayern. Zu den Kriegsfolgen kam auch noch eine Naturkatastrophe mit globalen Auswirkungen: 1816 ging als das »Jahr ohne Sommer« in die Geschichte ein. Die starke Abkühlung war eine Folge des Ausbruchs des indonesischen Vulkans Tambora – der gewaltigsten Eruption seit mehr als 20.000 Jahren.

Joseph Mohr in Mariapfarr 1816

Joseph Mohr wurde am 11. Dezember 1792 als drittes von vier unehelichen Kindern der Strickerin Anna Schoiber in der Stadt Salzburg geboren und im Dom getauft. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Salzburg verdiente er sich einen Teil seines Unterhalts als Sänger und Instrumentalist der Salzburger Universität, des Stifts St. Peter beziehungsweise der Stiftsmusik Kremsmünster. Von 1808 bis 1810 besuchte Mohr das Lyzeum in Kremsmünster. 1811 trat er in das Salzburger Priesterseminar ein. Seine theologischen Studien schloss er im August 1814 ab. Trotz seines jugendlichen Alters von nicht ganz 23 Jahren wurde Joseph Mohr am 21. August 1815 im Virgil-Oratorium des Salzburger Doms zum Priester geweiht. Von Oktober 1815 bis zum Sommer 1817 war Mohr in Mariapfarr als Koadjutor tätig. In dieser Zeit schrieb er den Text zu »Stille Nacht! Heilige Nacht!«.

Die 1816 frisch gezogene Grenze führte zur Gründung der jungen Pfarre Oberndorf.
Foto beigestellt
Die 1816 frisch gezogene Grenze führte zur Gründung der jungen Pfarre Oberndorf.

Franz Xaver Gruber

Franz Xaver Gruber wurde am 25. November 1787 in Hochburg im Innviertel als eines von acht Kindern einer Leinenweberfamilie geboren. Er machte die Ausbildung im Lehrerseminar, nahm Orgelunterricht bei Georg Hartdobler im nahegelegenen Burghausen und wurde 1807 als Lehrer, Mesner und Organist in Arnsdorf angestellt. Er heiratete die Witwe seines Vorgängers. 1816 übernahm er – wohl zur Aufbesserung seines Einkommens – den Orgeldienst in der wegen der neuen Grenze frisch errichteten Pfarre Oberndorf.

Komponiert an nur einem Tag

Es war am 24. Dezember des Jahres 1818, als der damalige Hilfspriester Joseph Mohr in der neu errichteten Pfarre St. Nikola in Oberndorf dem Organisten Franz Gruber ein Gedicht überreichte, mit der Bitte, eine passende Melodie für zwei Solostimmen samt Chor und Gitarrenbegleitung zu ­schreiben. So ähnlich schilderte Franz Xaver Gruber Jahre später die Entstehung des Liedes in der Schrift »Authentische Veranlassung« (1854). Jedenfalls überreichte er noch am selben Tag, am Heiligen Abend 1818, seine Komposition dem musikkundigen Mohr, dem sie so gut gefiel, dass das Lied im Rahmen der Christmette gesungen wurde. »Stille Nacht! Heilige Nacht!« soll schon bei seinem ersten Publikum, der Oberndorfer Bevölkerung, Beifall geerntet haben.

Vom Zillertal in die Welt

Der Tiroler Orgelbauer Karl Mauracher nahm das »Stille Nacht«-Lied vom Salzburgischen heim ins Zillertal. Diese erste Reise des Liedes wurde zum »Link in die Welt«, zumal Tiroler Sänger es auf ihre Tourneen mitnahmen. Die Familie Strasser aus Laimach etwa brachte es in deutsche Städte, die Rainer-Sänger aus Fügen in die Vereinigten Staaten. »Stille Nacht! Heilige Nacht!« ist in mehr als 300 Sprachen übersetzt worden. Es fällt auf, dass die Sänger zumeist nur drei der insgesamt sechs Strophen vortrugen, nämlich die 1., 6. und 2. ­Strophe, während die Autoren der fünf in Hallein und Salzburg vorhandenen Autographen durchwegs alle sechs Strophen niederschrieben, bis zum jüngsten Autograph Grubers.

Die Regionen

Die Stille-Nacht-Gesellschaft wurde 1972 auf Initiative des damaligen Salzburger Landeshauptmanns Hans Lechner gegründet. Sie hat ihren Sitz in Oberndorf an der Salzach und Mitglieder rund um den Erdball. Ihre wichtigsten Aufgaben sieht sie in der Forschung zur Entstehung und Verbreitung des Liedes, der Vermittlung seiner Geschichte sowie der Vernetzung: Zurzeit sind mehr als zehn Stille-Nacht-Gemeinden im Salzburger Land, in Oberösterreich, Bayern und Tirol engagiert dabei, das Jubiläumsjahr vorzubereiten. Sie arbeiten an der Neugestaltung von Museen, publizieren und stimmen ihre Schwerpunkte ab. 2018 gestalteten Arnsdorf, Fügen, Hallein, Hintersee, Hochburg-Ach, Mariapfarr, Oberndorf, Salzburg und Wagrain die Landesausstellung »200 Jahre Stille Nacht«.

Erschienen in
Falstaff Special »Stille Nacht«

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Michael Neureiter
Autor
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