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Wein-Lektüre für die Feiertage – und ein ganzes Jahr oder mehr (Teil II)

Die Vorweihnachtszeit ist auch auf dem Weinbuchmarkt die Zeit der Neuerscheinungen. Falstaff hat sich angesehen, was jetzt frisch in den Buchhandlungen steht.

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Daniel Deckers: Friedrich Zweigelt (1888-1964) Wissenschaftler, Rebenzüchter, Nationalsozialist

Seit Jahren diskutiert die Fachwelt: Soll die Rebsorte «Zweigelt» weiter diesen Namen tragen – den Namen eines Nationalsozialisten? Welche Antwort man auch favorisiert: Sie wird sich künftig an Deckers’ Buch messen lassen müssen. Der Historiker und FAZ-Redakteur konnte Archivunterlagen einsehen, die auf kryptische Weise in einem Karton im Keller der Lehranstalt Klosterneuburg lagerten. Deckers dokumentiert die Fakten mit höchster Präzision und schafft es nebenbei, geradezu die Spannung eines Kriminalromans aufkommen zu lassen. Dabei ebnet er die Brüche in der Person Zweigelts nicht ein – weder zur Seite des netzwerkenden Forschers, noch zu der des Ideologen, der Klosterneuburg nach 1938 skrupellos von unliebsamen Kollegen gesäubert hat.
Böhlau, ISBN 978-3-205-21643-8, 196 Seiten, 35 Euro


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Der kleine Johnson 2023

Im Jahr 1977 erschien in England zum ersten Mal «Hugh Johnson‘s Pocket Wine Book», 1978 folgte der erste «kleine Johnson» auf Deutsch. Auch die 44. deutsche Ausgabe ist unentbehrlich, um schnell nachzuschlagen, was die besten oder aktuell trinkreifen Jahrgänge der namhaftesten Weine sind. Kein anderes Weinbuch bietet Neuigkeiten aus der ganzen Weinwelt in so verdichteter Form, nennt und führt verlässlich zu den besten Erzeugern auch in unbekannten Weinbaugebieten von Arizona bis Ukraine. Und all das im Jackentaschenformat. 
ZS, ISBN 978-3-96584-253-3, 460 Seiten, 22,99 Euro


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Die 12 schönsten Weinreisen

Wer dieses Buch unter den Weihnachtsbaum legt, kann damit rechnen, dass eine Vorentscheidung für den Sommerurlaub 2023 gefallen ist: Das Falstaff-Team gibt Reisetipps für die zwölf schönsten Wein-Destinationen, von der Mosel über die Wachau bis zur Waadt, vom Burgenland bis zu Burgund und Bordeaux, vom Piemont bis nach Ribera del Duero. Die Reiserouten sind stets in Form eines «Long Weekend» geschrieben, der umfangreiche Adressteil und die «Highlights» liefern aber locker Stoff für eine ganze Woche kurzweiliger Urlaubsfreuden.
Falstaff, ISBN 978-3-903432-02-4, 208 Seiten, 39,90 Euro


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Manifeste Château Cheval Blanc 

Dieses Manifest aus berufenem Hause plädiert für eine reflektierte konventionelle Weinbergsarbeit. Zeichnungen und Fotos illustrieren, was das Kultweingut aus St. Émilion tut, um Bodenleben und Artenvielfalt zu fördern. Die Illustrationen sind weitgehend ohne Französischkenntnisse verständlich, man benötigt allenfalls ein paar biologische Fachbegriffe, die sich problemlos googeln lassen. Es gibt zwei Ausgaben des Manifests, die erweiterte mit dunkelgrünem Cover (ISBN unten) enthält Weinbergskarten, die alleine die Anschaffung des Buchs lohnen – zumindest für die Anhänger dieser hocheleganten Bordeaux-Legende.
Éditions Sud Ouest,  ISBN 978-2-8177-0933-8, 88 Seiten, 15 Euro


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Domaine Paul Mas / Laure Gasparotte / Aurelio Rodriguez: Le Luxe Rural En Languedoc

Corporate Publishing – also Publikationen, die von einem Unternehmen finanziert werden, stehen unter dem Generalverdacht, billige Propaganda zu sein. Das es aber auch ganz anders geht, zeigt dieser dem Luxus des südfranzösischen Landlebens gewidmete, von den Domainen Paul Mas gesponsorte Band: Dabei sind vor allem die wunderschönen Fotografien und die auf einfache Weise delikaten Rezepte das Pfund, mit dem das Buch wuchert. Die Texte setzen die Hochkultur des Landlebens entlang der Achsen Sensorik (Sehen, Riechen, Schmecken usw.), der Elemente (Luft, Wasser, Erde…) und der Orte (der Garten, der Platz der Tiere, aber auch die Werkstatt) in Perspektive. Wer kein Französisch liest, verpasst bei den Texten nichts Substanzielles. Allerdings lohnen die in schlichter Eleganz strahlenden Rezepte (etwa Oeuf parfait mit getrüffelter Kartoffelcreme, marinierter und in Olivenöl und Ingwer konfierter Steinbutt, Aprikosen aus dem Ofen) die Übersetzungsarbeit.
Glénat, ISBN 978-2-344-04754-5, 224 Seiten, 39 Euro


Ulrich Sautter
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
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