Die Kräuterseitling-Revolution
Das »Fungi-Pad« möchte kein Fleischersatz, sondern -alternative sein. Deshalb geht man bei »Neuburger Fleischlos« radikal neue Wege – besonders beim Design der Verpackung.
Es erinnert alles ein bisschen an eine Produktpräsentation von Apple. Der schwarze Rollkragen von Hermann Neuburger, die plakativen Werbesprüche, das reduzierte Design – und nicht zuletzt die Innovation, über die hier gesprochen werden soll. »Das könnte auch ein iPhone sein«, witzelt Produktdesigner Ralph Stieber bei einer Folie in der Präsentation, die das »Fungi Pad« von oben zeigt. Tatsächlich erinnert zunächst wenig an ein Lebensmittel. Klare, harte Linien im Design, blaue Verpackung und drin verbirgt sich dennoch ein Lebensmittel, das einen wichtigen Beitrag gegen den weltweit immer weiter steigenden Fleischkonsum leisten soll.
Nicht zurück, sondern neu erfunden
Zugegeben, es entbehrt auf dem ersten Blick nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet der Hersteller des legendären »Neuburger« ein Produkt auf den Markt bringt, dass als erstes seiner Art kein Ersatz, »sondern eine echte Alternative« sein möchte. Schnitzel und Würste »imitiert« haben sie bei »Neuburger Fleischlos« bis Anfang 2022 auch, die steigenden Rohstoffpreise und Pandemielasten, legten das Herzensprojekt von Hermann Neuburger und seinem Sohn Thomas aber für fast ein Jahr auf Eis. Nun kehrt man nicht zurück, sondern erfindet sich komplett neu. Statt einer Nachahmung soll ein Allrounder auf Kräuterseitling-Basis nun den Veggie-Foodmarkt erobern. Für die Revolution setzt man bei den Oberösterreichern auf nur fünf Zutaten: Kräuterseitling, Reis, Pflanzenöl, Ei, und Salz/Pfeffer. Betitelt als »kulinarische Leinwand« sollen aus einem Produkt (mehr als) 100 Rezepte zu zaubern sein.
Bewusst irritieren
Die Voraussetzungen dafür sind freilich schwierig. Das Angebot an klassischen »Fleischersatzprodukten« ist in den letzten Jahren enorm angestiegen – der Markt beinahe ein wenig übersättigt. Gerade deshalb möchte man keinen weiteren Ersatz auf den Markt werfen, was sich auch im außergewöhnlichen Design der Verpackung widerspiegelt. Ein Design, das »erstmal irritiert«, wie Stieber zugibt. Die ungewöhnliche blaue Farbe und das cleane (»futuristische«) Design kann aber erklären: »Etwas, das anders ist, zieht unsere Aufmerksamkeit auf sich. […] Das funktioniert nicht, wenn man auf Nummer sichergeht. […] Wir werden, was das betrifft, starkem Gegenwind standhalten müssen. Das ist uns klar. Das braucht Mut. Und Zeit.« Auffallen dürfte der kleine blaue Karton im Meer aus grünen Werbeversprechen, die einen aus dem Kühlregal anbrüllen, in jedem Fall.