Ein Château ohne Titel: Clos Fourtet.

Ein Château ohne Titel: Clos Fourtet.
© Peter Moser

Eleganz und Finesse: Clos Fourtet in der Vertikale

Im Vorfeld der alljährlichen En Primeur-Verkostung der Jungweine in Bordeaux lud die Familie Cuvelier zur Vertikalprobe ihres Clos Fourtet in Saint-Emilion. Im Jahr 2001 hatte Philippe Cuvelier dieses Juwel in bester Lage von der Familie Lurton erworben, nun bot sich die Gelegenheit, zwanzig Jahrgänge aus dieser neuen Ära zu vergleichen.

Das Weingut liegt an der nordwestlichen Ecke direkt vor der pittoresken Altstadt von St. Emilion gegenüber der romanischen Kollegiatskirche und den Ruinen von Grandes Murailles und zählt vom Beginn der Klassifikation der Appellation 1954 zum erlauchten Kreis der Premiers Grands Crus von Saint-Emilion. Der Name geht auf »Camp Fortet« zurück, ein Militärlager, das sich in der Zeit des Hundertjährigen Krieges an dieser Stelle befand, um das Haupttor der Stadt zu decken. Bereits zur Mitte des 19. Jahrhunderts waren die Weine von Campfourtet ob ihrer Qualität anerkannt, im Jahr 1867 wurde der Name schließlich auf Clos Fourtet umgewandelt. Anlass dafür war die Pariser Weltausstellung im gleichen Jahr, Gold-Medaillen von dieser Messe und jener aus 1900 sowie jene der Internationalen Ausstellung in Bordeaux 1895 werden bis heute mit Stolz auf dem Etikett von Clos Fourtet zur Schau gestellt. Das Weingut ist mit 22 Hektar bester Rebflächen auf dem Kalksteinplateau von Saint-Emilion Garant für hohe Qualität, mit der Übernahme durch die Familie Cuvelier wurden alle Anstrengungen unternommen, diese weiter auszubauen. Heute ist Philippe Cuveliers Sohn Mathieu der Managing Director, an seiner Seite steht Emmanuel de Saint Salvy als Weingutsmanager.

Finesse-Schub

Für beste Ergebnisse im Keller und Weingarten sorgen zwei der besten Berater, die man für seine Rotweine finden kann. Jean-Claude Berrouet war langjähriger Kellermeister von Château Pétrus, Stéphane Derenoncourt und sein Team sorgen dafür, dass der Stil von Clos Fourtet von Eleganz und Finesse geprägt ist. 2008 konnte die Familie Cuvelier das für seinen exzellenten Cabernet Sauvignon bekannte Weingut Poujeaux erwerben, 2013 folgten in Saint Emilion Château Côte de Baleau und mit Château Les Grandes Murailles der direkte Nachbar. Letztes, ein Grand Cru Classé mit ganzen zwei Hektar Rebfläche, wird nun mit 2022 in den Wein von Clos Fourtet integriert, was dem Grand Vin einen weiteren Finesse-Schub gibt, andererseits auch mit einem weinenden Auge betrachtet wird, weil damit ein weiteres Juwel von der Liste der traditionsreichen Châteaus in Saint-Emilion verschwindet, wie das in jüngerer Zeit öfter der Fall war. Auch Château Pavie-Decesse werden die Weinfreunde ab 2022 vergeblich suchen, es wurde heuer in Château Pavie integriert.

Die 22 Hektar von Clos Fourtet werden mit größter Umsicht gepflegt, man behandelt sie im besten Sinne als Wein-Garten. Merlot ist die tonangebende Rebsorte, dazu kommen auch 10% Cabernet Sauvignon, was am Kalksteinplateau von Saint-Emilion eher ungewöhnlich ist und die Aromatik des Weines Individuell beeinflusst, auf den 28 Parzellen findet sich auch etwas Cabernet Franc, der sich in der aktuellen Cuvée mit 3% niederschlägt, obwohl er 8% der Weingärten einnimmt. Vinifiziert wird in den typischen unterirdischen Kellern, zum Einsatz kommen beim Ausbau rund 40% neue Barriques, der Rest sind gebrauchte Fässer und einige Tonamphoren. Das Weingut bevorzugt eine Pigeage nach burgundischem Vorbild, um eine möglichst präzise und vorsichtige Extraktion zu ermöglichen und um das facettenreiche aromatische Profil des Terroirs optimal zur Geltung zu bringen.

Von einer Mauer eingerahmt

Der durchschnittliche Hektarertrag liegt bei Clos Fourtet bei rund 33 Hektoliter per Hektar, und so können pro Jahr Jahr etwa 2.500 bis 5.000 Kisten des Grand Vin angeboten werden, der Zweitwein trägt den Namen »La Closerie de Fourtet«. Zum 20-jährigen Jubiläum wurde En Primeur der Jahrgang 2022 präsentiert, den man den Weinfreunden mit bestem Gewissen zur Subskription ans Herz legen kann, denn dies ist mit Sicherheit der beste Wein, der je in diesen altehrwürdigen Kellern entstanden ist.

PS: Clos Fourtet firmiert ohne die Bezeichnung Château, weil seine Weingärten von einer Mauer eingerahmt sind und nicht weil es hier kein Château gäbe – im Gegenteil, dieses ist prächtig und liegt idyllisch von den Reben umrahmt. Regisseur Gilles Legrand drehte in dieser Kulisse im Jahr 2011 den Film »You will be my son«.

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Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
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