Erzogene Kinder sind herzlich willkommen.

Erzogene Kinder sind herzlich willkommen.
© Gina Müller

Kinder als Gäste von Morgen

Kinder sind die Gäste von morgen. So weit, so gut. Doch wie sieht die Praxis aus? Ein sehr subjektives Thema, über das sich vortrefflich diskutieren und streiten lässt.

Erzogene Kinder herzlich willkommen. Aus dem Rest machen wir Hackfleisch.« So stand es handgeschrieben auf einer Tafel vor dem Lingenbacher Hof im Freilichtmuseum Lindlar. Mehrere Wochen lang. Doch dann geriet die Welt der Pächterin Gitta Quercia-Naumann aus den Fugen. Die begeisterte Slow-Food- Köchin sah sich mit der fristlosen Kündigung ihres Pachtvertrags konfrontiert; die Museumsleitung wollte Fakten schaffen und ging mit der Story in die Medien. Was dann passierte, überraschte: Die überwältigende Mehrheit der Gäste und der Social Media Kommentare zeigten sich amüsiert und gaben Zuspruch; auch die neue Bedeutung des Wortes »Kinderteller« wurde in der Öffentlichkeit belustigt diskutiert. Inzwischen hat sich die Situation entspannt; der Pachtvertrag läuft weiter. Groß und Klein genießen regionale Speisen auf der Terrasse und im gemütlichen Gastraum des bergischen Schieferhauses.

Kinderzungen und Lieblingsspeisen

Die Idee zur Tafel kam aus England, wo ein Pub-Landlord unartigen Kindern die Verarbeitung zu »minced meat« ankündigte. Gitta Quercia-Naumann fand es amüsant und ­ko­pierte die Idee, ohne die Folgen zu ahnen. Jetzt freut sie sich über die öffentliche Unterstützung, denn Kinder liegen ihr sehr am Herzen: »Wir haben seit jeher ein überdurchschnittliches Angebot speziell für Kinder, das bis zu Hautpflastern für kleine Wunden und Wechselklamotten für durchnässte Kinder geht. Gerade Familien kommen gerne zu uns.« Auf ihrer klassischen Kinder-Speisekarte finden sich auch regionale Gerichte, die den Kleinen schmecken. Sie ist überzeugt, dass bewusstes Essen im Kindesalter beginnt. Gerade in Zeiten, in denen für viele Kinder die Milch aus Tetrapak kommt und Erdbeerjoghurt mit naturidentischen Aromen fruchtiger schmeckt als mit der natürlichen Frucht, setzt Gitta Quercia-Naumann gezielt Gegenakzente. »Wenn wir jungen Menschen nicht beibringen, was guter Geschmack ist, werden sie auch später keine Qualität erschmecken können. Wir kreieren die Kindheitserinne­run­gen von morgen.« Das setzt allerdings Respekt vor dem Essen und vor anderen Gästen voraus. »In der Küche haben Kinder aus ­Sicher­heitsgründen nichts zu suchen. Wenn extreme Lautstärke, Herumkauen auf Tischdecken oder Herumschleudern von Speisen sehr stören, muss es um das Wohl ­aller Gäste gehen.
Wie Gitta Quercia-Naumann kennen auch andere Gastronomen den ­Spagat zwischen Kinderfreundlichkeit und Wohlfühlatmosphäre für alle. Und jeder hat seinen ganz persönlichen Umgang mit dem Thema; die Familien suchen sich aus, wo sie sich mit ihren Kindern wohlfühlen.

Elmau: 1/3 der Gäste sind Kinder

Wer das erste Mal Schloss Elmau besucht, bemerkt es sofort: Kinder, wohin man schaut – und doch ist überall eine Entspanntheit zu spüren, die weit entfernt ist vom Trubel typischer Familienhotels. Dass Schloss Elmau auch in diesem Jahr wieder zum weltbesten Ferienhotel gekürt wurde, mag sicher auch an der besonderen Einstellung von Inhaber Dietmar Müller-Elmau zu Kindern und Familien liegen. »Kinder«, so sagt er, »sind das Wichtigste«. Oft kommen Großfamilien mit bis zu drei Generationen an diesen besonderen Ort. Viele Kinder von Stammgästen freunden sich an und freuen sich, Jahr für Jahr ihre Freunde wiederzutreffen – um schließlich selbst mit eigenen Familien hierher zu kommen. »In den Sommermonaten machen Kinder ein Drittel unserer Gäste aus und wir wissen: Wenn Kinder glücklich sind, sind die Eltern glücklich und dann freuen auch wir uns«, so Culinary Director Mario Corti, der alle Küchen und Servicebrigaden im Schloss Elmau und im Elmau Retreat ­verantwortet.

Hanseatische Etikette

Gutes Benehmen liegt nicht in den Genen. Benimm sind gelernte Verhaltensweisen, die den Umgang mit anderen angenehm machen und Sicherheit für das eigene Auftreten ­geben. Das Elternhaus spielt sicher eine entscheidende Rolle. Den feinen Schliff vermittelt das Hamburger »Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten« in Kniggekursen seit zehn Jahren speziell für Kinder und Jugendliche. Die Kurse heißen »Der kleine Knigge« ab sechs Jahren und »Knigge next Generation« ab 13 Jahren. Knigge-Trainerin Meike Slaby-Sandte: »Bei unseren Knigge-Kursen lernen die Kinder spielerisch, korrekt zu speisen und zu genießen. Nach der Theorie folgt die Praxis: Die Teilnehmer genießen gemeinsam ein Feinschmecker-Menü und wenden das Gelernte an.
www.lingenbacher-hof.de
www.fairmont.de/vier-jahreszeiten-hamburg
www.schloss-elmau.de
www.etiketteberatung.de
www.kinderknigge.com
Artikel »Kinder, Kinder!« aus Falstaff KARRIERE 03/16. Von Viola Marguerre.

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Viola Marguerre
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