Rumäniens unterschätzte Preziosen
Das Land in Südosteuropa hat nach dem Beitritt zur Europäischen Union einen gewaltigen Sprung nach vorn gemacht. Die Weine aus einer Vielzahl an Rebsorten punkten auch im internationalen Vergleich.
Betrachtet man die Auflistung der großen Weinnationen der Welt, dann fehlt meist ein Name: Rumänien. Wer jemals das wunderschöne, vielseitige Land bereist hat, wird sich darüber wundern. Schließlich gehört Wein hier absolut zum Alltag, man kommt kaum daran vorbei. So gut wie jeder kennt jemanden, der seinen eigenen Wein macht. Keine großen Mengen, ein Fässchen oder zwei, aber immer so viel, dass man mit Freunden oder der Familie mit einem Glas anstoßen kann. Archäologische Ausgrabungen belegen zudem, wie weit die Geschichte des Weinbaus zurückreicht: Schon im 6. Jahrtausend vor Christus wurde hier Weinbau betrieben.
Es liegt also nahe, sich auf Spurensuche zu begeben: Wo steht der rumänische Wein heute? Was zeichnet ihn aus? Können die besten Weingüter des Landes im internationalen Vergleich punkten? Verlässt man die geschäftige Hauptstadt Bukarest und fährt in die Dörfer der Tiefebene, dauert es zunächst, bis die ersten Reben auftauchen. Dealu Mare heißt das Ziel der Tagesreise – knapp 100 Kilometer nordöstlich von Bukarest, eine von 33 Weinregionen, die jeweils die geschützte Ursprungsbezeichnung DOC tragen. Ganz schön viele unterschiedliche Regionen für ein Land, das exakt so groß ist wie zwei Drittel Deutschlands.

Ungeheure Vielfalt der Regionen
Tatsächlich unterscheiden sich die Böden und Mikroklimata so beträchtlich, dass die Aufteilung gerechtfertigt ist. Qualitätswein wird sowohl aus autochthonen Rebsorten erzeugt als auch aus internationalen Varietäten. Die große Bandbreite spiegelt sich in den Topweinen des Landes wider. Die Region Dealu Mare ist bekannt für extraktreiche Weißweine und komplexe Rotweine.Einer, der hier massiv investiert hat, ist Dan Balaban, Besitzer des zweitältesten Weinguts des Landes: Davino. Es gehört zur Vereinigung Premium Wines of Romania, das 16 der besten Weingüter versammelt. Neben dem schon bestehenden Ursprungsgebäude von Davino, das unauffällig, ja fast versteckt hinter einer hohen Hecke liegt, hat Balaban kürzlich ein zweites Gebäude errichtet, wenige Kilometer entfernt. Dies ist das Reich von Bogdan Costaăhescu, einem der profiliertesten Önologen des Landes. Er kümmert sich um 87 Hektar Reben, die rings um das zweite Weingutsgebäude wachsen. Drei weiße Rebsorten (Sauvignon Blanc, Fetească Albă und Welschriesling) und drei rote (Cabernet Sauvignon, Merlot, Fetească Neagră) zählen zum Portfolio. Im Barrique ausgebaute Prestige-Cuvées wie der 2013er Flamboyant aus Cabernet Sauvignon, Merlot und Fetească Neagră werden im großen Stil ins Ausland exportiert, angefangen von den USA über Australien bis hin zu Deutschland, Belgien und den Niederlanden.
Seit dem Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union im Jahr 2007 hat sich die Weinbauszene nochmals rasant gewandelt. Was zu Zeiten des kommunistischen Regimes und auch in den Übergangsjahren an Know-how brachlag oder verloren ging, haben junge, ehrgeizige Weinmacher längst übertroffen. Einer der Pioniere des rumänischen Weins, der Franzose Guy Tyrel de Poix, hat diese Blüte nicht mehr erleben können. Er erkannte als einer der Ersten das Potenzial und investierte schon 1994 in sein Weingut Serve. Seine Witwe, die charmante Mihaela Tyrel de Poix, führt das Gut seit seinem Tod 2011 als CEO weiter. Mit beträchtlichem Erfolg: Auf den 68 Hektar Eigenbesitz entstehen so terroirbetonte Rotweine wie die vielschichtige, voluminöse Cuvée Guy De Poix des Jahrgangs 2015. Sie zeigt beispielhaft das aromatische Potenzial der rumänischen Rotweine und erinnert an Schwergewichte aus anderen großen Weinregionen der Welt. Mit solchen Kandidaten im Glas verwundert es nicht, wenn manche die Region Dealu Mare als das »Bordeaux Rumäniens« bezeichnen.
Licorna Winehouse, DOC Dealu Mare
Das Wappentier dieses jungen Weinguts ist ein Einhorn. Es wurde erst im Jahr 2012 gegründet, obwohl die Heimatregion auf eine lange Weinbautradition zurück blickt. Fünf Geschmackslinien sind im Bestand. Die edelste ist sicherlich die Serie »Seraphim«, für die sämtliche Trauben handgelesen wurden.
www.licornawinehouse.ro
Vinarte
Die Jahresproduktion des Guts liegt bei deutlich über einer Million Flaschen, allerdings setzt sie sich aus dem Output drei verschiedener Güter zusammen, die im Land verteilt sind, aber gemeinsam vermarktet werden. Ein enormes Lagenportfolio bietet viel Potential für langlebige und feingliedrige Weine.
www.vinarte.ro
Ein einzigartiges Kulturgut
Ein gutes Stück weiter westlich, kurz vor der ungarischen Grenze, befindet sich die DOC Minis. Hier hat der Gemütsmensch Balla Geza, promovierter Önologe, seinen Traum von einem Weingut verwirklicht. Auch er setzt auf Rotwein-Rebsorten, allerdings baut er seine Weine nicht nur im kleinen Barrique aus, sondern legt sie auch in große Holzfässer, um mehr Sauerstoffkontakt zu ermöglichen. Das Ergebnis sind leichtfüßige und dennoch nie belanglose Flaschen wie der 2015 Cabernet Franc Stonewine. Jede Wette: Der würde im Blindtasting auch gestandene Profis beeindrucken!Tasting: Best of Fetească Neagră
www.premiumwinesofromania.com
