Glanz und Effekthascherei: Das Lebenselixier des Salt Bae-Imperiums.

Glanz und Effekthascherei: Das Lebenselixier des Salt Bae-Imperiums.
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Salt Bae: Der in Ungnade gefallene Salzkönig

Der exzentrische Gastronom, Fleischer und Koch Nusret Gökçe polarisiert wie kein anderer. Nun beflecken unschöne Anschuldigungen aus den eigenen Reihen das sonst so reinweiße wie enge Revers des scheinbar makellosen jungen Superstars.

Er ist die schillernde Figur der Instagram-Gastronomie. Mit 50 Millionen Followern beherrscht kein anderer die Inszenierung und Vermarktung der eigenen Persönlichkeit auf den sozialen Medien wie er: Salt Bae aka Nusret Gökçe. Nun werden eher glanzlose Stimmen aus den eigenen Reihen laut. Von Trinkgelddiebstahl über Klagen zu Diskriminierung im türkischen Fleisch-Imperium »Nusr-Et« – ein Artikel über Glanz, Gier und Moral in der modernen Gastronomie.

Salzstreuen, hochstilisiert über drei Kontinente

Gökçe, dessen kulinarisches Imperium sich über drei Kontinente erstreckt, reist oft von Restaurant zu Restaurant, macht Selfies mit aufgeregten Gästen und führt während des Abends seine extravagante Salzstreutechnik vor.

Zum Auftreten Gökçes gehört unabdingbar das gleiche perfekt sitzende Outfit: eine kleine, runde Sonnenbrille, ein weißes T-Shirt mit einem tiefen Ausschnitt. Das glatte schwarze Haar ist zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden, sein Spitzbart und seine Augenbrauen makellos gestutzt. Er geht in die Hocke, das Messer in der Hand, und schneidet ein Steak sinnlich in dünne Scheiben. Wenn er fertig ist, hebt er den Unterarm, winkelt sein Handgelenk an und streut Salz auf das Steak – das Publikum tobt. Wie leicht sich Menschen doch beeindrucken lassen.

Wenn alle Augen auf Gökçe gerichtet sind, könnte man eine zweite Figur übersehen, die dem durchtrainierten Salzstreuer wie ein Schatten folgt – der sogenannte Salzjunge. Seine Hauptaufgabe ist es, Gökçe mit einer Schale Salz zu begleiten, damit er das Salzstreuen in Sekundenschnelle ausführen kann.

»Als er hereinkam, war es wie bei den Backstreet Boys«, äußerte sich ein ehemaliger Manager, der in Gökçes Restaurants in Miami und New York eng mit dem prominenten Gastronom und Fleischer zusammenarbeitete gegenüber dem Online-Magazin Insider, »Alle haben geschrien.« Glanz und Effekthascherei: das Lebenselixier des Imperiums.

Bahnbrechender Erfolg

Gökçes Londoner Restaurant verzeichnete in den ersten drei Monaten einen Umsatz von 7 Millionen Pfund, umgerechnet mehr als 6 Millionen Euro, wie aus öffentlichen Finanzunterlagen hervorgeht. Im Laufe der Jahre scheinen ihn sein Reichtum, seine Persönlichkeit und seine Allgegenwärtigkeit – 22 seiner sehr teuren Steakhäuser wurden in einigen der größten Städte der Welt eröffnet – zu einer Karikatur gemacht, zur lebenden Verkörperung eines ins Alter gekommenen Internet-Hypes. Seine jüngsten Schlagzeilen – als er sich nach dem Sieg Argentiniens über Frankreich auf das Spielfeld der Fußballweltmeisterschaft mogelte – symbolisieren nur die Spitze des Eisbergs: Sieben Gerichtsverfahren in zwei Städten und Aussagen von ehemaligen Mitarbeiter:innen zeigen eine andere Seite von Gökçe: einen kleinkarierten Tyrannen, dessen Besessenheit von Reichtum und Überfluss sich nur auf ihn selbst erstreckt.

Testosterongeschwängerte Kultur der Angst

Sein clowneskes Image täuscht über ein dunkleres Muster hinweg, wie aus den intensiven Recherchen von Insider hervorgeht: Vorwürfe des Lohndiebstahls, der Diskriminierung, der Arbeitsverstöße und einer testosterongeschwängerten Kultur der Angst. Und während er an Zigarren pafft und mit seinen teuren Uhren protzt, bieten seine Restaurants ein falsches Versprechen von Luxus, so die Ansicht einiger ehemaliger Angestellter.

Als Antwort auf eine detaillierte Liste von Anfragen äußerte sich Christy Reuter, eine Anwältin, die Gökçe und seine Unternehmen vertritt, gegenüber Insider in einer Erklärung: »Die Anschuldigungen sind in Wirklichkeit nichts weiter als eine Wiederholung alter Rechtsstreitigkeiten, bei denen die Ansprüche bestritten wurden und längst beigelegt sind.«

Neben diesen Vorwürfen musste nun auch sein Restaurant »Salt Bae Burger« in New York schließen. Es eröffnete erst Anfang 2020 in der Nähe des Union Square Park. Nur einen Monat später mussten wegen der Corona-Pandemie die ersten Restaurants schließen. Das »Salt Bae Burger« wurde bereits damals von den Kritikern mit Attributen wie »Charme eines Flugzeughangars« versehen und hat zu Anfang Juni 2023 zugesperrt.

Ferdinand von Vopelius
Ferdinand von Vopelius
Portalmanager Österreich
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