So romantisch: Im Castello di Buttrio finden Besucher gute Weine, eine urige Osteria und ein exquisites Hotel.

So romantisch: Im Castello di Buttrio finden Besucher gute Weine, eine urige Osteria und ein exquisites Hotel.
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Wein: Alles neu im Friaul

Es tut sich was zwischen Collio, Colli Orientali und Isonzo, den drei wichtigsten Weinbaugebieten in Friaul-Julisch Venetien. Von Sauvignon Blanc und Pinot Grigio weg geht der Trend zu lokalen Sorten wie Friulano, Ribolla Gialla und Malvasia.

Nicht preußisch streng in Reih und Glied, sondern in sanften Wellen schmiegen sich die Rebstöcke an die Weinberge. Gerade einmal 40 Kilometer von der Adria entfernt, blickt man auch hier auf ein Meer, nur dass es grün ist und weich, Lebensfreude ausstrahlt und eine tiefe Ruhe …

Die Colli Orientali ziehen sich von Rosazzo im Süden bis nach Nimis und Ramandolo, immer hart an der Grenze zu Slowenien. Zentrum ist die alte Langobardenstadt Cividale mit der beeindruckenden Brücke über den Natisone. Die meisten Weinproduzenten hier sind Familienunternehmen mit einer langen Tradition. Zu ihnen zählt Adriano Gigante, der seinen Betrieb unterhalb der mächtigen Rocca Bernarda hat. Seine Spezialität ist die Rebsorte Friulano, aus der er mehrere Weine erzeugt. Friulano ist nach Pinot Grigio die am weitesten verbreitete Sorte im Friaul. Bis 2008 hieß sie Tocai, bei der lokalen Bevölkerung wird sie immer noch so genannt. Friulano erbringt kraftvolle Weine mit betont würzigen Noten. Adriano Gigantes Aushängeschild ist der Friulano Storico, dessen Trauben von über 50 Jahre alten Reben kommen, mit Stämmen dick wie die Oberarme eines Bodybuilders. »Nur die schonende Unterstockarbeit, die wir seit vielen Jahren ausführen, gewährleistet die Langlebigkeit dieser Reben«, ist Adriano überzeugt. Interessant ist auch der Storico & Friends, in dem Gigante Friulano mit Chardonnay und Malvasia, einer weiteren lokalen Sorte, kombiniert. Immer wichtiger werde aber auch der Rotwein, so der Winzer. Sein Pignolo ist stoffig und dicht. Und die zehn Jahre Reifezeit brauche er dringend, um sein wildes Tannin etwas zu besänftigen.

Zorzettig ist ein weit verbreiteter Name in den Dörfern um die Stadt Cividale. Um Verwechslungen zu vermeiden, nennt Massimo Zorzettig seinen Betrieb deshalb La Tunella. Mit 70 Hektar besitzt dieser eine stattliche Größe. Bei La Tunella setzt man stark auf eine andere lokale Sorte, den Ribolla Gialla. Wobei – Qualität ist hier das Wesentliche: »Nur beste Trauben ergeben bei Ribolla auch einen spannenden Wein«, erklärt Zorzettig. »Spannend« ist etwa ­die Cuvée Biancosesto aus Friulano und Ribolla Gialla.

Girolamo Dorigo war im bürgerlichen Beruf Wirtschaftsberater, von den Weinen aus Bordeaux aber so angetan, dass er in den frühen 1980er-Jahren selbst begann, Wein anzubauen. Sein Montsclapade aus Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Merlot war einer der ersten hervorragenden Rotweine aus dem Friaul. Sohn Alessio Dorigo führt den Montsclapade erfolgreich weiter, setzt aber zunehmend auch auf feine Schaumweine. Dorigos beste Weinberge liegen in Buttrio. Dort befindet sich auch das Castello di Buttrio, das die sympathische Alessandra Felluga mit ihren drei Töchtern betreibt. Castello di Buttrio ist ein Weinbaubetrieb, beherbergt eine herzhafte Osteria und zudem ein Hotel, dessen edel ausgestattete Zimmer im alten Schloss untergebracht sind. Romantico!

Von den Colli ins Collio

Bei Corno di Rosazzo trennt der Judrio-Fluss die Colli Orientali vom Collio. Auf der anderen Seite des Judrio steht man vor einem steil ansteigenden Weinberg. Und auf einem Schild prangt in großen Lettern: »TiareBlu – Livon«. Seit drei Generationen betreibt die Familie Livon Weinbau im Friaul. Ein großer Teil der Weinberge hier gehört ihr, mittlerweile stattliche 180 Hektar. 60 Hektar liegen im Collio, 20 in den Colli Orientali und die restlichen in der weiten Ebene des Grave. In zwei Haarnadelkurven windet sich die schmale Straße den Hügel hinauf. Richtung Osten geht der Blick bis weit nach Slowenien. Immer wieder stehen mächtige Steinquader am Straßenrand, in die Namen eingehauen wurden. »Das sind Blöcke aus Ponca, einem Mergel-Gestein, das typisch ist fürs Collio«, erklärt Michele Livon, der zur dritten Generation der Familie gehört.

»Die Steine stehen vor jedem unserer Weinberge, damit der Besucher weiß, um welche Lage es sich handelt.« Braide Alte nennt sich einer dieser Weinberge. Ganz oben steht ein altes Haus, in dem die Livon-Weine verkostet werden. Saftig und mit kraftvollem Druck ist der Friulano Manditocai. Am besten gefällt der Braide Alte, eine Cuvée aus Chardonnay, Sauvignon und Picolit, die gleich ums Haus wachsen. Dazu ein gut gereifter San-Daniele-Schinken – herrlich!

Roberto Felluga leitet gleich zwei bekannte Betriebe: die Kellerei Marco Felluga in Gradisca und das kleine, aber feine Weingut Russiz Superiore in den Hügeln hinter Capriva. Im historischen Gebäude, das ursprünglich von den Grafen Thurn und Taxis errichtet wurde, sind heute gediegene Gästezimmer eingerichtet. Unter dem Wohnhaus befindet sich ein alter Steinkeller, in dem die Weine reifen. Roberto Felluga ist von Pinot Bianco, dem Weißburgunder, begeistert und bringt davon immer eine gereifte Riserva heraus. Mit sechs anderen Betrieben hat er sich zur Rete del Pinot Bianco zusammen­geschlossen, die diese Sorte fördern möchte.

Borgo Conventi zählt zu den altbekannten Weingütern im Friaul. 1975 wurde es von Gianni Vescovo gegründet. Nach mehreren Eigentümerwechseln gehört es heute Giancarlo Moretti Polegato, Chef des Prosecco-Erzeugers Villa Sandi und Bruder von Mario Moretti Polegato, dem Erfinder der weltberühmten Geox-Schuhe. Fast von Beginn an mit dabei war Paolo Corso, der das Weingut leitet. Borgo Conventi besitzt 20 Hektar im Collio und zehn Hektar im Isonzo-Gebiet. Am Fogolar, dem typischen offenen Kamin im Friaul, präsentiert Paolo Corso die Weine, von einigen Sorten auch aus beiden Gebieten. Da sie in der Regel gleich verarbeitet werden, treten die unterschiedlichen Charakteristika der beiden Gebiete klar zutage: strukturierter und breiter die Weine aus dem Collio, salziger und mit mehr Spannung jene aus dem Isonzo.

Um den Isonzo

»Die Weine des Friaul sind geprägt von der richtigen Balance zwischen Frucht und Mineralität«, bringt es Gianfranco Gallo auf den Punkt. In Mariano del Friuli liegt sein Betrieb Vie di Romans. Bei der Bearbeitung der Gärten achtet Gallo darauf, die natürliche Bodenformation zu belassen, die natürliche Schichtung, die sich über Millionen Jahre gebildet hat, nicht zu zerstören. Also gibt es in den Weingärten immer wieder kleine Erhebungen und Senken. Auch seine Weine sind alles andere als glatt, sie zeigen Individualität und Vielschichtigkeit. Bereits vor 25 Jahren beschloss Gallo, seinen Weinen Zeit zur Reifung zu geben, und bringt sie nun erst nach zwei Jahren auf den Markt. Sein Credo: Auch Weißweine können und müssen reifen.

Ein weiterer Spitzenbetrieb im Isonzo ­ ist Lis Neris. Wer glaubt, Pinot Grigio er­gäbe nur belanglose, langweilige Weine, sollte hier den Gris versuchen. Mit ihm zeigt Alvaro Pecorari eindrucksvoll, was in dieser Sorte steckt. Nicht minder spannend: seine Cuvées Lis (Pinot Grigio, Chardonnay, Sauvignon) und Confini (Pinot Grigio, Gewürztraminer, Riesling).


Die Lage Zegla

Drei Winzer starten ein besonderes Projekt

Zegla ist eine Lage oberhalb des Städtchens Cormòns, aber auch ein Wein. Drei Winzer dieser bekannten Lage, nämlich Edi und Renato Keber sowie Michele Blazic, erzeugen unter diesem Namen einen reinsortigen Friulano. Flasche und Etikett sind identisch, nur auf dem Rückenetikett sind die jeweiligen Hersteller vermerkt. Ein ambitioniertes Projekt, mit dem die Besonderheit der Lage zum Ausdruck gebracht werden soll. Der Zegla kommt allerdings erst nach fünf Jahren Reife in den Handel. Wer nicht so lange warten will: Das Trio hat auch andere Weine im Angebot.


Rotes Friaul

Besondere Tropfen

Rotwein aus dem Friaul? Aber ja, durchaus! Der Ort Prepotto bei Cividale ist bekannt für seine eleganten, feinen Rotweine aus der Schioppet­tino-Traube. Einer der besten kommt von La Viarte, deren Weine durch die stylishen Etiketten mit dem schlichten weißen Schriftzug auf schwarzem Grund auffallen. Alberto Piovan übernahm 2012 den Betrieb, der 30 Hek­tar in einem einzigen Stück umfasst. Seit fünf Jahren wird biologisch bewirtschaftet, keine leichte Sache im regenreichen Friaul, wie Piovan einräumt. La Viarte erzeugt auch einen grandiosen Friulano, der den Namen »Liende«, Legende, trägt. Giancarlo Traverso betreibt mit seiner Frau Ornella Molon einen bekannten Weinbaubetrieb im Veneto. 1998 kaufte er einige Weinberge in Prepotto, weil er vom Potenzial des Gebietes überzeugt war. Heute leitet sein Sohn Stefano Traverso den Betrieb, dessen Keller in einem Hang direkt im Weinberg steht. Schioppettino aus Prepotto sei immer etwas würziger als aus anderen Gebieten, erklärt er. Das mache seine Besonderheit aus. Traverso hat auch einen formidablen Merlot, leider ist der immer rasch ausverkauft. Ebenfalls bei Prepotto liegt Lis Fadis, ein kleines, feines Weingut, das sich auf Rotweine spezialisiert hat. Lis Fadis heißt auf Deutsch so viel wie »die Feen«. Diese liegen der Eigen­tümerin sehr am Herzen und zieren auch die Etiketten. Vanilla Plozner kommt aus einer Familie mit Weintradition. Nach dem Ende ihres Angestelltenlebens wollten sie und ihr Mann sich den lange gehegten Wunsch vom eigenen Weingut erfüllen. Ihre Merlot, Refosco und Schioppettino sind hervorragend!


Friaul-Julisch Venetien
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Friaul-Julisch Venetien

Die Weinbaugebiete von Friaul-Julisch Venetien im Überblick

Grundsätzlich: Außer in den Karnischen Alpen wird im Friaul so gut wie überall Wein angebaut. Das Friaul zählt zwar zu den regenreichsten Landstrichen Italiens, der meiste Regen fällt aber außerhalb oder zu Beginn der Vegetationsperiode, sodass er dem Wachstum der Reben nicht abträglich ist. Von Juni bis September herrschen oft hohe Temperaturen, die die Trauben schnell reifen lassen. Die Julischen Alpen in Slowenien und die Karnischen Alpen im Norden schirmen das Land vor kalten Winden ab. Spätfröste treten daher selten auf und machen das Land hervorragend geeignet für den Weinbau. Grob unterscheiden lassen sich die weiten Gebiete im flachen Land, die von den Schwemmböden der Flüsse Isonzo und Tagliamento geprägt werden, und die Gebiete in den Hügeln im Osten:

  • Im flachen Land von Aquileia, Latisana, Lison-Pramaggiore, Grave und Annia sind die Erträge meist hoch und die Rebanlagen leicht zu bearbeiten. Hier liegt das Reich des Pinot Grigio. Neuerdings wird auch Ribolla Gialla für die Erzeugung von Sektgrundweinen angepflanzt.
  • Im hügeligen Gelände der Colli Orientali und des Collio besitzen die Weine mehr Kraft und Feinheit. Die Hochgewächse des Friaul wachsen vor allem dort.
  • Die Hochebene des Karst im Hinterland von Triest ist von kargen Kalksteinböden geprägt. Hier dominieren die lokalen Sorten Vitovska und Malvasia bei den Weißweinen und Terrano bei den Rotweinen.
  • Eine Sonderstellung nimmt das Gebiet Isonzo am Fuß des Collio ein. Hier ist das Land zwar flach, es dominieren aber überwiegend karge Kieselschwemmböden aus den Bergen. Bei knappen Erträgen entstehen kraftvolle Weine mit den typischen mineralischen Noten.

ZUM TASTING


Erschienen in
Falstaff Nr. 02/2020

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Othmar Kiem
Othmar Kiem
Chefredakteur Falstaff Italien
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