Immobilienmarkt Wien: Premium-Immobilien trotz Zinsgejammer
Bei Premiumimmobilien ist trotz Zins-Gejammere alles in Ordnung. Es gibt den wunderschön sanierten Altbau genauso wie neu errichtete, innovative Objekte. Neue Lagen werden entdeckt, Türme bieten mondäne Aussichten und das Wiener Cottage beweist die Stabilität exquisiter Werte.
26.06.2024 - By Heimo Rollett
Titelbild: Bonjour à Vienne! Mondäne Großzügigkeit findet man im französischen Viertel Wiens unweit der Votivkirche – mit Wohnflächen bis 590 Quadratmeter im stilvollen Altbau. sangreal-properties.at
Reich ist relativ. In Japan braucht man überraschenderweise nur 1,9 Millionen US-Dollar, um zum wohlhabendsten Prozent des Landes zu gehören, in Monaco hingegen sind dafür flotte 12,8 Millionen US-Dollar nötig, wie eine Berechnung von Knight Frank in seinem alljährlich erscheinenden »Wealth Report« zeigt. Relativ sind aber auch die Ansprüche derjenigen, die sich Luxus leisten können. Die einen wollen in der Innenstadt leben, die anderen im Grünen. Die einen wollen mit Immobilien ihr Geld vermehren, die anderen möchten schön wohnen und ihr Vermögen einfach nur sicher angelegt wissen. Fest steht, dass in Zeiten wie diesen Menschen mit Eigenkapital (bedeutend bessere) Möglichkeiten haben, Immobilien zu erwerben, da ja die KIM-Verordnung und die Zinsen – auch wenn eine Besserung in Sicht ist – der Mehrheit eine Finanzierung verunmöglichen.
Luxusimmobilien als Anlagestrategie
»Luxusimmobilien werden von Interessent:innen nachgefragt, die über hohe finanzielle Ressourcen verfügen und langfristige Anlagestrategien verfolgen«, bestätigt Thomas Hopfgartner, Geschäftsführer von Living Deluxe Luxury Real Estate, dass der Premiummarkt nach wie vor funktioniert – anders als etwa der von Vorsorgewohnungen, der ist aktuell tatsächlich tot. Das bestätigt auch ÖRAG-Vorstand Michael Buchmeier: »Der Luxusmarkt erscheint sicherlich resilienter zu sein als der Standardwohnungsmarkt. Ein Blick ins Grundbuch zeigt, dass durchaus Transaktionen im einstelligen Millionenbereich im letzten Jahr bzw. im ersten Quartal 2024 stattgefunden haben. Besonders im ersten Bezirk haben einige größere Wohnungen die Eigentümer:innen gewechselt. Dies liegt vor allem daran, dass Käufer:innen in diesem Segment nicht auf Fremdkapitalfinanzierung angewiesen sind und eher mit Eigenkapital kaufen.« Die Erwartung für 2024 sei laut Buchmeier, dass, sofern es ausreichend Produkte für diese anspruchsvollen Kund:innen gibt, mit einer weiteren Markterholung zu rechnen sei.
Transformation als Prototyp
Eine völlig neue Kategorie des Luxuswohnens hat Architekt Joachim Thaler geschaffen. Ihm ist es gelungen, das typische Leben im Dachgeschoß auf Räume im Erdgeschoß und sogar im Souterrain/Keller zu übersetzen. Den Beweis, dass die Idee klappt und sich das ausgesprochen gut anfühlt, hat er mit dem Umbau einer ehemaligen Wirtshausfläche gegenüber dem Raimund Theater angetreten. Eine völlig neue Wohnform, die eher einer Hotelsuite mit Bereichen zur Repräsentation und mit intimen Räumen gleicht, ist hier entstanden, wobei durch die Entfernung der klassischen Raumstrukturen und das Einziehen von neuen Zwischendecken eine Verschachtelung der Räume und zugleich eine Offenheit und Großzügigkeit entstanden ist. Raumhöhen von bis zu fünf Metern hier, gekonnt eingebaute Möbel und Stauraum da. In der Mitte befindet sich ein kleines Atrium als Luftraum, auf dessen Boden üppige Bepflanzung für gute Laune und ebensolchen Duft sorgt. Dass sich in dieser Wohnung auch noch die Künstler Gio Bressana, Patrick Rampelotto und Markus Gasser verwirklichen konnten, zeigt die holistische Herangehensweise des Projekts. Die 160 Quadratmeter will Thaler um rund 1,6 Millionen Euro verkaufen. Goodie bei diesem Konzept: Die Kühlung fällt im Erdgeschoß und im Keller weg, das macht es zukunftsfähig.
Innovative Nachhaltigkeit
Überhaupt ist Nachhaltigkeit das große Thema. Einerseits natürlich, weil es mittlerweile fast zum guten Ton gehört, auf die Umwelt und die nächsten Generationen zu achten. Andererseits, weil die Energiekosten wie ein Damoklesschwert über uns baumeln. Solaranlagen, Wärmedämmung und intelligente Gebäudesysteme sind beim Neubau selbstverständlich.
Eine Innovation jagt die andere
Die Konzepte gehen immer weiter, eine Innovation jagt die andere. Jetzt wird Energie bereits aus dem Kanal gewonnen oder auch aus Asphaltflächen. Wieder andere Projekte setzen auf neue Baustoffe. Oder, besser gesagt, auf erneuerte. Für das Projekt »Soley« in Wien-Brigittenau erfolgte im April der Spatenstich, gebaut wird es erstmals mit einem CO2-reduzierten Performancebeton. »Die Erforschung und in weiterer Folge auch die Nutzung von RCC-Betonen – Reduced Carbon Concrete – ist ein wichtiger Schritt, um den CO2-Abdruck der Baubranche zu verringern«, erklärt Erwin Größ, Geschäftsführer der STRABAG Real Estate Österreich, die Teil einer Forschungsplattform ist, der auch weitere klingende Namen angehören: Doka, Romm ZT, Mischek ZT, bauXund, CarStorCon Technologies, MPA Hartl sowie die Betonhersteller Asamer, Holcim und Wopfinger.
Es geht um Lebensträume
»Die zu erwartenden Zinssenkungen waren zuletzt ein positives Signal, auch das von der Regierung angekündigte und mittlerweile beschlossene Wohnbaupaket hat vieles in Gang gebracht und ist als absolut notwendige und gute Initiative zu werten«, atmet Michael Schmidt von der 3SI Immogroup durch, auch wenn er meint, der gehobene, hochwertige Immobilienmarkt sei nie eingebrochen. Die derzeitige Gemengelage sorge definitiv wieder für eine positivere Stimmung unter Bauträger:innen und Käufer:innen, so Schmidt. Lediglich die Entscheidungen und somit auch die tatsächliche Vermittlung dauerten aktuell länger, ergänzt Sascha Haimovici, Geschäftsführer von IMMOcontract und von Austria Sotheby’s International Realty. Auch er sieht den Luxusimmobilienmarkt unabhängig von konjunkturellen Entwicklungen, weil: »Im Luxussegment ist man nicht auf Schnäppchenjagd, sondern erfüllt sich Wohn- und Lebensträume.«