(c) alle Bilder beigestellt

Die Gartenbank und ihre Geschichte

Gartenbänke sind Oasen der Ruhe inmitten eines hektischen Alltags. Sie laden zum Verweilen und zum Träumen ein. Zugleich erzählen sie viel davon, wie wir den öffentlichen Raum strukturieren: Im 19. Jahrhundert waren sie in den Parks der Bourgeoisie vorbehalten.  

18.04.2024 - By Karin Cerny

Titelbild: Organische Form: Die australische Firma DesignByThem sorgt mit ihrer »Ribs Bench« für einen Hingucker. designbythem.com

Der deutsche Schriftsteller Theodor Fontane flanierte gern. Als begeisterter Wanderer erkundete er Brandenburg, fütterte die Enten im Teich und beobachtete die Menschen. Heute würde man sagen, er entschleunigte, um kreativen Input zu tanken. Fontane selbst schrieb: »Ich bin immer, auch im Leben, für Ruhepunkte. Parks ohne Bänke können mir gestohlen bleiben.« Auch die Impressionisten liebten Gartenbänke, Claude Monet verewigte seine erste Frau Camille in einem flirrenden Sommergemälde in einem Garten in einem Pariser Vorort.

DIE BANK IM PARK: EINE URBANE ERFINDUNG

So unscheinbar und selbstverständlich die Gartenbank auf den ersten Blick wirkt, so umkämpft ist sie doch. Bereits im Mittelalter durften nur sozial Gleichgestellte nebeneinander auf einer Bank sitzen. Auch später blieben die Parks zunächst der Bourgeoisie vorbehalten, das gemeine Volk war ausgeschlossen – und hatte ohnehin kaum Freizeit, sich im Grünen zu erholen. Die Parkbank ist eine urbane Erfindung der Reichen: Mitte des 19. Jahrhunderts erst wurden in öffentlichen Grünanlagen Sitzbänke installiert. Diese sozialen Barrieren sind mittlerweile zwar gefallen, aber trotzdem ist die Parkbank ein Streitobjekt geblieben. Nach wie vor stellt sich die Frage: Wem gehört der öffentliche Raum? In jüngster Zeit macht die »defensive Architektur« von sich reden, man versucht, unerwünschte Gruppe zu vertreiben. Bänke eigenen sich nicht mehr für Obdachlose, um darauf zu übernachten. Der französische Philosoph Mickaël Labbé spricht in seinem Buch »Platz nehmen« von einem »Signal der Verachtung«.

DIE BANK: EIN GEMEINSAMER RAUM

Je mehr der Gemeinschaftsraum in den Städten verloren geht, desto häufiger ziehen sich Menschen in ihre eigenen vier Wände zurück. Dabei geht aber auch etwas verloren: Nostalgisch blickt man in den Süden, wo ältere Menschen sich zum täglichen Austausch im Freien treffen. Wo man, auf Bänken sitzend, den neuesten Tratsch und Rezepte austauscht – und dabei jung bleibt. Die Parkbank hat eine lebensverlängernde Funktion: Sie macht uns zu sozialen Wesen. Sie hilft, gerade im Alter nicht zu vereinzeln und zu vereinsamen. Die Gartenbank ist ein Ort des Dialogs und Austausches. Geradezu erschreckend ist in diesem Kontext eine Beobachtung der Autorinnen Antje und Susann Rittermann, die in ihrem 2019 erschienen Buch »Bänke aus Holz« beschreiben, dass in Berlin die um Straßenbäume gebauten Bänke dann verschwinden, wenn die umliegenden Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt worden sind. Dann ist Schluss damit, den öffentlichen Raum gemeinsam zu nutzen.

GARTENBANK ALS KOMMUNIKATIONSZENTRUM

Gartenbänke haben symbolischen Charakter. An ihnen zeigt sich, wie offen, neugierig und kommunikativ eine Gesellschaft ist. Künstler:innen und Designer:innen haben sich bereits mit dem Thema beschäftigt – und utopische Bänke entworfen. Wetterfestes Holz ist nach wie vor ein zentrales Baumaterial, aber Bänke müssen nicht langweilig aussehen, wie die organisch geschwungenen Bänke »Parametrica« von Satikov Design beweisen, die an Wellen oder an Walskelette erinnern. Bänke im öffent-lichen Raum können überraschen, sie sind nicht nur funktionale Outdoor-Sitzmöbel, sondern haben Erlebnischarakter. »Soft Seat« nennt sich der Hocker des belgischen Designers Roel Vandebeek, der allerdings aus massivem Beton besteht. Form und Funktion stehen in einem ironischen Dialog. Ein weicher Hocker scheint Wind und Wetter zu trotzen, erst auf den zweiten Blick erkennt man das feste Material.

FRÖHLICHE OUTDOOR-POPKULTUR

Aber auch die schlichte, klassische Gartenbank feiert ein Revival, allerdings in buntem Gewand. Der französische Anbieter Fermob setzt auf langlebige Gartenmöbel aus Metall, die in zahlreichen Farben erhältlich sind, um draußen farbenfrohe Akzente zu setzen. Der deutsche Anbieter Benkert geht in seiner Vollstahlbankserie ähnliche Wege: reduziertes Design, robustes Material, an dem Regenwasser gut ablaufen kann. So trocknen die Bänke und Tische schnell und sind gerade in Parks nach einem Wolkenbruch gleich wieder benutzbar. Eine Parkbank kann ein Stück fröhliche Popkultur sein, die einfach Spaß macht. Die japanische Designerin Kazuko Okamoto hat ihre Bank aus Polyethylen »WOW« genannt, umgedreht gelesen steht dann »MOM«.

ACHTUNG, DRUCKFRISCH!

Die Parkbank kann aber auch direkt aus dem Drucker kommen. »Contour« von Sofia Hagen und Lisa Hinderdael ist von der Vorarlberger Landschaft inspiriert. Die organischen Rundungen werden Schicht für Schicht im Drucker aufgetragen und sollen an die topografischen Schichten der Berglandschaft erinnern. Die unterschiedlichen Grauabstufungen verstärken diesen gewachsenen, organischen Eindruck. So wirkt die Bank, als ob sie schon ewig hier stehen würde, wie ein Statement gegen die Vergänglichkeit. Und zugleich als dezentes Kunstwerk, das uns daran erinnert, dass die Gartenbänke noch immer da sein werden, auch wenn wir schon längst abgedankt haben.

Erschienen in:

Falstaff LIVING 03/2024

Für den LIVING Newsletter anmelden

* Mit Stern gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Anrede

Lifestyle & Genuss – das sind die zentrale Themen der Falstaff-Magazine. Nun stellen wir das perfekte Surrounding dafür in den Mittelpunkt. Das Ambiente beeinflusst unsere Sinneseindrücke – darum präsentiert Falstaff LIVING Wohnkultur und Immobilien für Genießer!

JETZT NEU LIVING 24/03