@ KTVB Bad Gastein, Simon Hutter

Bad Gastein: mit neuen Hotels zur Renaissance

Während das denkmalgeschützte Kongresshaus immer noch brach liegt und den Naturgewalten ausgesetzt ist, regt sich in so manch anderem Teil des alpinen Refugiums wieder Leben. Mit diversen neuen Hotels erlebt Bad Gastein gerade eine Renaissance.

19.11.2023 - By Wojciech Czaja

Header-Bild: »Manhattan der Alpen« Mit dem Blick auf die verschneite Stadt mit ihren riesigen Hotelburgen, die am Hang kleben, versteht man auch den imposanten Beinamen Bad Gasteins. Mit gleich zwei Hotelrevitalisierungen gibt es nun hochkarätigen Zuwachs.

Wir waren zwei Tagesreisen vom ›Badeschloss‹ entfernt, als durch ein verbotenes, verbotenes, verbotenes, verbotenes ruckartiges Zurückwenden, durch eine Drehung aus der Schulter der gesamte bereits zurückgelegte Weg wieder vor uns lag«, singt der deutsche Musiker Friedrich Liechtenstein auf seinem 2014 erschienen Konzeptalbum »Bad Gastein«. »Es regnet, das macht nichts, der Regen ist gut für die Parks, nicht so gut für die Tapeten im Schloss. Du hast vergessen, die Fenster zuzumachen, du bist böse …« Die Fenster sind inzwischen längst geschlossen, der Regen abgewehrt, und was einst die – von Liechtenstein besungene – Ruine des historischen, auf das Jahr 1791 zurückgehenden »Hotels Badeschloss« war, knapp am Bad Gasteiner Wasserfall stehend und von Witterung und Hangwasser über viele Jahrzehnte in Mitleidenschaft gezogen, erstrahlt nun in neuem Glanz. In Kürze, im Dezember, wird das »Badeschloss« feierlich eröffnet und seinen Betrieb aufnehmen. Als Bauherr fungiert die Hirmer Verwaltungs GmbH mit Sitz in München, betrieben wird das Haus von der Berliner Travel Charme Hotel GmbH & Co. KG, für die Architektur zeichnet das Wiener Büro BWM Designers & Architects verantwortlich.

»Grand Hotel Straubinger« Gestern Ruine, heute wow: Nach der Revitalisierung durch BWM Designers & Architects erstrahlt das Luxushotel am gleichnamigen Straubingerplatz seit September 2023 in neuem Glanz.

© BWM Architekten

»Es war eine wunderschöne Aufgabe, sich dieses altehrwürdigen, aber mittlerweile ziemlich verfallenen Ortes anzunehmen und die Geschichte in die Gegenwart zu übertragen«, sagt Erich Bernard, Partner bei BWM. »Den Altbau haben wir saniert, hier befinden sich nun Lobby, Rezeption und der gesamte Restaurantbereich mit offener Schauküche. Teile der alten Badeanstalt hingegen waren so marode, dass sogar das Bundesdenkmalamt meinte: ›Bitte abreißen und einen neuen Zubau errichten‹!« Und so kam es dann auch: Ganz im Geiste Bad Gasteins, das aufgrund seiner dichten, vielgeschoßigen Grandhotels, die wie Hochhäuser aus dem Hang herauswachsen, auch als »Manhattan der Alpen« bezeichnet wird, stellte BWM einen 13-stöckigen Betonturm neben den Altbau. Das expressionistisch geformte Gebäude umfasst 82 Zimmer – allesamt mit französischen Fenstern bis zum Boden, manche mit Balkon und Terrasse ausgestattet – und überrascht am Dach mit einem beheizten ­Outdoorpool. Der Blick von da oben, 55 Meter hoch über dem Straubingerplatz schwebend, wird gewaltig sein. Die Zimmereinrichtung orientiert sich an der Schwimmbadarchitektur aus den 1960er- und 1970er-Jahren – mit Keramikkacheln, knalligen Vintage-Farben und neu interpretiertem Mid-Century-Mobiliar. Doch das absolute Highlight sind die Badezimmer. »Wir bleiben dem Konzept des ›Badeschlosses‹ treu und schenken dem Hotelzimmer wieder die Badewanne zurück«, sagt Bernard. Und das ist nicht einmal übertrieben: In den insgesamt 20 Signature-Rooms im renovierten Altbau kann man in einer mit alten Büchern bestückten Bibliothek ein Bad nehmen oder sogar mit seinem Partner in zwei parallel aufgestellten Badewannen nebeneinander einen schönen Abend mit Rosenblättern und Champagner verbringen. Nur wenige Schritte davon entfernt befindet sich das bereits revitalisierte »Grand Hotel Straubinger«. Nachdem das Hotel die letzten Jahrzehnte in einem Dornröschenschlaf lag, mit morschen Deckenbalken, eingeschlagenen ­Fenstern und zum Teil unter Wasser stehenden Prunkräumen, erstrahlt auch dieses Haus nun in neuem Glanz, ebenfalls unter der architek­tonischen Regentschaft von BWM Designers & Architects. Mit 46 Zimmern und dem wachgeküssten Charme eines alten Grandhotels, ist dies die wahrscheinlich schönste Sanierung, die man sich für ein Hotel mit einer so langen Geschichte vorstellen kann.

»Badeschloss« mit Betonturm: Das 13-stöckige Hotelhochhaus des »Badeschlosses« ist Bad Gasteins 
jüngste Sehenswürdigkeit. Auf der Dachterrasse haben BWM Designers & Architects einen beheizten Pool mit fantastischer Aussicht inszeniert.

»Badeschloss« mit Betonturm: Das 13-stöckige Hotelhochhaus des »Badeschlosses« ist Bad Gasteins jüngste Sehenswürdigkeit. Auf der Dachterrasse haben BWM Designers & Architects einen beheizten Pool mit fantastischer Aussicht inszeniert.

© BWM DesignersArchitects Eduardo Gellner
Eine Nacht in Patina: In den insgesamt 46 Zimmern 
im neuen »Grand Hotel Straubinger« kombiniert BWM das Alte mit dem Neuen. Über dem Meterriss 
(siehe Vorhänge) wurden die Wände und Decken abgeschabt und mit einem Firnis fixiert.

Eine Nacht in Patina: In den insgesamt 46 Zimmern im neuen »Grand Hotel Straubinger« kombiniert BWM das Alte mit dem Neuen. Über dem Meterriss (siehe Vorhänge) wurden die Wände und Decken abgeschabt und mit einem Firnis fixiert.

© Jürgen Hammerschmid

»Schön, aber bizarr«

»Das war quasi eine Ruine, wir mussten alles neu machen«, sagt Markus Kaplan, Partner bei BWM, »und dennoch wollten wir die Geschichte dieses Ortes als eine Art eigene Zeitebene ablesbar machen. Das Alte ist nicht verloren, sondern liegt wie eine zweite Schicht über dem Neuen.« Die Wände wurden bis auf die älteste Farbschicht abgekratzt und mit transparentem Firnis fixiert, die alten Türen wurden erhalten und stehen nun als Zeitzeugen und flächige Monumente in den Gang hinein, und wo alte Fliesen und Parkettböden erhalten bleiben konnten, wurden diese mit neuen Materialien zu einem reizvollen Patchwork collagiert. »Das ›Grand Hotel Straubinger‹ ist nicht geschniegelt«, so Kaplan, »sondern bildet den schönen, aber bizarren Charakter Bad Gasteins ab.« Doch genau dieser Charakter, scheint es, ist nun in Gefahr. Denn während sich der alte Kur- und Sportort allmählich von seinen Traumata erholt und langsam wieder zu neuem Leben erwacht, mit sehr subtilen, lokal angepassten und bau­kulturell hochwertigen Injektionen hie und da, entdecken nun immer mehr institutionelle ­Investoren aus dem In- und Ausland den Reiz dieses verschlafenen »Alpen-Manhattans« und machen sich mit neuen, großmaßstäblichen Projektentwicklungen über Bad Gastein her. »Mit Bad Gastein verbinde ich eine Hassliebe, es ist ein zutiefst faszinierender Ort, aber zugleich gestaltet sich die Renaissance zäh und träge«, sagt Olaf Krohne, Betreiber des Grandhotels »Das Regina« und Geschäftsführer der project.hotel GmbH, einer der Bad-Gastein-Pioniere der ersten Stunde, der 2008 mit Ike Ikrath das »Haus Miramonte« aufgebaut und im Jahr darauf sein eigenes Hotel eröffnet hat. »Selbst 15 Jahre nach dem Start sind wir noch in einer sensiblen Aufbauphase, die Auslastung ist noch immer nicht da, wo sie sein könnte. Und anstatt in Kunst, Kultur, Gastronomie und hochwertige, einzigartige Einkaufsmöglichkeiten zu investieren – denn das ist das, woran es in Bad Gastein immer noch mangelt –,werden nun noch mehr neue Hotels errichtet. Die Ausmaße sind erschreckend.« Während Bad Gastein aktuell über an die 8.000 Gästebetten verfügt, gehen Studien und Schätzungen davon aus, dass der Bestand in den kommenden Jahren auf insgesamt 14.000 Betten erweitert werden könnte – vor allem mit Budget-Hotelketten, Premium-Brands und Ferienwohnungen. Um dies zu erreichen, sollen sogar einige historische Villen und Hotelbauten abgerissen und durch XXL-Neubauten mit 100 bis 200 Zimmern ersetzt werden. »Es sind viele Spekulanten unterwegs, die Schlacht um die letzten noch verbleibenden Grundstücke hat bereits begonnen«, sagt Krohne. »Ich weiß ­ehrlich gesagt nur nicht, ob es diesen enormen Bedarf gibt. Keine Ahnung, was mit den Tausenden Betten passieren soll.« Was es nach 15 Jahren harter Aufbauarbeit stattdessen brauche, so Krohne, sei endlich ein touristisches und stadtplanerisches Gesamtkonzept für Bad Gastein. Aktuell ist Krohne dabei, eine Bürger:inneninitiative zu gründen: »Next Bad Gastein« will sich darum kümmern, Ortsbild, Städtebau und Tourismus in Einklang zu bringen – und endlich wieder das alte, maro­de Kongresshaus zu revitalisieren. Wie singt doch Friedrich Liechtenstein im »Badeschloss«-­Song: »Once upon a time, memories of them, wir sind nicht auf dieser Welt, um perfekt zu sein. Verstehst du mich? Du verstehst mich. Wir sind made for the future.«

Erschienen in:

Falstaff RESIDENCES Nr. 02/2023

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