© Edwin Husic

Bad Ischl & Salzkammergut sind Kulturhauptstadt 2024

Bad Ischl und das Salzkammergut sind ab 20. Jänner Kulturhauptstadt Europas 2024. Das umfangreiche Programm in 23 Gemeinden wurde jetzt schon vorgestellt und verspricht die lustvolle Neuentdeckung einer scheinbar längst bekannten Region.

09.01.2024 - By Maik Novotny

Header Tanz das Salz! Das Creative-Europe-Projekt Libertalia gastiert bei der Kulturhauptstadt Europas 2024 Salzkammergut Bad Ischl mit einer Performance zu den Themen Salz, Wasser und Freiheit.

Wie bitte? Bad Ischl?« So klangen manche der Reaktionen, als 2019 die Entscheidung verkündet wurde, welcher österreichische Ort und dass die Region Salzkammergut 2024 den Titel »Kulturhauptstadt Europas« tragen würde. Denn bisher hatte man mit der kleinen Stadt eher Ländliches, Kaiserliches und Konditoreien mit Sahnetorten assoziiert und mit der Region chinesischen Hallstatt-Massentourismus und Altausseer Nobelkonservatismus. Dennoch konnte das Salzkammergut die Konkurrenten aus Dornbirn und St. Pölten ausstechen.

LÄNDLICHES TRIFFT WELT

Am 19. Jänner 2024 ist es schließlich so weit, und die Kulturhauptstadt, die erstmals in der fast 40-jährigen Geschichte des Formats eine Kulturregion ist, öffnet ihre vielen Tore. Was die Besucher:innen erwartet, wurde jetzt schon bekannt gegeben. Rund 180 Projekte in den 23 Gemeinden sind bereits fix, mehr als 85 Prozent davon werden von lokalen und regionalen Akteur:innen durchgeführt. Sie ordnen sich in vier Programmlinien ein: Macht und Tradition, Kultur im Fluss, Sharing Salzkammergut – Die Kunst des Reisens, und Globalokal – Building the New. Sie alle kennzeichnet die fruchtbare Verbindung des Ländlichen mit der Welt. Eine Mischung, die im Vorfeld für einige Kontroversen gesorgt hatte. Zuletzt hatte sich Hannes Androsch aus dem Kulturhauptstadt-Komitee zurückgezogen, da ihm das Programm zu »global-exotisch« geworden war. »Es gab Streitigkeiten, Missverständnisse und sogar Handgreiflichkeiten in einem Wirtshaus«, erinnert sich Elisabeth Schweeger, Künstlerische Geschäftsführerin der Kulturhauptstadt. »Es sind sehr eigensinnige und widerständige Gemeinden hier. Doch gerade das ist eine Qualität.« Ziel sei nicht, diese Gräben zuzuschütten und den alpinen Starrsinn abzuschaffen, sondern daraus eine Salzkammergut-Union zu schmieden. Ob das gelingt, ist noch offen, doch das Programm lässt vieles hoffen. Denn es passt zum gegenwärtigen Trend, die kulturellen Qualitäten und das Zukunftspotenzial des Ländlichen zu entdecken.

Hallo, Welt Unter dem Titel »Art your Village« setzen sich internationale Künstler:innen mit vorwiegend kleinen Orten im Salzkammergut auseinander.

© ConstructLab

SPANNUNGSFELD TOURISMUS

Im Salzkammergut steht dieses zusätzlich im Spannungsfeld mit dem Tourismus, eine willkommene Gelegenheit für Kulturschaffende, an den kitschigen Sisi-Kulissen zu kratzen. Die Ausstellung »Zeitreise – zwischen gelebter Tradition und Klischee« von Yvonne Oswald wird historische Aufnahmen des Salzkammerguts mit internationalen Künstler:innen kurzschließen, eine Ausstellung des Architekturzentrums Wien sich dem Thema Tourismus und seinen Auswirkungen auf die Umwelt widmen. In Hallstatt haben Studierende der TU Wien in mehrjähriger Arbeit mit der Gemeinde eine Denkwerkstatt erarbeitet, die eine Zukunft jenseits der Instagram-Fotokulisse aufzeigt. Überhaupt wird das Thema »Reisen« viel Platz im Programm einnehmen. Zwölf ­Artists in Residence werden unter dem Titel »Salt Lake Cities« in Kooperation mit der ÖBB Immobilienmanagement GmbH in zwölf Bahnhöfen der Region wohnen und arbeiten, das Projekt »Regionalexpress« wird eine immersive Zugreise für alle Sinne bieten. Dabei wird der Blick aus dem Fenster vielleicht auch auf weniger Schönes fallen: Gewerbegebiete, Kreisverkehre, kurz: das viel diskutierte Problem der Zersiedelung.

WAHRNEHMUNG SCHÄRFEN

Hier will die Kulturhauptstadt die Wahrnehmung der Besucher:innen schärfen und kreative Lösungen für den grünen Wandel finden. »Wir planen ein Zukunftslabor für den ländlichen Raum«, sagt Projektleiterin Eva Mair. Das Baukultur-Symposium »Interventa« lädt internationale Architektur-Expertis, und die Kunstuni Linz schickt künstliche Insel-Plateaus aufs Wasser des Traunsees, auf denen man sich Gedanken über Raum und Fläche machen kann. Doch auch die Kulinarikregion Salzkammergut kommt nicht zu kurz, schließlich ist Food Culture Teil des heimischen Selbstverständnisses. Das Projekt »Wirtshauslabor Salzkammergut 2024« wird mit prominenten Köchen lustvoll und experimentell die Wirtshauskultur erneuern – ganz ohne Handgreiflichkeiten, sondern als Einladung, eine scheinbar längst bekannte Region neu zu entdecken.

Party am Land Das Holy Hydra Festivallabor wird gemeinsam mit der Programmschiene Next Generation You und in Kooperation mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Kulturhauptstadt zum Tanzen bringen.

© beigestellt

Echt oder falsch? Der Dokumentarfilm »Double Happiness« macht sich auf die
Entdeckungsreise zur Hallstatt-Kopie in China und stellt Fragen nach der Rolle von Authentizität.

© Ella Raidel

»Es sind sehr eigensinnige und widerständige Gemeinden hier. Doch gerade das ist eine Qualität.«

Elisabeth Schweeger, Künstlerische Geschäftsführerin, Kulturhauptstadt 2024

Erschienen in:

Falstaff LIVING Nr. 06/2023

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