Branded: Fashion trifft Cuisine
Ob Chanel, Louis Vuitton oder Dolce&Gabbana – die Modehäuser dieser Welt setzen in ihren Portfolios seit einiger Zeit vermehrt auf Kulinarik. Von Bars über Restaurants bis hin zu Cafés – die neuen Adressen erfreuen Augen und Gaumen gleichermaßen.
13.09.2023 - By Christina Horn
Header Bild: Gucci Osteria da Massimo Bottura Massimo Bottura und Gucci haben bereits in Florenz, Beverly Hills und Tokio gemeinsame kulinarische Sache gemacht. Die neueste »Osteria« hat ihre Pforten im März 2022 in Seoul eröffnet: Zur modernen italienischen Küche mit asiatischen Produkten gesellt sich italienische Ästhetik, wie man sie schon ausFlorenz kennt. gucciosteria.com
Ob man sich nun für ein paar Stunden in die elegante Welt von Coco Chanel begeben möchte, einmal wie Holly Golightly bei Tiffany’s frühstücken oder seinen morgendlichen Americano gerne mit einem Hauch von Exklusivität à la Ralph Lauren genießen will: Dank des Bestrebens der großen Modehäuser um Diversifizierung ist der Besuch von Cafés und Patisserien, Bars und Restaurants, die unter dem Stern einer Luxusmarke stehen, in fast allen Metropolen dieser Welt zum attraktiven Ding der Möglichkeit geworden. Dass Couture und Cuisine verstärkt zueinander finden, sollte nicht überraschen; schon immer standen sich diese beiden Bereiche als Sinnbild von Luxus und Exklusivität nahe. Man denke nur an den hohen Stellenwert von Gewürzen und Seide, die schon in der Antike über die Seidenstraße von China nach Europa gelangten und dort nur der Elite vorbehalten waren. Oder an den Pomp der absolutistischen Herrscherhäuser, in denen Kaiser sich mit der neuesten Mode und den seltensten Lebensmitteln umgaben. Auch die Couturiers der Moderne wissen die enge Bindung zwischen Food und Fashion zu honorieren, im Privaten wie im Beruflichen. Missoni etwa publizierte 2018 »The Missoni Family Cookbook« mit echten italienischen Familienrezepten – und Christian Dior verlieh seiner Hingabe zu den Genüssen des Gaumens mit »La cuisine cousu-main« Ausdruck. So erklärte Dior seinem Freund und Chef Raymond Thuilier gegenüber: »Die Zutaten, die wir beim Kochen verwenden, sind ebenso edel wie die Materialien, die in der Couture verwendet werden. Was mir an meinem Beruf gefällt, ist, dass man seinen Geist und seine Hände zusammenbringen muss. Beim Kochen geht es mir genauso.«
Markenbotschaft mit Biss
Es ist aber nicht mehr (nur) die Liebe der einzelnen Couturiers gutem Essen gegenüber, die die Maisons antreibt, ihre Boutiquen um gastronomische Etablissements zu ergänzen. In Zeiten von Social Media und dem ständigen Kampf um Aufmerksamkeit müssen sich die Häuser neue, erweiterte Strategien überlegen, um anziehender für Konsumenten zu werden. Luxus wird daher immer mehr als Erlebnis konzipiert. Eine BOF-Umfrage aus dem Jahr 2023 etwa hat festgestellt, dass kuratierte Einzelhandelserlebnisse Glücksgefühle, Neugier und Inspiration bei Käufern auslösen. Dabei sind es vor allem gastronomische Einrichtungen, die die Attraktivität der Marken immens steigern und dazu beitragen, Markenbekanntheit und Community Engagement aufzubauen. Auch kann das Lokalkolorit besser in die globalisierte Markenidentität eingebunden werden und die Bindung der Käufer stärken. So sind bereits 49 Prozent der Luxuskonsumenten der Meinung, dass Modehäuser heutzutage mehr bieten sollten als bloßen Verkauf. Auch eine Umfrage von Gitnux belegt dies: 63 Prozent erstehen laut eigenen Angaben nicht bloß Luxusgüter, sondern Erlebnisse. Dieser Trend zeigt sich unter anderem in der berühmten Dior Paris 30 Montaigne, die sich seit 2022 als ganzheitlicher Megastore mit Boutiquen, Gärten, Restaurant, Café und Patisserie präsentiert. In Rom beweist die Maison Fendi mit ihrem »Ristorante della Galleria« im Palazzo Rhinoceros, dass Hotellerie, Gastronomie, Kunst und Mode eindeutig zueinander gehören. Wer hingegen nach Milano reist, findet sich dort unter anderem in der Fondazione Prada ein, wo Wes Anderson 2015 die »Bar Luce« in der für den Filmemacher so ikonischen Retro-Optik gestaltete. Ein äußerst lukrativer Nebenverdienst für die Modehäuser also, der nicht nur mehr Umsatz generiert, sondern auch die Markenbekanntheit fördert. Denn dass man mit den Pop-ups, Bars, Cafés und Restaurants vor allem auch Millennials und die Gen Z ansprechen möchte, die ihr persönliches kulinarisches Erlebnis auf den sozialen Medien teilen, ist Teil der Strategie, legen doch Studien nahe, dass die Einkünfte des Luxusmarktes bis 2025 zu 55 % von diesen Altersgruppen stammen werden.
Fashion findet zu Food
Seinen Anfang nahm die Aufnahme der Gastronomie in die Tempel der Modehäuser übrigens schon vor Jahrzehnten. Giorgio Armani eröffnete 1998 das erste Restaurant der Marke in Paris, mittlerweile zählt das Portfolio über 20 Dependancen weltweit. 2004 war es das Label Chanel, das mit Starkoch Alain Ducasse in Tokio gemeinsame Sache machte und »Beige« eröffnete, das 2018 renoviert wurde und mittlerweile unter der Leitung von Kei Kojima steht. Das Design ist eine Ode an die Lieblingsfarbe der Modeschöpferin. Bulgari wiederum lädt, nach den Erfolgen in Dubai, Peking, Shanghai, Mailand, Paris und Tokio, seit diesem Sommer ins »Bulgari Hotel Roma« – und zugleich in ein weiteres »Il Ristorante«, kuratiert von Michelin-Sternekoch Niko Romito, der zwischen natürlichen Erdtönen, feurigem Rot, Bulgari-Kunst und mahagonigetäfelten Wänden neu interpretierte italienische Traditionsrezepte serviert. Eine Hommage an Gianni Versaces berühmtes Fotoshooting für seine letzte Haute-Couture-Kollektion erlebt man im »La Scala del Palazzo« im Palazzo Versace Macau, das dieses Frühjahr unter der Kreativleitung von Donatella im »Grand Lisboa Palace Resort« teileröffnet wurde: Italienische Klassiker wie Carpaccio di Manzo oder Gnocchi alla Sorrentina werden auf dem exklusiven »La Scala del Palazzo«-Porzellan der Geschirrkollektion »Rosenthal meets Versace« serviert, dessen Design sich von der Marmortreppe im Palazzo Versace in Mailand inspiriert zeigt. Vor allem ist es aber die Maison Louis Vuitton, die unzählige kulinarische Adressen zählt, von Cafés wie »Le Café V«, das 2020 in Osaka eröffnete, über Pop-ups wie das »koyi at Louis Vuitton«, das Fashionistas und Gourmets dieses Frühjahr nach Seoul lockte, bis hin zu »Arnaud Donckele & Maxime Frédéric at Louis Vuitton«. Das Open-Air-Restaurant eröffnete erstmals letztes Jahr im »White 1921 Hotel« in St. Tropez unter der Leitung von Mory Sacko und trumpft dieses Jahr mit neuen Gastköchen und frischem Designkonzept auf – ganz im Geiste der Sommerkollektion »LV By The Pool«. Dann wäre da noch »The Hall by Louis Vuitton«, das erste permanente Restaurant des Modehauses in China, das die Luxusboutique in der Maison Chengdu auf kulinarischer Ebene ergänzt. Eine der bekanntesten Ketten wurde 2018 von Gucci etabliert: die »Gucci Osteria da Massimo Bottura«. Was mit einem Restaurant in Florenz begann, ist heute eine Kette mit vier Adressen auf drei Kontinenten. Die neueste davon finden Modehungrige in Seoul vor, wo man sich stilistisch am Flagship-Restaurant orientiert. Die eklektische Ästhetik der Marke findet vor georgianischen Terrassentüren und bunten Marmormosaiken statt, zu den Referenzen an die italienische Renaissance gesellen sich sternförmige, moderne Deckenleuchten und das ikonische Gucci-Grün. Auch Bars und Cafés reihen sich in diese exklusive Liste: Ralph Lauren etwa widmet sich der Kaffeebohne und lädt mit »Ralph’s Coffee Shop« an 22 Standorten weltweit zu einer Tasse kolumbianischer Röstung im Retro-Ambiente; seit diesem Sommer auch in The Shoppes at Marina Bay Sands in Singapur. Morgens trifft man sich hingegen bei Harrod’s in London, wo das »Tiffany Blue Box Café« Gäste seit 2020 im stilechten Türkis erwartet und feine Petit Fours, echte Kristallzuckerkunstwerke, kredenzt. Apropos Harrod’s: Auch Prada hat in den Hallen des renommierten Kaufhauses ein Café eröffnet. Das »Prada Caffè« serviert Frühstück, Mittag- und Abendessen sowie Aperitifs in schickem Ambiente, man diniert an Tischen aus schwarzen Marmor auf Regency-Stühlen in grünem Samt, umgeben vom typischen Mintgrün der Maison. Lust auf Drinks? Dann führt der Weg wieder nach Mailand: Im Ende letzten Jahres renovierten, glamourösen »DG Martini®« überzeugt nicht nur die exquisite Menükarte, sondern auch das Design, das schon beim Eintritt in die Bar durch die beiden mit roten Röhrenelementen verzierten Portale ins Staunen versetzt. Für die elegante Neugestaltung zeichnet Eric Carlsons Architekturbüro Carbondale verantwortlich.
Luxus als Geschmackserlebnis
Couture und Cuisine werden auch in Zukunft gemeinsame Wege beschreiten, so viel steht fest. Modehäuser haben erkannt, dass es im Zeitalter von Social Media nicht mehr nur darum geht, hochwertige Luxusartikel anzubieten. Die Marke und ihr Design werden zum Erlebnis erhoben – und Luxuskonsumenten wollen zeigen, wen sie tragen und wo sie ihre Zeit verbringen. Und welche Kulisse wäre wohl besser geeignet als ein Café ganz im Stil von Tiffany und Co oder ein Restaurant im Geiste Gianni Versaces?