© Paul Levack

Emanuel Layr: »Kunst verleiht jedem Zuhause eine hohe Qualität«

Galerist Emanuel Layr verrät, wie man eine Kunst-Sammlung beginnt, weshalb es lohnend ist, sich im eigenen Zuhause mit Kunst zu umgeben und wie man das angehende Sammler-Auge schult. In seiner Wiener Innenstadt-Galerie setzt er gezielt Akzente, um die Eintrittsschwellen in den Kunstkosmos zu minimieren.

22.06.2023 - By Verena Schweiger

LIVING: Sie führen eine international renommierte Galerie in Wien und haben unter ihren Kund:innen viele junge Sammler:innen. Was raten Sie Menschen, die kunstinteressiert sind und sich Zuhause mit Kunst umgeben möchten?

Emanuel Layr: Zuerst einmal rate ich, sich Zeit zu nehmen, das Auge zu schulen und nicht überstürzt mit einem Ankauf zu beginnen. Man sollte in diesen Kosmos im ersten Schritt als Beobachter eintauchen, Künstler:innen kennenlernen und deren Schaffen für sich erfassen, um langsam zu entdecken, was für einen passt, was einen interessiert und begeistert. Man sollte sich so viele Ausstellungen in Galerien, Museen aber auch in Kunstvereinen ansehen. Darüber hinaus kann ich auch diverse Freundeskreise von Museen wie dem MUMOK, MAK, Leopold oder der Seccession empfehlen. Dort kann ein Austausch stattfinden, der weitere Querverbindungen schafft. 

Mit Kunst zu leben ist eine sehr persönliche Angelegenheit, man umgibt sich mit ihr im privaten Umfeld. Was ist dabei zu bedenken?

Ich empfehle jedem, sich mit Kunst jenseits des Dekorativen zu umgeben. Man hat dann nicht nur einen roten Fleck über dem Sofa, der zur Einrichtung passt, sondern etwas, das den Geist stimuliert und insofern eine völlig neue Lebensqualität im eigenen Zuhause einbringt. Dafür sollte man Werke wählen, mit denen man in irgendeiner Form einen inneren Anknüpfungspunkt hat. Gute Kunst muss auch nicht immer teuer sein, es gibt großartige Arbeiten für ein sehr überschaubares Budget. Zu bedenken sind allerdings ganz banale Dinge, wie das vorhandene Platzangebot. 

Zum Thema Preis: Der Kunstmarkt hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert, sehr viel Kapital ist in den Markt geflossen, und es wird teils zu astronomischen Preisen gehandelt. Inwiefern ist Kunst als Investment für Sammler:innen ein Thema?

Kunst als reines Investment zu sehen und unter diesem Augenmerk zu kaufen, empfehle ich nicht. Es gibt sehr wenige, denen es tatsächlich gelingt nennenswerte Gewinne zu erzielen,  aber dies ist eher ein positiver Nebeneffekt nach vielen Jahren. Vordergründig mit Kunst zu spekulieren interessiert mich eigentlich nicht. Als privater Sammler sollten intellektuelle und emotionale Momente im Mittelpunkt stehen. Ein geschultes Auge und ein gutes Gespräch über Kunst ist nachhaltiger als ein kurzfristiger Investmentgedanke.

Sieht man sich in Österreich im hochpreisigen Immobilienbereich um, ist auffällig, dass Kunst oftmals entweder zur Gänze fehlt oder Vorhandenes von nicht besonders hoher Qualität, sprich rein dekorativ, ist. Woran liegt der offenbar geringe Stellenwert?

Ich denke, das ist ein allgemeines Bildungsproblem, welches bereits in der Schule beginnt. Kunst oder Kunstgeschichte sind in Österreich nicht teil des verpflichtenden Bildungskanons. Hat man durch Familie oder Freunde keinen Zugang dazu, bleibt der Bereich oft unerschlossen. Was schade ist. Als Galerist sehe ich mich hier durchaus in der Rolle des Kunstvermittlers. Die Galerie steht jede Woche für mehrere Tage offen, mit freiem Eintritt, einfach zu begehen. Darüber hinaus gibt es Eröffnungen, Diskussionen und Vorträge um die Kunst zu vermitteln und um die Hemmschwelle des Eintauchens in diese Welt bewusst zu minimieren und auch neue Menschen dafür zu interessieren. Wien ist ein guter Platz, um Kunst zu entdecken. 

Im Dezember 2022 haben Sie große, neue Räumlichkeiten in der Wiener Innenstadt bezogen. Ist Wien ein guter Galerie-Standort? 

Die Galerieszene in Wien hat in den letzten zehn Jahren sehr gewonnen. Wien hat sich in Europa als Standort etabliert, an dem Galerien eröffnet und nicht geschlossen werden. Meine Anfänge, waren aber durchaus hart und ich hatte mit starkem Konkurrenzdenken zu kämpfen. In den vergangen zehn Jahren sind neue Kolleg:innen hinzugekommen, die ein ambitioniertes Programm zeigen. Man befeuert sich eher gegenseitig, als dass man sich bekämpft. In diesem Sinne fühle ich mich in Wien sehr wohl. Aber natürlich sind auch internationale Käufer:innen wichtig für uns, besonders in Asien wächst eine spannende, neu Sammlergesellschaft heran.

Emanuel Layr, Galerist
Geboren in Zwettl, 2005 Gründung der Galerie »layr:wuestenhagen« mit Thomas Wüstenhagen, 2011 erfolgte die Grüdung der Galerie »Layr«, die mittlerweile einen Standort in Rom betreibt. Sein Künstler:innen Portfolio umfasst international renommierte Kunstschaffende wie Cécile B. Evans, Stano Filko oder Philipp Timischl. Mit seinem hochwertigen Galerieprogramm ist Emanuel Layr auf den Messen der »Art Basel« vertreten, weiters ist der Galerist als Art Advisor für internationale Sammlungen tätig. www.emanuellayr.com

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