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Expert:innen Talk: Pool oder Schwimmteich

Es gibt in Österreich rund 200.000 private Pools. Doch was sind die konkreten Vor- und Nachteile von klassischen Swimmingpools, Naturpools und ökologischen Schwimmteichen? Ein Round Table mit dem GFK-Pool-Hersteller Johann Poinstingl, dem Schwimmteich-Verbands­vorstand Wolfgang Zauner und der Wiener Landschaftsarchitektin Carla Lo.

30.06.2023 - By Wojciech Czaja

Header Bild: Trockenübung in H2O-Mission Wie wollen wir baden und schwimmen? Und wie lauten die Argumente, die für eine bestimmte Bauweise sprechen? Darüber diskutieren Wolfgang Zauner (l.), Vorstand im Verband Österreichischer Schwimmteich- & Naturpoolbau (VÖSN), Carla Lo, Landschaftsarchitektin und Lehrende in Wien und Kassel, sowie Johann Poinstingl, CEO der Poolmanufaktur Leidenfrost. 

LIVING Waren Sie heuer schon schwimmen? 

Johann Poinstingl Ich wohne in Eggenburg und habe zu Hause einen großartigen Pool. Seit Mitte Mai bin ich regelmäßig im Wasser, am allerliebsten mit meinen vier Enkelkindern. Einen Pool zu Hause zu haben, das fühlt sich an, als wäre man auf Urlaub. 

Wolfgang Zauner Ich war Ende Mai erstmals im Wasser. Wir haben in unserem Betrieb im Mühlviertel einen Naturpool zu Demozwecken für unsere Kund:innen und wenn es warm ist, nutzen meine Mit-arbeiter:innen und ich ihn zum Schwimmen. 

Carla Lo Ich bin die Spielverderberin hier in der Runde. Ich war heuer noch nicht schwimmen. Wir hatten einen kalten -Frühling, das Wasser ist mir noch nicht warm genug. 

Ab wie viel Grad passt es für Sie? 

Lo Der Attersee hat im Sommer an die 23 Grad, das ist wunderbar! 

Poinstingl 22 bis 26 Grad. Ich heize mein Haus und den Pool mit Tiefenbohrungen und Erdwärme.  

Zauner Da bin ich ja richtig abgehärtet gegen Sie beide! Ich gehe ab 20 Grad ins Wasser. 

Welchen Stellenwert hat das private Baden in Österreich? Seit wann gibt es Swimmingpools im Einfamilienhausbereich? 

Poinstingl Für die betonierten und abgedichteten Pools kann ich das nicht sagen. Aber in unserem Unternehmen produzieren wir GFK-Pools – also Becken aus glasfaserverstärktem Kunststoff – seit über 50 Jahren. Ganz generell würde ich sagen, dass das Baden und Schwimmen am Privatgrundstück in der Nachkriegszeit entstanden ist, also mit dem Siegeszug des Einfamilienhauses und dem zunehmenden Wohlstand unserer Gesellschaft in Westeuropa. 

Lo Die Wiener:innen und Österreicher:innen waren immer schon leidenschaftliche ­Badende. Ich denke da nur an die vielen Seen in Kärnten und im Salzkammergut, an den Neusiedler See, das sogenannte »Meer der Wiener«, an das Gänsehäufel, aber beispielsweise auch an den Wienfluss im 19. Jahr­hundert, als er den Wiener:innen unter dem Namen »Wiener Riviera« als Badeoase ­diente. Bis in die 1950er-Jahre konnte am im Wienfluss baden. Es gibt tolle historische Fotos! 

Zauner Ach, historische Badekultur ist etwas wirklich Wunderschönes! Ich denke da nur an die alten Thermalbäder in Österreich, Ungarn, Böhmen und Mähren, an die traditionellen türkischen und arabischen Hamams, aber auch an die traditionellen Onsen in Japan. Und wir dürfen nicht vergessen: Die ältesten historisch überlieferten Einfamilienhäuser mit eigenem Schwimmbad das sind die Villen im antiken Rom. Das Thema ist also uralt. 

Und wann hat das Schwimmen im Naturpool und Schwimmteich begonnen? 

Zauner Generell müssen wir zwischen Naturpool und Schwimmteich unterscheiden. Einerseits gibt es den Naturpool, ein ganz ­normales Becken, allerdings mit natürlichem Wasser gefüllt, ohne chemische Zusatzstoffe. Andererseits gibt es den Schwimmteich – das ist ein zwar künstlich angelegter Teich, aber in großer Anlehnung an die Natur, mit Pflanzen als biologische Regenerationsfläche. Begonnen hat diese Technologie vor rund 40 Jahren, also in den frühen Achtzigern, und zwar ­tatsächlich in Österreich. 

Wie weit verbreitet sind denn die einzelnen ­Produkte und Bauweisen? 

Lo Herr Poinstingl und Herr Zauner, Sie ­kommen beide aus dem ländlichen Raum und bedienen mit Ihren Produkten eher den ­Einfamilienhausbereich. In der Stadt ist die Situation eine ganz andere. Darf ich daher mit einer öffentlichen Perspektive auf das Thema beginnen? Denn ich denke, dass die gesellschaftliche Lage mit der Privatsituation stark zusammenhängt. 

Inwiefern? 

Lo In den alten Gemeindebauten im Roten Wien, aber auch bis in die 1970er- und 1980er-Jahre hinein gab es immer wieder Brunnen, Fontänen und Wasserspiele. In den letzten Jahrzehnten sind die Wasserelemente aus der Stadt zunehmend verschwunden – aus betriebstechnischen Überlegungen heraus, vor allem aber auch aus Haftungs- und Versicherungsgründen. Mit Wasser zu planen und zu bauen galt eine Zeit lang als völlig abstrus. 

Und heute? 

Lo Das Wasser als gestalterisches Element und auch als Badefläche findet allmählich wieder den Weg zurück in die Stadt. Wir merken in unseren privaten und öffentlichen Projekten, dass Wasser wieder vermehrt nachgefragt wird. Und ich kann mir gut vorstellen, dass sich dieser Trend auch auf dem privaten Markt widerspiegelt. 

Poinstingl Und wie! Seit der Coronapandemie, aber auch aufgrund der Klimadebatte, der zunehmenden Temperaturen und des Infragestellens des privaten Flugverkehrs erlebt das Baden in unserem Sektor seit ­einigen Jahren einen unglaublichen Aufschwung. Das merken wir auch in unseren Verkaufszahlen. 

Zauner Wir merken das auch in der Hotellerie. Immer mehr Hotels und Spas greifen auf Schwimmteiche zurück und wollen so etwas den Gästen unbedingt anbieten. Ein Bauen ohne Wasser ist heute unvorstellbar. 

Lo Wir merken auch, dass öffentliche ­Wasseranlagen in der Stadt, die zehn oder 20 Jahre außer Betrieb waren, nun wieder in Gang gesetzt werden. 

Herr Poinstingl, wie weit verbreitet ist denn der Swimmingpool in Österreich? 

Poinstingl Wir als Firma Leidenfrost sind in der Lage, pro Jahr 500 Pools zu produzieren. Die Nachfrage hat in den letzten Jahren zugenommen, wobei seit Anfang dieses Jahres die Verkaufszahlen eher wieder stagnieren. Aus den Statistiken wissen wir, dass es in Österreich 150.000 bis 200.000 Swimmingpools gibt. 

Und im Bereich Schwimmteich? 

Zauner Absolute Zahlen, wie viele Schwimmteiche in Österreich existieren, sind mir nicht bekannt. Als Vorstand des Verbands Österreichischer Schwimmteich- & Naturpoolbau (VÖSN) kann ich allerdings sagen, dass wir als Verband jährlich rund 400 Anlagen errichten. Nicht alle Schwimmteich- und Naturpoolbauer:innen sind Verbandsmitglieder, die tatsächliche Zahl liegt also viel höher. 

400 bis 500 Anlagen pro Jahr, insgesamt 200.000 Pools in ganz Österreich – das sind enorme Zahlen. Frau Lo, inwiefern hängt diese Entwicklung mit der Zersiedelung, ­Versiegelung und der starken Dominanz des Einfamilienhauses zusammen? 

Lo Leider sehr stark! Österreich ist ein Häuslbauer:innen-Land, das Einfamilienhaus ist die beliebteste Wohnform hierzulande. Nicht nur die Einfamilienhäuser ­sorgen für Zersiedelung und Versiegelung, sondern auch jeder einzelne Pool ist eine Versiegelung von Grund und Boden. 

Poinstingl Das sind doch Biotope für Mensch, Fauna und Flora! Wie oft habe ich schon Vögel in unseren Pools baden sehen …

Zauner Gerade wegen der Bodenversiegelung ist es besonders wichtig, nachhaltige und natürliche Anlagen zu errichten. In dicht verbauten Siedlungsräumen sind Schwimmteiche Naturerlebnisräume – da geben wir dem Ökosystem wieder viel zurück! 

Lo Egal, ob Pool oder Teich: Das sind ­künstlich angelegte bauliche Anlagen und somit versiegelte Flächen. Mich persönlich erschreckt der Blick auf Google Maps oder Google Earth. Die Dichte an Swimmingpools, die sich hinter unseren Thujenhecken verstecken, ist gewaltig. 

Wie ist die Situation in anderen Ländern? 

Poinstingl Österreich ist ein richtiges Swimmingpool-Land. In Deutschland und Frankreich ist die Situation recht ähnlich. Das hängt natürlich mit der Flächenver­fügbarkeit und dem gesellschaftlichen ­Wohlstand zusammen. Wir leben in einer Dienstleistungsgesellschaft, und im Sinne der Work-Life-Balance belohnen sich die Menschen gerne mit einem eigenen Pool. 

Ich möchte mit Ihnen über konkrete Vor- und Nachteile der einzelnen Bauweisen sprechen. Fangen wir mit dem klassischen Swimmingpool an. 

Poinstingl Man kann auf relativ kleiner Fläche – ab zehn Quadratmetern aufwärts – eine schöne Lösung schaffen, die sich um einige technische Gadgets leicht erweitern lässt. Dazu zählen etwa eine Gegenstrom-Schwimmanlage bei besonders kleinen Becken, eine nachrüstbare Möglichkeit, das Wasser mit PV-Strom oder mithilfe einer geothermischen Tiefenbohrung zu temperieren, oder eine Abdeckung mittels Rollbahn, damit das Wasser bei Schlechtwetter nicht abkühlt oder verunreinigt wird. Und: Wenn man ihn mit einer guten Dosieranlage ­ausstattet, und zwar mit 0,4 Milligramm Chlor pro Liter, dann erreicht man sogar ­Trinkwasserqualität. 

Und die Nachteile? 

Poinstingl Ein Pool braucht Pflege. Mit der Badchemie, der Wasserfiltration, der Reinigung und gegebenenfalls auch mit einer Beheizung oder Gegenstromanlage habe ich natürlich einen gewissen Pflege-, Reinigungs- und Servicebedarf. Das macht sich nicht von allein. Im Durchschnitt würde ich den Pflege- und Serviceaufwand auf etwa 1.500 Euro pro Jahr schätzen. 

Herr Zauner, was sind die Vor- und Nachteile beim naturnahen Schwimmteich? 

Zauner Stilistisch und architektonisch ist mehr oder weniger alles machbar. Nachdem wir nicht mit GFK-Teilen arbeiten, sondern die Baugrube vor Ort mit Folien auskleiden, können wir jede Form und jede Größe herstellen. Man kann aber auch, wenn man möchte, ein vorgefertigtes Becken verwenden. Der große Unterschied zum klassischen Swimmingpool ist: Statt mit einem Chlorfilter arbeiten wir mit einem Kiesfilter. Ein großer Vorteil ist, dass wir das Becken im Winter nicht auslassen müssen, sondern einfach sich selbst und der Natur überlassen können. Das Wasser friert wie in einem ganz normalen Naturteich zu und kann sich im Frühjahr nach dem Auftauen mithilfe der Flora wieder von selbst regenerieren. Damit können wir die Wasserverschwendung stoppen. 

Und die Nachteile? 

Zauner Es gibt eine wichtige Anforderung: Bei einem Schwimmteich muss man eine Regenerationsfläche mit einem ganz bestimmten Pflanzenmix vorsehen. Das Verhältnis von Schwimmfläche zur Regenerationsfläche ist eins zu eins, die genaue Bepflanzung hängt von der geografischen und klimatischen Lage, von der Seehöhe sowie von mikroklimatischen Besonderheiten ab. 

Was ist Ihnen denn lieber aus Ihrer Sicht als Landschaftsarchitektin? 

Lo Die beiden Varianten Swimmingpool und Schwimmteich sind so unterschiedlich, dass man das fast nicht vergleichen kann. Mit Swimmingpools und Schwimmteichen lassen sich ganz unterschiedliche stilistische, ­gestalterische, architektonische Vorstellungen umsetzen. Es kommt darauf an, was die Kund:innen sich wünschen. Ich denke, da ist für jeden Geschmack etwas dabei. 

Wie schaut es denn mit den Kosten aus? 

Lo Was die reine Gartengestaltung ohne Pool betrifft, so starten wir im sozialen, geförderten Wohnbereich bei 120 bis 140 Euro pro Qua­dratmeter Gartenfläche. Aber das ist mit ­Gartenanlagen im Privatbereich nicht vergleichbar. Die wirklich schönen Privatgärten, die man im Falstaff Living beim Durch­blättern sieht, liegen wahrscheinlich bei 1.400 bis 1.800 Euro pro Quadratmeter. Je größer die Bäume, desto teurer. 

Poinstingl Ein durchschnittlich großer Swimmingpool liegt bei etwa 40.000 Euro inklusive Baumeisterarbeiten. Nach oben sind keine Grenzen gesetzt. Wir haben auch schon private Pools für 150.000 Euro errichtet. 

Zauner Für eine feine Gartengestaltung würde ich sagen: Bitte an die 15 bis 18 Prozent des Einfamilienhausbudgets für den Garten kalkulieren! Das ist ein guter Richtwert. Was die Errichtung eines Schwimmteichs betrifft, so würde ich je nach Geologie und Topografie mit zumindest 400 bis 600 Euro pro Quadratmeter rechnen – vom Erdaushub bis zur ­kompletten Bepflanzung. 

Wie lautet Ihr Wunsch für die Zukunft? 

Zauner Wir bauen bereits Schwimmteiche in Hotels ein, allmählich bekommen wir auch schon Anfragen von Bauträgern und Wohnbaugenossenschaften. Das freut mich sehr, denn das sind wertvolle Lebensräume für ­Kinder und Erwachsene. Bitte mehr davon! 

Poinstingl Ich wünsche mir, dass die ­Politik das Potenzial von Pools und Teichen entdeckt und entsprechende Gesetze verabschiedet, was etwa die azyklische Befüllung oder die Nachnutzung von Poolwasser betrifft. Da wäre noch so viel zu tun!

Lo Im August 2020 gab es vor dem Wiener Westbahnhof einen temporären Pool unter dem Titel »Gürtelfrische West« – ein sehr schönes Projekt, das eine lebendige Diskussion ange­stoßen und eine Alternative für all jene geboten hat, die in der dicht verbauten Stadt leben. Ganz generell wünsche ich mir, dass auch die Großstadt wieder den Reiz des Wassers entdeckt. 

Die Gesprächspartner:innen

Wolfgang Zauner (52) absolvierte eine Lehre als Landschaftsgärtner, vollendete die Meisterprüfung und gründete 2001 sein Unternehmen Garten Zauner mit Sitz in Kleinzell, Mühlviertel. Er plant und gestaltet Gärten, Naturpools und Schwimmteiche und ist zudem Vorstand im Verband -Österreichischer Schwimmteich- & Naturpoolbau (VÖSN). Insgesamt errichten die österreichischen Verbandsmitglieder rund 400 Schwimmteiche pro Jahr. gartenzauner.com, schwimmteich.co.at

Carla Lo (46) ist in Heidelberg geboren und studierte Landschaftsarchitektur in Wien. Sie ist Ingenieurkonsulentin für Landschaftsplanung und -pflege und gründete 2009 ihr eigenes Landschaftsplanungs-büro. Eines ihrer bekanntesten Projekte sind die »Schwimmenden Gärten« auf der Kaiserbadschleuse im Donaukanal. Sie ist Gastprofessorin an der Universität Kassel sowie Lehrbeauftragte an der BOKU Wien und der TU Wien. uni-kassel.de, boku.ac.at

Johann Poinstingl (64) bestand eine Lehre zum Drogisten und ist seit 1980 im Unternehmen Leidenfrost-Pool tätig. Seit 2000 ist er Geschäftsführer. Das Familienunter-nehmen mit Sitz im niederösterreichischen Eggenburg wurde 1948 gegründet und produziert rund 500 Swimmingpools und Anlagen pro Jahr. Außerdem ist er Präsident des österreichischen Schwimmbadverbands. leidenfrost.at

© J. Kernmayer

Erschienen in:

Falstaff LIVING Nr. 04/2023

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