Extremwetter: Gefahr für Immobilien
Starkregen, Überschwemmungen oder Erdrutsche – der vergangene Sommer hat wieder gezeigt, wie unberechenbar und zerstörerisch die Natur beziehungsweise das Wetter sein kann. Immer öfter kommt es auch in unseren Breiten zu extremen Wetterbedingungen, welche Landschaft und Gebäude teilweise schwer schädigen.
27.12.2023 - By Walter Senk
Zischen 2011 und heute verzeichnete die Wiener Städtische Versicherung österreichweit Schäden von mehr als 1,1 Milliarden Euro nur durch Naturkatastrophen. »Derartige Ereignisse, die in der Vergangenheit alle 30 bis 50 Jahre vorgekommen sind, werden künftig in sehr viel kürzeren Abständen und in höherer Intensität auf uns zukommen, da sich Österreich in einer sehr exponierten geografischen Lage befindet«, erklärt dazu Doris Wendler, Vorstandsdirektorin der Wiener Städtischen Versicherung.
Immer mehr Regionen bedroht
In unseren Breiten sind es vor allem Stürme, die sich in den letzten Jahren häuften und zu teilweise massiven Zerstörungen bei Immobilien geführt haben. Vor allem der oft damit einhergehende Starkregen und die mit diesem verbundenen Hochwassersituationen bedrohen immer mehr Regionen in Österreich. Harmlose kleine Bäche verwandeln sich plötzliche in reißende und breite Ströme, die eine Spur der Verwüstung ziehen. Stromausfälle oder unbenutzbare Gleise und Straßen sind dabei noch das geringere Übel. Richtig schlimm werden diese Unwetter für die Menschen, wenn sie vor allem die eigene Immobilie betreffen. Doris Wendler: »Heuer traf es vor allem Kärnten, die Steiermark und den Westen Österreichs, die Jahre davor waren Salzburg, Ober- und Niederösterreich von Sturm, Hagel und Hochwasser schwer betroffen.« Kurz gesagt, es gibt kaum eine Region in Österreich, die nicht von Naturkatastrophen in Mitleidenschaft gezogen wird – »und viele Menschen sind gegen diese Schäden an ihren Häusern nicht ausreichend versichert«. Und das in einem Land, in dem das eigene Haus in der Sehnsuchtsstatistik der Bürger:innen traditionell ganz oben steht: Laut einer Trendstudie von ImmoScout24 möchte sich jede:r Zweite unter 30 Jahren in Österreich irgendwann einmal ein eigenes Haus bauen. Besonders im Westen des Landes sowie in Niederösterreich und dem Burgenland hat der Hausbau einen hohen Stellenwert. Da aber Grund und Boden immer knapper wird, wurden und werden die Häuser auch in Gegenden gestellt, die sich nicht unbedingt dafür eignen. »Es gibt immer noch viele Menschen, die beim Kauf oder Bau einer Immobilie die lokalen Gegebenheiten und deren potenzielle Auswirkungen in Form von Naturkatastrophen nicht berücksichtigen«, erklärt Peter Humer, Vorstand Kunde & Markt Österreich bei der UNIQA Insurance Group AG. Zu solchen Faktoren gehören beispielsweise die Nähe zu stehenden oder fließenden Gewässern, insbesondere Wildbächen, exponierte Hanglagen oder über das Grundstück abfließende Oberflächenwässer. Aber in dieser Dimension muss man nicht einmal denken. Oft entstehen Schäden an den Häusern bereits durch triviale Fehler, wie Peter Humer aus Erfahrung weiß: »Zum Beispiel durch mangelnde Sorgfalt oder unsachgemäße Pflege entsprechender Entwässerungseinrichtungen wie etwa Regenrinnen.«
Die wirklich schlimmen Fälle
Wer eine Wohnung in der Stadt gewohnt ist, der vergisst beim eigenen Haus – egal ob neu gebaut oder gekauft – gerne, dass hier ganz andere Gegebenheiten herrschen. Welche
das sind, darüber wird man sich erst in den entsprechenden Situationen klar. »Welche Gebiete tendenziell wie stark von Unwettern betroffen sind, ist natürlich von der Unwetterart abhängig und von den Regionen, so Peter Humer. Schneedruck kommt eher in höher gelegenen Gebieten vor, während ein Donauhochwasser Schäden in großflächigen Gebieten in Oberösterreich und Niederösterreich verursacht. Bei Starkregenereignissen – wie sie sich heuer in Kärnten ereignet haben – sei schwer vorherzusagen, welche Gebiete es wie stark trifft, so Peter Humer: »Generell haben wir in den vergangenen Jahren gesehen, dass insbesondere die südlichen Bundesländer bei typischen Sommerunwettern mit Hagel, Sturm und Starkregen vermehrt betroffen waren.«
Regelmäßiger Polizzencheck
Gegen die Naturgewalten kann die oder der Einzelne nichts unternehmen, gegen die finanziellen Folgen allerdings schon. »Immobilienbesitzer:innen sollten darauf achten, die genauen Versicherungsmöglichkeiten mit ihrer:ihrem Berater:in abzuklären«, empfiehlt Peter Humer. Vor allem sollte bei bestehenden Immobilien die sich verändernde Wettersituation einkalkuliert werden. Oft wurden Versicherungen vor Jahren abgeschlossen, die damals gepasst haben, aber heute nicht mehr den aktuellen Gegebenheiten entsprechen. »Immobilienbesitzer:innen sollten regelmäßig einen Polizzencheck durchführen«, rät auch Doris Wendler, »der Versicherungsschutz reicht oft nicht aus, weil die Deckungssumme oftmals zu gering ist, da Wertanpassungen nicht in allen Verträgen vereinbart sind.« Beispielsweise können große Wertsteigerungen bei Immobilien, wie etwa Zubauten, Photovoltaikanlagen oder ein Pool, hinzugekommen sein. Die unterschiedlichen Varianten, die Versicherungen bieten, können sich den jeweiligen Gegebenheiten der Immobilie anpassen. Nullachtfünfzehn-Verträge sind unbedingt zu vermeiden, denn in jedem Einzelfall ist die »tatsächliche Risikolage relevant«, weiß Peter Humer. Die beste Versicherung ist natürlich immer noch diejenige, die man nicht braucht. Aber wenn es einmal zu unwetterbedingten Schäden kommt, ist die Versicherung, die man nicht abgeschlossen hat der »Worst Case«.