© Mario Webhofer

Heißes für kalte Tage: Kamine, Öfen und Feuerstellen

Kamine, Öfen und Feuerstellen sind beliebt wie nie. Das hat ein bisschen mit der menschlichen DNA zu tun, aber auch mit der Energiekrise. LIVING hat mit dem renommierten ­Kamin-Architekten Manfred Bauer gesprochen, inklusive ­Best-Practice-Beispiele für gekonnte Feuerinszenierungen.

18.12.2023 - By Manfred Gram

Das ist jetzt nur eine Vermutung, aber eine, die nicht aus dem Nichts kommt: Als der Mensch oder – besser – der Homo erectus vor gut 1,8 Millionen Jahren erstmals mit Feuer hantierte, hat er wohl gleich auch einmal bemerkt, dass dieses zerstörerische Element neben Wärme auch für Entspannung sorgt, sofern man es im Griff hat. Erst recht, als spätestens vor gut 32.000 Jahren Steinzeitmenschen lernten, wie man mit Feuersteinen selbst Feuer macht. Ein zivilisatorischer Fortschritt, denn ohne Feuer kein Schutz vor wilden Tieren, keine warme Höhle, keine Keramik, kein gutes Supperl oder gekochtes, einfacher zu verdauendes Fleisch, kein Dampf, keine Maschine, keine industrielle Revolution usw. Die Magie des Feuers, seine ebenso konstruktive wie zerstörerische Kraft ist tief in die menschliche DNA – nun ja – eingebrannt.

Guter Stand Frei stehende Öfen haben etwas Beruhigendes, insbesondere, wenn sie perfekt inszeniert werden.

© Gutbrod Keramik

Modern Diese Feuerstelle bricht mit Vorstellungen, die man üblicherweise im Kopf hat, wenn man das Wort Kachelofen hört.

© beigestellt

Stilvoll befeuern

Dementsprechend wenig verwundert ist man, wenn Manfred Bauer erklärt: »Das ­Interesse an Kaminen und Öfen ist seit Jahren ungebrochen. Kaum jemand verzichtet darauf, wenn er neu baut.« Bauer muss es wissen. Seit fast 30 Jahren plant und stellt er gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Josef Mandl bestens beleumundete Kamine her. Das Duo bringt mit seinen mittlerweile 18 Mitarbeiter:innen Feuer ins Haus und hat es, auch wegen hehrer Ansprüche in Sachen Optik und Design, in die Oberliga der Kaminbauer geschafft. Kamine und Öfen ausdem Hause Mandl & Bauer sind gefragte Prestigeobjekte. Rund 200 Projekte werden aktuell im Jahr verwirklicht. Sie sind alle ökologisch am Puls der Zeit, erfüllen strenge Auflagen die Emissionen betreffend und weisen eine hohe Energieeffizienz auf. Nicht unwichtig, denn: »In den letzten Jahren verlangen Kund:innen vermehrt, dass ihr Kamin eine zusätzliche Möglichkeit zu heizen darstellt.« Verwundert ist der Profi darob nicht und macht vor allem hohe Energie­preise und den Wunsch vieler Menschen, möglichst autark zu sein, verantwortlich. Letztlich gibt es, wenn es um Kamine geht, zwei Grundtendenzen. »Entweder man sieht im Kamin vorwiegend die Möglichkeit, es sich vor einem Feuer gemütlich zu machen, sich dabei zu erden und dabei den Alltagsstress zu vergessen, oder die Aspekte, damit Raum und Haus zu beheizen«, fasst Bauer noch einmal zusammen. So oder so hat man es mit zentralen Elementen der Raumgestaltung zu tun, die einem Wohnambiente Luxus und Eleganz verleihen. Und ja, hier gibt es auch Trends, wie Experte Bauer bestätigt: »Momentan sind Kamine mit polierten Metalloberflächen, etwa aus Kupfer oder Messing, sehr gefragt. Ebenso wie Charaktervolles aus Stein. Und auch Beton ist nach wie vor ein Thema, wenn die Sprache aufs Material kommt.« Bei Letzterem entscheidet man sich aber mittlerweile für Lösungen, die den Werkstoff ein bisschen veredelter verarbeiten und nicht mehr auf die ganz so raue Optik der letzten Jahren setzen.

Blaue Kaminstunde Warum nicht einmal einen Kamin in Yves-Klein-Blau streichen? In einem dänischen Waldhütten-Hideaway hat man sich’s getraut.

© Rasmus Hjortshøj

Wärmestufen Der alte Schornstein wurde zum offenen Kamin und eine tragende Säule für einen Zwischenstock. Den erreicht man über eine Wendeltreppe.

© Ossip van Duivenbode

Best Practice

Wie das gekonnt umgesetzt wird, zeigen Bauprojekte bzw. Umbauprojekte wie jenes des britischen Architekturbüros Liddicoat & Goldhill. Es machte eine alte Scheune zum Wohnhaus. Zentral dabei der Schornstein aus Backstein, der sich nach oben verjüngt. Der stützt nicht nur eine neu eingefügte Zwischen­decke, sondern wurde auch gleich zum offenen Kamin mit Feuerstelle gemacht und dient als Tragwerk für eine Wendel­treppe. Ein Hingucker, der nicht nur nachts, oder wenn es kalt ist, das Herz wärmt. Ähnliche Gefühlswärme erzeugt das dänische Büro Sleth mit seinem »Author’s House«, das etwas außerhalb von Aarhus in einem Wald nahe eines lauschigen Sees zu finden ist. Die mutig mit Kupfer verkleidete Waldhütte, die als Schreibdomizil für eine Autorin fungiert, verfügt über einen zentralen Kamin, der mit Farbgepflogenheiten bricht und in Yves-Klein-Blau den Raum wärmt und dominiert und mit dem zelebrierten skandinavischen Minimalismus bricht. Man sieht: Der Mensch hat auch nach der Steinzeit – ein bisschen anders zwar, aber noch immer – das Feuer fest im Griff.

Erschienen in:

Falstaff LIVING 08/2023

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