(c) Martin Weiß

Herwig Teufelsdorfer: »Beweise statt Buzzwords«

Künstliche Intelligenz, ESG und Digitalisierung – heiße Themen, bei denen oft wenig dahinter steckt. Anders bei der S IMMO AG. Sie ist Vorreiter auf diesen Gebieten, wie Vorstand Herwig Teufelsdorfer im Interview zeigt. Ein Faktencheck, wie viel Innovation sich hinter vermeintlichen Blabla-Themen verbergen kann. 

27.12.2023 - By Heimo Rollett

Titelbild: Auf in die Nachhaltigkeit Neue Fassade, neue Haustechnik: Die ikonischen Twin Towers am Wienerberg sollen in den nächsten Jahren fit für die EU-Taxonomie gemacht werden.

LIVING Welche Immobilien sind in diesen Zeiten mit herausfordernden Rahmenbedingungen eine gute Anlage?

Herwig Teufelsdorfer Natürlich hat man gerne ertragreiche Immobilien im Portfolio. Die Wege dorthin sind unterschiedlich. Aktuell ist gerade ein sinnvoller Zeitpunkt, an guten oder zukünftig guten Standorten Objekte zu kaufen, die entweder schon der EU-Taxonomie entsprechen oder das Potenzial dazu haben.

Zum Beispiel?

Klassisches Beispiel sind die Wiener Twin Towers. Wir haben diese zu einem sehr vernünftigen Preis an einem zukünftig sehr guten Standort – Stichwort U-Bahnbau – erworben. Sie sind jetzt schon ein Landmark, aber auch 30 Jahre alt. Ihre Substanz per se ist gut. Wir werden aus ihnen in den nächsten Jahren ein EU-Taxonomie-konformes Objekt machen, indem wir die Fassade und die Haustechnik erneuern werden. Langlebige Materialien kommen dann dabei zum Einsatz, solche, die in der Herstellung eine vernünftige Energieintensität haben, und die im Sinne einer Kreislaufwirtschaft auch wiederverwertet werden können.

Künstliche Intelligenz ist neben der Kreislaufwirtschaft ein weiteres strapaziertes Buzzword. Wie konkret kann ein Immobilienunternehmen KI tatsächlich nutzen?

Grundvoraussetzung ist immer, dass im Unternehmen auch natürliche Intelligenz vorhanden ist, auf der man die künstliche aufsetzen kann, ganz nach dem Motto: A fool with a tool is still a fool. Aber was machen wir konkret? Einerseits gibt es gemeinsam mit einem recht jungen Unternehmen ein Pilotprojekt, bei dem wir die KI anhand des Gebäudemanagementsystems lernen lassen. Das Ziel ist, dank der Daten eine ressourcenschonendere Aussteuerung von Kühlung und Heizung zu erreichen. Das zweite Pilotprojekt kann man sich ein bisschen wie ein internes ChatGPT vorstellen. Alle Daten, die es in unserem Unternehmen zum Immobilienbestand gibt, egal woher sie kommen, liegen an einem Ort. Das nennen wir unseren Data Lake. Natürlich sind die Daten zuvor auf ihre Qualität geprüft worden, das heißt der Data Lake hat Trinkwasserqualität. Von dort können sie überall, in sämtlichen anderen Systemen, verwendet werden. Für die künstliche Intelligenz heißt das: Wir haben einen für uns geschlossenen Raum mit Dokumenten, mit denen wir unsere KI trainieren, damit man zukünftig Antworten auf diverse Fragen bekommt – sei es für den Geschäftsbericht oder für das Asset Management. Statt selbst irgendwelche Excel-Tabellen zu erstellen, stellt man einfach die richtige Frage an die KI.

Welche konkreten Ziele hat die S IMMO AG bei der Nachhaltigkeit – und lassen sich die nachweisen?

Oh ja, sonst wäre das ja reinstes Greenwashing! Und genau das haben wir von Anfang an vermeiden wollen. Wir haben uns zuerst als Organisation verändern müssen, damit wir ernsthaft Veränderungen schaffen. Wir haben z.B. einen ESG-Manager eingestellt, eine ESG-Strategie erarbeitet, jetzt setzen wir diese um. Wir haben uns selbst verordnet, dass wir bis 2030 im Vergleich zu 2019 32,4 Prozent der Treibhausgase reduzieren wollen. Strom soll bis Ende des Jahres 2024 ausschließlich aus erneuerbaren Quellen kommen. Weiteres klares Ziel: Zehn Prozent Reduktion der Energieintensität des Bestandsportfolios bis 2030 – wieder im Vergleich zu 2019 – und dasselbe bei der Wasserintensität. Weiters ist die Vermeidung von zu deponierendem Abfall konkret ein Thema, das bedeutet recyclebarer Abfall soll in zwei Jahren 55 Prozent ausmachen und das soll bis Ende 2030 auf 60 Prozent steigen.

Das sind tatsächlich konkrete, messbare Absichten. Aber Sie haben doch keinen Einfluss darauf, was die Gebäudenutzer – also die Mieter:innen – machen?

Doch, über die so genannten Green Leases. Bei diesen »grünen« Mietverträgen verpflichten sich die Mieter:innen, nachhaltig zu agieren. Wir versuchen in Zukunft nur mehr solche Green Leases abzuschließen.

Ist das realistisch?

Bei internationalen Konzernen sind Green Leases schon Standard. Sie dürfen gar nicht anders, ebenso dürfen viele gar nicht mehr in nicht-zertifizierten Gebäuden mieten. Wir zertifizieren ohnehin möglichst viele unserer Objekte , nach diversen Standards von BREEAM, DGNB, EDGE, WELL und anderen, bzw. legen beim Ankauf Wert darauf. Es beweist, dass wir eine möglichst angenehme Arbeitsumgebung schaffen, das ist auch für die soziale Nachhaltigkeit wichtig.

Was denken Sie sind die Themen, die uns beim Bauen noch weiter beschäftigen werden?

Ich glaube, es wird künftig nur mehr in Ausnahmefällen möglich sein, nicht recyclefähige Produkte zu verwenden. Kreislaufwirtschaft wird Realität. Außerdem hat das modulare Bauen viele Vorteile. Vorgefertigte Module kommen fix und fertig auf die Baustelle. Da passiert 80 Prozent im Werk, 20 Prozent vor Ort. Derzeit läuft es genau andersherum. Kreislauffähige Module können – statt weggeworfen zu werden – in die Fabrik gebracht, dort refurbisht und danach wieder neu eingesetzt werden. In Japan ist das bereits Realität.

 

Zur Person Herwig Teufelsdorfer

Der geborene Salzburger ist seit 2021 im Vorstand der S IMMO AG. Teufelsdorfer ist seit über 25 Jahren in der Immobilienwirtschaft und bekleidete mehrere Führungspositionen, unter anderem auch bei dem Immo-Digital-Unternehmen 21st Real Estate in Berlin.

Vorreiter Als Vorstand treibt Herwig Teufelsdorfer die Digitalisierung und ESG-Themen voran. Die S IMMO ist deswegen bei den Themen führend. simmoag.at

(c) Christina Häusler

Erschienen in:

Falstaff RESIDENCES Nr. 02/2023

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