REVIEW SALONE DEL MOBILE 2024: ANGELIKA ROSAM BEI MINOTTI

Titelbild: Freudiges Wiedersehen: Roberto Minotti (li.) mit LIVING-Herausgeberin Angelika Rosam (re.) auf der Salone del Mobile.

Kaum ein anderer italienischer Luxus-Hersteller steht für formvollendete Schlichtheit und diskrete Eleganz auf diese Weise wie Minotti das tut. Zu verdanken war und ist das dem langjährigen Kreativchef des Hauses: Rodolfo Dordoni. Eine nüchterne Linienführung, Materialien allerhöchster Qualität und eine Farbpalette, die aus seiner Stammdisziplin, der Architektur, heraus gedacht war, kennzeichneten über zwei Jahrzehnte seine Entwürfe für Minotti. Dordonis Ära transportierte das italienische Lebensgefühl in globale Märkte, ohne deren individuelle Bedürfnisse aus den Augen zu verlieren. Eine exakte Gratwanderung, die beide Ansprüche in Perfektion austarierte. Seine Designs ließen die weltweite Fangemeinde der Luxusbrand an einer schlichten italienischen Grandezza teilhaben und waren in ihrer zeitlosen Schönheit nachhaltig, bevor dieses Buzz-Word den Design-Kosmos im Sturm erobern sollte. Im vergangenen Jahr verstarb Rodolfo Dordoni viel zu früh im 70. Lebensjahr. Eine über zwei Jahrzehnte andauernde Arbeitsehe fand plötzlich ein jähes Ende. Sein Verlust war ein herber Schlag für das familiengeführte Interio-Imperium und die internationale Design-Community. Doch ein Unternehmen, in dessen DNA leidenschaftlicher Qualitätssinn und kreativer Schaffensgeist prominent eingeschrieben sind, blickt auch in solchen Situationen stilsicher und voll mutigem Tatendrang in die Zukunft. Dieser Aufbruch war auf der Salone del Mobile 2024 und Minottis Werkschau auf Sage und Schreibe 4.500 m2 deutlich zu spüren. »Wir haben monatelang auf dieses Event hingearbeitet und uns in unserer neuen Kollektion weiterentwickelt. Unsere Designs entsprechen zwar nach wie vor unserer DNA, dennoch legen wir mehr Wert auf Behaglichkeit und verwenden Formen und Materialien, womit der perfekte Erholungseffekt gegeben ist«, so Roberto Minotti zu LIVING.

Ein sanfter Aufbruch bei Minotti

Gesellschaftliche Vorgaben spürsinnig einzufangen, ohne die eigene Identität zeitgeistigen Trends zu unterwerfen, kann als langjährige Leitlinie der Minotti-Designs bezeichnet werden. Und doch offenbarte sich ein spürbar frischer Wind in der Formensprache auf der Salone del Mobile 2024. Der pointiert-minimalistischen Extravaganza ist eine immer noch elegante, aber offenkundig anschmiegsameren Intimität gewichen, die bereits dem Auge einen hohen Komfort verspricht. Boucléstoffe, sanftere Formen und eine ästhetische Cozyness sind die Ingredienzien. Hauptverantwortlich dafür zeichnen sich drei Designer: Marcio Kogan, Hannes Peer und Giampiero Tagliaferri. Mit einem Blick auf die 1970er Jahre hinsichtlich Volumen, Formensprache und Farbschattierungen interpretieren sie und weitere Kreativstudios, wie GamFratesi, die »Minotti 2024 Kollektion«.

Minottis neue Designer

Giampiero Tagliaferri dekliniert ein kosmopolitisches Geflecht aus kulturellen Referenzen und künstlerischen Prüfsteinen und überführt diese Bestandteile in ein für ihn typisches Design-Vokabular. Seine Arbeit ist inspiriert von seinen beiden Heimatstädten Mailand und Los Angeles, die sein ästhetisches Gespür deutlich prägen. Seine raffinierten Innenräume und seine Architektur vereinen die Doppelnatur des klassischen italienischen Designs des 20. Jahrhunderts gepaart mit dem sonnenverwöhnten Optimismus und der mühelosen Eleganz des bahnbrechenden südkalifornischen Modernismus. Die Zusammenarbeit mit Minotti feiert in der 2024 Kollketion ihren Auftakt: das modulare Sitzsystem und das Bett »Supermoon«, der »Pattie«-Sessel, die Aufbewahrungseinheiten »Jason« sowie die Couchtische »Ethan« und »Diagramma« stammen aus seiner Feder. 

Hannes Peer stammt aus Südtirol und vereint architektonisches Können mit einer Leidenschaft für das Handwerk. Eklektizismus ist ein markanter Grundsatz seiner Arbeit: Architektur, historischer Kontext und modernste Technologien verschmelzen dabei zu einem poetischen Zeitgeist. Der gelernte Tischler stellt in seinem Studio Holzprototypen her. Für die »Minotti 2024 Kollektion« arbeitet der Südtiroler erstmals mit dem Mailänder Unternehmen. Das modulare Reihe »Yves« sowie der »Emmi«-Sessel, die »Nico«-Tische, die »Logan«-Aufbewahrungseinheiten, der »Janis«-Paravent und das »Zoe«-Bücherregal sowie die Couchtische »Fill« und »Drake« wurden von ihm designt.

Marcio Kogan & MK27 Studio Kogan ist Gründungsarchitekt und Chefdesigner des Kreativ-Studios aus São Paulo, das rund 40 Designer:innen und Architekt:innen beschäftigt. Die Kreativhandschrift ist geprägt vom brasilianischen Modernismus, formaler Einfachheit und äußerster Sorgfalt zum Detail. Seit 2018 arbeiten Minotti  und das brasilianische Studio unter Marcio Kogan zusammen. Der gekonnte Einsatz unterschiedlicher Materialien zeichnen auch ihre Designs für die »Minotti Kollektion 2024« aus. So stammt etwa der »Trio«-Sessel aus der brasilianischen Kaderschmiede.

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