(c) Sabine Wiedenhofer

Sabine Wiedenhofer: Die Wüfel sind gefallen!

Im Kontext der anbrechenden 60. Biennale di Venezia zeigt die österreichische Künstlerin Sabine Wiedenhofer im Arsenale eine großformatige Skulptur, die mit dem diesjährigen Biennale-Motto »Foreigners everywhere« in Dialog tritt. LIVING hat die Künstlerin in ihrem Wiener Studio besucht.

12.04.2024 - By Verena Schweiger

»So Sorry« steht in großen Lettern über der Skulptur der österreichischen Künstlerin Sabine Wiedenhofer, daneben steht ein drehbarer XL-Würfel sowie ein »Mensch-ärgere-dich-nicht«-Spiel. Für die Künstlerin ist die 60. Biennale di Venezia Anlass mit der Conditio Humana des 21. Jahrhunderts in Dialog zu treten. »Die Frage ist, würfelst Du für Dein Leben oder überlässt Du einem anderen den Wurf? Was sagt die Augenzahl und was machen wir daraus?«, erklärt die Künstlerin in Vorbereitung auf die Ausstellung »Glass Stress 8 1/2« der Fondazione Berengo and Berengo Studio. Seit ihrer höchst erfolgreichen Zusammenarbeit für die Glas-Skulptur-Serie »TriBeCa« im Jahr 2017 arbeitet Sabine Wiedenhofer regelmäßig mit dem renommierten Glas-Studio aus Murano zusammen. Das diesjährige Biennale-Motto »Foreigners everywhere« sei erwartungsgemäß schwer. »Es war klar, dass dieses Thema im Gastgeberland Italien in naher Zukunft aufgegriffen wird«, stellt die Künstlerin fest. Sie selbst möchte mit ihrer Arbeit die Welt ein klein wenig besser machen und zum nachdenken aufrufen, konstatiert die Künstlerin.

Das Spiel des Schicksals

Bereits die Geburt weise dem Menschen eine Basis zu. »Wo man auf die Welt kommt ist Zufall, Glück, Unglück oder Schicksal, jedenfalls aber der persönliche Startpunkt. Damit müssen wir umgehen. Ob wir selber die Würfel in die Hand nehmen oder nicht, bleibt in der eigenen Verantwortung«, sagt Sabine Wiedenhofer. Sicher sei nur, dass jeder auf seine Art einen sicheren Ort, Geborgenheit und Schutz suche. Dieses Bedürfnis sei universal. Einer der ältesten Gesellschaftsspiele der Welt, »Mensch-ärger-dich-nicht«, stehe symbolisch für den Weg des Individuums. Als »Pachisi« erstmals in Indien aufgetaucht, reist das jahrhundertealte Brettspiel bald um die Welt und erfreut sich bis heute großer Beliebtheit. Vom Verlassen des Heims bis zum Ankommen, zahlreiche Versuche und diverses Taktieren irgendwo dazwischen, sei es ein Abbild des Lebens. Wie wird unser Weg verlaufen? Welche Entscheidungen treffen wir? Welche Augenzahl zeigt der Würfel an? Bei Sabine Wiedenhofer steht den Spielfiguren sprichwörtlich das Wasser bis zum Hals, denn die Künstlerin hat das Spielbrett auf einem mit Wasser befüllten Glasbecken platziert. Eine stark aufgeladene Symbolik, denkt man an Umweltkatastrophen, die versinkende Lagunenstadt und die überladenen Flüchtlingsboote im Süden Italiens.

Ein Gesellschaftsspiel steht bei Sabine Wiedenhofer stellvertretend für den schicksalhaften Verlauf des Lebens.

(c) Studio Wiedenhofer

Schriftzug mit NATO-Patronen

Das lapidar hingeworfene »So Sorry« wird von NATO-Gewehrpatronen geziert. Die Entschuldigung gelte der heranwachsenden Generation, die mit dem Status Quo umgehen müsse. »Doch auch hier beobachte ich eine gewisse Ohnmacht der Überforderung, die teils in einer Passivität endet«, sagt Sabine Wiedenhofer. Es brauche jedoch Mut, die Würfel einzusammeln und auf einen neuen Wurf zu setzten, so die Künstlerin.

Ausstellungs-Info:

»GLASSTRESS 8 1/2«,
17. April bis 24. November 2024
Skulptur Sabine Wiedenhofer »So sorry! - Alea iacta est«
Presented by Fondazione Berengo and Berengo Studio
Tesa 99, Arsenale & Fondazione Berengo, Murano

Der Schriftzug wird von NATO-Patronen geziert.

SABINE J. WIEDENHOFER
*1974 in Wien, Österreich lebt und arbeitet in Wien, Murano, New York City. Sabine Wiedenhofer, mit italo-ungarischen Wurzeln, in Wien geboren, vereinigt mehrere Facetten des gegenwärtigen Kunstbegriffs: Sie arbeitet mit Fotografie, Malerei, Plastik, Glas und Metall und verbindet verschiedenartige Materialien, um immer komplexere Werke hervorzubringen. Ihr Werk wird international ausgestellt und befindet sich in renommierten privaten sowie institutionellen Sammlungen.

(c) Julie Brass

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