© Studio Comploj

Studio Comploj: Mit Street-Art-Videos Glaskunst bewegen

Die Glashütte Comploj vereint Werkstatt, Galerie und Verkaufsraum. Am 28. September feiert das Studio sein 10-jähriges Bestehen. Man experimentiert mit Formen, Strukturen und Farben, zeigt neue Techniken. LIVING traf den Gründer, Robert Comploj, zum Talk über Social Media und sein Engagement im Ausland.

08.09.2023 - By Verena Schweiger

Es begann mit einem Geschäft im siebenten Wiener Gemeindebezirk, wo Robert Comploj selbstgeblasene Gläser verkaufte. Vor sechs Jahren kam Robert Comploj nach Wien und begann als Glasbläser zu arbeiten. Da das Budget gering gehalten werden musste, engagierte man sich zwecks Selbstvermarktung mittels Videos auf Social Media wie TikTok und Instagram. Erfolgreich, wie man anhand von 194.000 Followern sieht. Street-Art-Videos, in denen Robert Comploj auf der Straße Glas bläst, locken weitere Fans. Wir trafen den 41-jährigen Tiroler in seinem neuen, charmanten Studio in der Wiener Martinstraße zum Interview. Nach wie vor ist er der einzige Glasbläser Wiens und neben Riedel Glas in Kufstein, der einzige in Österreich. Derzeit arbeitet er Eifrig an einem Projekt für das Wiener Szene Lokal Skopik und Lohn sowie für den Künstler Thomas Schönauer. Am 28. September gibt es dann Anlass zu feiern: Das Studio wird 10 Jahre alt,  zudem 10 Jahre Studio groß gefeiert. 

LIVING: Ursprünglich haben Sie Tischler gelernt, wie kamen Sie zu diesen beinahe ausgestorbenen Beruf des Glasbläsers?

ROBERT COMPLOJ: Mich hat Glas immer interessiert, mit Anfang 20 habe ich mir als Tischler ein wenig Geld auf die Seite gelegt und bin dann für 10 Jahre auf Wanderschaft gegangen, um diesen Beruf zu lernen, den es in Österreich nicht mehr gibt. Die hiesigen Manufakturen, wie Lobmeyer, sind Glasveredler, die Glas bemalen bzw. gravieren. Ich war in den USA, in Skandinavien, Großbritannien, Deutschland und Australien und habe dort bei Meister gearbeitet und dieses alte Handwerk gelernt. Teils musste ich nebenher in meinem alten Beruf als Tischler arbeiten, um mich finanziell über Wasser zu halten.

Zurück in Österreich haben Sie sich als Glasbläser selbstständig gemacht.

Ja, ich habe mein Business von 0 aufgebaut. Um meine Arbeit machen zu können brauche ich für die Produktion ein Team, die Öfen laufen mit flüssigem Glas durch. Da es den Beruf bei uns so nicht mehr gibt, muss ich meine Mitarbeiter:innen grundsätzlich anlernen. Viele kommen mittlerweile aus dem Ausland zu mir, um zu lernen, aber es kommen auch Kunststudent:innen oder Leute von Universitäten.

Seit Mai sind Sie nun in einem neuen Atelier im 18. Bezirk. Weshalb der Schritt dorthin?

Die Jahre in der Westbahnstraße waren super! Ich hatte dort eine gute Community und habe mich sehr wohlgefühlt. Allerdings wollte ich vom Geschäftskonzept eines Shops weg. Vor vier Jahren haben wir ein Grundstück im 18. Bezirk gekauft. Hier habe ich optimale Arbeitsbedingungen, genügend Platz, und viel Licht. Es ist mehr ein Lebenskonzept, als eine reine Arbeitsstätte. Mit Genehmigungen und Bau hat es dann doch rund vier Jahre gedauert. Jetzt haben wir zwei Häuser – eine Galerie und Atelier mit Werkstatt, in dem gearbeitet wird und eines als mein Wohnhaus. Das Atelier werde ich für Firmenveranstaltungen zeitweise vermieten. Der Platz und die Atmosphäre sind sehr besonders. Es ist ein gewagtes Konzept, aber ich bin zuversichtlich.

Sie arbeiten mittlerweile vor allem international. Wie kommen hier die Kontakte zustande?

Ich arbeite viel mit Amerika, meine Zunft hat dort viel mehr Stellenwert und es gibt auch keine so strenge Unterscheidung zwischen Kunst, Handwerk und Kunsthandwerk. Das Arbeiten ist viel freier. Die Kontakte kommen über Mundpropaganda zustande und über Architekten und Designer, die mich gezielt kontaktieren. Die Arbeiten entstehen dann auf Entwurfsbasis. In den USA bin ich auch mit eigenen, freien Arbeiten in diversen Galerien vertreten. Weiters arbeite ich auch mit anderen Künster:innen an der Umsetzung von Auftragswerken. In Österreich habe ich mich vor allem mit Aufträgen im Bereich Licht Installationen positioniert, aber wir werden sehen, wo künftig die Reise hingeht. 

© Studio Comploj

Im ehemaligen Geschäft im siebten Bezirk haben Sie auch Gebrauchtglas hergestellt. Werden Sie das auch zukünftig machen?

Von der Gebrauchtglas-Herstellung werde ich abgehen, die Energiekrise – auch, wenn sie sich mittlerweile abgeschwächt hat – hat zu einer starken Kostenerhöhung geführt. Die Glasherstellung ist ein energieintensiver Vorgang, es rechnet sich einfach nicht mehr.

Sie sind nicht nur ein Meister ihrer Zunft, sondern auch ein Social Media Star auf Tiktok und Instagram mit einer beachtlichen Anzahl an Follower:innen. Wie kam es dazu?

Die sozialen Medien sind, wenn man ein kleines Budget und ein gutes Konzept hat, eine großartige Plattform und ein tolles Marketingtool für eine hohe Sichtbarkeit. Müsste ich diese internationale Werbung bezahlen, wäre das ein Ding der Unmöglichkeit. Ich habe einfach mit Streetart-Videos begonnen und Glas auf der Straße geblasen, auf Straßenbahnschienen oder auf dem Gehsteig. Die Videos sind sofort abgehoben. Man weiß nicht, ob es auch künftig kostenfrei möglich sein wird und es ist ungewiss, wie sich diese Medien entwickeln. Aber derzeit leisten sie mir noch gute Dienste.

Ein Auszug dieses Interviews ist im Falstaff LIVING Heft 4/2023 erschienen. 

Mehr Info: 

STUDIO COMPLOJ, GALLERY & ATELIER
MARTINSTRASSE 28, 1180 WIEN
www.studiocomploj.com

Robert Comploj, Jahrgang 1982, wurde in Tirol geboren und ist seit 2001 im Glashandwerk tätig. Er besuchte die Glasfachschule in Kramsach in Tirol und zog anschließend in die USA, um in Kursen und Meisterklassen vor allem von den großen Glasmeistern aus Murano sein Handwerk zu erlernen. Jahrelang war Robert Comploj “auf der Walz”, sammelte Wissen und Erfahrung in verschiedenen Werkstätten in den Vereinigten Staaten, London und Dänemark. Mittlerweile hat er wieder in Österreich Wurzeln geschlagen. Einige Jahre betrieb der Künstler seine eigene Glashütte im oberösterreichischen Traun, bis er sich schließlich 2017 in der Wiener Westbahnstraße niedergelassen hat mit Schauwerkstatt, Atelier und Galerie. 2023 bezog er ein neues Atelier in der Wiener Martinstraße.

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