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Vincent Darré: »Ich bin ein bisschen nostalgisch«

Badezimmer sind die neuen Wohnoasen. Und diese dürfen ruhig aufregend aussehen – etwa mit Fliesen von Bisazza. Da sind nicht nur die Muster auf den Kacheln exzentrisch, sondern auch der Designer, der sie entwarf. Wir trafen den Künstler Vincent Darré zum LIVING-Gespräch über seine Inspirationen, Träume und seine surrealistischen Fliesendesigns.

29.11.2023 - By Florentina Welley

Bunter, verrückter, maximalistischer – der neue Interior-Trend ist auch im Badezimmer angekommen. Aber statt auf aufwendiges Statement-Mobiliar zu setzen, kann man hier Fliesen in interessanten Mustern und aufregenden Motiven verlegen, so Poesie ins Bad holen und es zu einem Tempel der Kunst machen. Ganz nach den Vorbildern der luxuriösen Badezimmer der Antike – etwa mit den Mosaiken des Künstlers und Interieur-Designers Vincent Darré. Der Gestalter ist für einen extravaganten Interieur-Code bekannt, mit dem er, ironisch und verspielt, luxuriöses Dekor aus Kunst und Architektur zitiert. Erstmals hat er jetzt für den italienischen Traditionsbetrieb Bisazza eine Serie von Glasmosaiken entworfen. Die vier mythologischen Mosaikdekore »Karyatiden«, »Kalliope«, »Thalia« und »Erato« der Kollektion »Vincent Darré« zeigen seinen unverwechselbaren, skurrilen Stil. Der Franzose gilt zwar als Enfant terrible, zählt aber zu den 100 einflussreichsten Kreativen aus Interieur, Architektur und Design der Welt. Seine Laufbahn begann er als rechte Hand von Karl Lagerfeld bei Fendi, 2008 beschloss er, sich nur noch dem Interior-Design zu widmen. Seitdem entwirft er Möbel und dekorative Objekte, stattet Hotels, Clubs und Modehäuser aus, wie etwa in Paris die Maison Schiaparelli an der Place Vendôme oder die Bar »Serpent à Plumes« an der Place des Vosges.

LIVING: Sie haben die Bisazza-Kollektion heuer auf der Milano Design Week vorgestellt. Wie kam es zu der Zusammenarbeit?
Vincent Darré: Das Treffen mit Bisazza war sehr inspirierend. Ich schätze sehr, dass das Haus traditionelle Handwerkskunst bewahrt hat und sie gleichzeitig in die Moderne bringt. Das Treffen mit Rossella und ihrem Bruder hat mich sehr berührt, sie führen ein echtes Familienunternehmen, so etwas findet man nur noch in Italien. Sämtliche Motive der Glasmosaike stammen aus der Mythologie.

Wie kam es dazu?
Mein Mentor ist Jean Cocteau. Ich erinnerte mich an einen Mosaikweg, den er für die Villa Santo Sospir in Saint-Jean-Cap-Ferrat 1952 entworfen hatte. Ich wollte, als Hommage an Cocteau, ein neoklassizistisches Dekor von seinen Karyatiden, den Wächterinnen eines geheimen Tempels, schaffen. Auch die Mosaike der mythischen Stadt Pompeji haben mich sehr beeindruckt.

Woher kommt Ihr maximalistischer, neo­klassizistisch anmutender Interior-Stil?
Ich denke, Surrealismus und Dadaismus sind die beiden Stile, die mich am meisten inspirieren, weil ihr Humor und ihr Wahnsinn bei mir Anklang finden. Diesem Sinn für Theatralik möchte ich mit meinem Interior-Design huldigen.

»Caryatides Bleues« Griechische Mythologie im Comic-Style: »Licorne Bleue«-Glasmosaik von Bisazza.

(c) T. Kurek

Mosaiktempel Eine Installation von Vincent Darré im Flagship-Store von Bisazza während der Milano Design Week 2023.

(c) M. Garofalo

Sie schaffen Räume, die voller Geschichten sind …
Ich gehe meine Projekte immer wie ein Drehbuch an, indem ich eine Geschichte erfinde, die sich in dem entsprechenden Umfeld abspielt. Dabei ist es egal, ob es ein:e private:r oder ein:e öffentliche:r Auftraggeber:in ist. Alle Menschen träumen gerne.

Sind Träume heute wieder wichtig?
Ich denke, dass wir zwei parallele Leben führen: eines ist Tag und Nacht, eines ist Träumen und Realität. Für mich ist jede Nacht ein Abenteuer voller Überraschungen. Zurück zum Badezimmer, in dem man auch schön träumen kann.

Rücken Badezimmer wieder ins Zentrum der Wohnung?
Eigentlich ist jeder Raum wichtig. Aber seit dem Rückzug in der Pandemie sorgen sich Menschen nicht nur stärker um sich selbst, sondern auch um ihr Interior. Heute wird mit Konventionen gebrochen, jede:r entscheidet selbst, welcher Raum das Zentrum der eigenen Wohnung ist. Dabei wird das Badezimmer zum Wohnzimmer, das Schlafzimmer zur Bibliothek, die Küche zum Esszimmer.

Wird das Bad wieder eleganter?
Ich erinnere mich noch genau an das Badezimmer in Andrée Putmans Villa in Ramatuelle, die ich als Jugendlicher besuchte, das wie ein griechisch-römisches Bad aussah. Auch das legendäre blaue Art-déco-Badezimmer von Armand-Albert Rateau für Jeanne Lanvin, heute im Musée des Arts décoratifs, und das Marmorbad in der Villa Kérylos, ein Nachbau aus dem antiken Griechenland, sind für mich unvergessliche Tempel. Die luxuriösen Bäder der Antike mit Marmor- und Mosaikböden waren der Inbegriff der Eleganz. Heute rückt das Badezimmer wieder ins Zentrum unserer Lebenskultur und erlebt eine Renaissance.

Wovon werden Sie für Ihre eigenen Interior-Kollektionen inspiriert?
Ich erinnere mich an Ausstellungen, Theater und Kinos, in die mich meine Mutter mitnahm, die mich bis heute beeindrucken. Auch meine Bücher rundum inspirieren mich. Und dann lasse ich meinen Pinsel automatisch,

Hommage Der Interior-Designer huldigt mit seinen goldenen Badetempeln der Eleganz der Antike.

(c) M. Garofalo

»Caryatides Vertes« Bisazza-Glasmosaikdekoration »Lyre Verte«, bestehend aus drei einzelnen Modulen, hergestellt in Mischtechnik.

»Thalia Diptyque« Glasmosaikmuster mit zehn mal zehn Millimeter großen Fliesen. Die Mosaike werden in zwei verlegten und verfugten Platten geliefert.

Erschienen in:

Falstaff LIVING 08/2023

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