© beigestellt

Workation & remote arbeiten: Dienstreisen für alle

Die Grenzen zwischen Beruf und Freizeit verschwimmen immer mehr. Befeuert durch die Pandemie blühen Konzepte, die Arbeit und Urlaub verbinden. Workation ist das Buzzword der Stunde und hoch im Kurs, wenn’s um Arbeitsflexibilität geht. Eine kleine Bestandsaufnahme, was dieser Trend so kann.

24.08.2023 - By Manfred Gram

Header Bild: Kultinsel Rügen gilt nicht wenigen als Traumreiseziel in der Ostsee. Dass man auch reif für die Arbeits-urlaubsinsel sein kann, beweist der Co-Working-Living-Space von project-bay-coworking.de

Fehlendes Marketinggespür kann man dem Airbnb-Gründer Brian Chesky nicht unterstellen. Wenn’s sein muss, macht er auf seinem Anwesen in San Francisco schon einmal ein Zimmer frei, stellt es auf die eigene Plattform und vermietet es für lau. Außerdem weiß er auch, was bei seinen weltweit rund 6.800 Mitarbeiter:innen gut ankommt: Workation nämlich. Hinter dem Kofferwort verstecken sich die Begriffe Work und Vacation und gemeint ist damit eine Arbeitsform, die einst von jungen Globetrotter:innen und Laptopnomad:innen entwickelt wurde. Man verlegt seinen Arbeitsplatz an attraktive Urlaubsorte mit einer stabilen Internetbandbreite. Aber zurück zum Airbnb-Chef Chesky. Der hat vor etwas mehr als einem Jahr verkündet, dass alle, die bei seinem Unternehmen ihre Brötchen verdienen, dauerhaft ihren Arbeitsort frei wählen dürfen. Die tägliche Entscheidung zwischen Büro und Homeoffice ist ihnen also selbst überlassen. Zusätzlich dürfen alle noch bis zu 90 Tage im Jahr in 170 Ländern arbeiten. Nicht schlecht und ein Volltreffer ins Schwarze vom Zeitgeist, denn die Zugriffe auf die -Stellenseiten von Airbnb explodieren seitdem. 

Das mobile Büro an exotischen Standorten

Die Welt ist flexibler geworden und vor allem hat die Covid-Pandemie gezeigt, dass auch Arbeitsmodelle abseits fixer Bürozeiten funktionieren. Remote Work ist gekommen, um zu bleiben, und da man das – theoretisch – von überall aus machen kann, ist Workation der logische nächste Schritt. Das mobile Büro, nicht nur an den exotischen Stränden dieser Erde, sondern auch in Bergen, an Seen oder in der Nähe unberührter Natur, wird für eine stark wachsende Gruppe von Menschen daher immer mehr zu einem Sehnsuchtsort. Allerdings lässt sich die Grenze zwischen echten Digitalnomad:innen und Menschen, die kurzzeitig arbeitend im In- oder Ausland ihren Urlaub verlängern oder Verwandte besuchen, nur sehr schwer ziehen. Zudem hat man erkannt, dass Workation auch zum Team-building genutzt werden kann. Und: Nicht nur Freelancer:innen, sondern auch »normal« Angestellte können diesem Konzept vermehrt etwas abgewinnen. So sehr, dass neben Vier-Tage-Woche und Homeoffice-Optionen die Möglichkeit von Workation zu den Trümpfen der HR-Abteilungen in Unternehmen zählt, wenn sie um Talente werben. Das ist aber nur eine Seite der Medaille. 

Remote Arbeit stärkt den Standort 

Denn auch Tourismus und die Immobilienbranche haben das Potenzial, das Workation bringt, erkannt und versuchen, es zu nutzen. Ganz klassisch etwa, wenn Reiseveranstalter wie TUI eigene Workation-Packages schnüren und so (junge) Langzeitgäste abseits der Hauptsaisonen ansprechen. Oder aber nicht ganz so klassisch. Dann wird, wie etwa in der Lombardei zwischen Comer und Luganer See, eine alte Burg schon einmal zum »Workation Castle« ausgebaut. Das belebt die Immobilie und auch die Region. Dabei muss es nicht unbedingt eine Burg sein, wie der österreichische Workation-Pionier Georg Gasteiger zeigt. Er hat mit dem »Mesnerhof-C« innerhalb kürzester Zeit ein 400 Jahre altes Bauernhofensemble in Tirol saniert und als New-Work-Retreat etabliert. Für die schöne neue Arbeitswelt, die hier im touristischen Kontext entwickelt wurde, gab es zahlreiche Innovationspreise und Auszeichnungen. Gerne bringt Gasteiger auf den Punkt, was sein »Mesnerhof-C« respektive die Kombi aus Arbeit und Urlaub so bringt: »Tourismusanbieter:innen rivalisieren um ein begrenztes Zeitbudget pro Jahr. Coworkation ist prinzipiell ein 365-Tage-Ding – somit ergibt sich das Marktpotenzial allein schon mathematisch.« Nicht weniger innovativ geht es übrigens im steirischen Gesäuse zu. In Hieflau öffnet heuer im Juni der »Remote Work Campus«, umgesetzt vom jungen Start-up Emma Wanderer. Das Team rund um die Gründer:in-nen Andreas Jaritz und Julia Trummer adressiert dabei die wachsende Zahl an Telearbeiter:innen und verspricht die Verbindung von flexibler Arbeit und Naturerlebnissen gepaart mit moderner Office-Technologie. Hier treffen Tiny Houses auf Stell- und Campingplätze und im Zentrum des -Workation-Campus finden sich Lounge, Café, Gemeinschaftsküche und natürlich ein Co-Working-Space. »Zu Selbstständigen mit Affinität zur Natur sollen auch Unternehmen stoßen, die Teambuilding in der Natur machen wollen. Willkommen sind auch Remote-Teams, die sich aufgrund der hybriden Arbeitskultur nur mehr selten persönlich sehen«, so Jaritz. 

Almarbeiten Der »Mesnerhof-C« ist ein Vorzeigeprojekt in Sachen New Work und Tourismus. Ein altes Bauernhausensemble wurde revitalisiert und zu einem ganzjährigen Workation-Hotspot
in den Alpen. Für Teams, aber auch für Laptopno-mad:innen oder Familien. Zu Recht preisgekrönt. mesnerhof-c.at

© Aurelius Freytag

Remoter Boom

Böse Zungen könnten jetzt kommentieren, dass sich moderne Kolleg:innen nicht bei der Arbeit, sondern im Urlaub über den Weg laufen. Weniger böse Zungen weisen lieber darauf hin, dass gerade allerorts in Europa Geschäftsmodelle dazu entstehen. So springt die Hotellerie dezidiert auf den Workation-Zug auf. Immer mehr Anbie­ter:innen von Apartments, Hotels und Resorts, die genau diese neue Reiseziel­gruppe im Visier haben, poppen auf. Und einige haben sich bereits nach kürzester Zeit in der Community etabliert. Wie das »­Project Bay« auf Rügen zum Beispiel. Der Co-Working-Living-Space adressiert Ostseeurlaubende, für die ein Arbeiten mit Meerblick zum ­Luxusanspruch dazugehört. Oder das »St. Oberholz«, ein Workation-Hotel der Berliner Co-Working-Pionier:innen Koulla Louca und Ansgar Oberholz an der Mecklenburgischen Seenplatte, wo man zwischen den beruflichen Terminen Erholung in den Pool-, Yoga- und Wellnessbereichen findet. Wo Hotellerie ist, da ist dann auch Airbnb nicht weit. Die kalifornischen Disrupter, bieten nämlich Workation nicht nur ihrer Belegschaft an, sondern fahren seit geraumer Zeit auch immer wieder intensive ­Werbekampagnen zu diesem Thema. Denn: Fehlendes Marketinggespür kann man Brian Chesky nicht unterstellen. 

Zielgebiet Portugal gilt unter Freelancer:innen und Digi-Nomad:innen zurzeit im Sommer
wie im Winter als heiße Aktie, um den Arbeitsmittelpunkt zu verlegen. Beliebt: Apartments wie jene von visionaireapartments.com

© beigestellt

Campus-Feeling Ab Juni öffnet das österreichische Start-up »Emma Wanderer« im steirischen Hieflau den »Remote Work Campus«. Tiny Houses und Campingplatz treffen im Naturschutzgebiet auf stabiles WLAN. emmawanderer.com

© Tim Ertl

Einchecken Nicht übel ist das Workation-Hotel, das Koulla Louca und Ansgar Oberholz auf die Mecklenburgische Seenplatte gestellt haben. Die beiden gelten in Berlin als Co-Working Pionier:innen und haben einen alten Gutshof renoviert. sanktoberholz-retreat.de

© Pavel Becker

Arbeitsfestung Auch nicht schlecht ist diese Workation-Location in Italien. Gearbeitet, geschlafen und genetzwerkt wird in einer alten Burganlage. workationcastle.com 

© Workation Castle

Für den LIVING Newsletter anmelden

* Mit Stern gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Anrede

Lifestyle & Genuss – das sind die zentrale Themen der Falstaff-Magazine. Nun stellen wir das perfekte Surrounding dafür in den Mittelpunkt. Das Ambiente beeinflusst unsere Sinneseindrücke – darum präsentiert Falstaff LIVING Wohnkultur und Immobilien für Genießer!

JETZT NEU LIVING 24/03