Zuhause bei Petar Petrov: Erhellende Eklektik
Petar Petrov wird für seine Fashion-Kollektionen weltweit gefeiert. Privat lebt der Modemacher gemeinsam mit seinem Partner in einer großzügigen Altbauwohnung in einer lebendigen Ecke Wiens und inszeniert sein Zuhause so reduziert wie seine stilvollen Kreationen. LIVING durfte sich ein wenig umsehen und war von der repräsentativen Bleibe beeindruckt.
13.07.2023 - By Manfred Gram
Fragt man den Modemacher Petar Petrov, was ihm beim Wohnen besonders wichtig ist, bekommt man nach einer minimalen Nachdenkpause eine Antwort, die sitzt: »Licht! Und eine gewisse Großzügigkeit sind für mich beim Wohnen das Wichtigste.« Damit sind die Parameter festgelegt. Und wenig verwunderlich – sie werden in der Altbauwohnung, die der renommierte Designer gemeinsam mit Lebens- und Geschäftspartner Christoph Pirnbacher im zweiten Wiener Gemeindebezirk bewohnt, auch erfüllt. Die 150 m2 sind hell und großzügig. Und obwohl die Wohnung eigentlich auf der Nordseite liegt, blinzelt an schönen Tagen sogar die Morgensonne in die Räume hinein. »Das Haus gegenüber bekommt gerade einen verglasten Dachausbau – der reflektiert die Vormittagssonne«, erzählt Petrov. Eigentlich ist er kein Fan von seelenlosen Dachausbauten, noch dazu vor der eigenen Haustür, aber in dem Fall drückt er wohl ein Auge zu – nicht nur, wenn ein Sonnenstrahl blendet. Was noch auffällt: Die Räumlichkeiten vermitteln auf elegante Weise Offenheit und Weitläufigkeit. Nimmt man im Wohnzimmer Platz, geht der Blick bis ins Schlafzimmer. Der Witz: Dazwischen liegen noch ganze zwei Räume.
Eklektik
Petrov wohnt im zweiten Bezirk. Ganz in der Nähe seines Modestudios und Büros. »Lebens- und Arbeitsorte sind bei mir immer schon örtlich sehr nah beieinander gelegen. Als dann in unmittelbarer Nähe zu unserem Arbeitsort diese Wohnung frei wurde, haben wir nicht lange gezögert«, erinnert sich der 46-jährige gebürtige Bulgare. Im März 2020, kurz bevor der erste Covid-Lockdown verhängt wurde, waren dann Ein- und Umzug vollbracht. Und es ging ans Einrichten, denn: »Wenn man eine neue Wohnung bezieht, passen gewisse Stücke nicht mehr.« Abgesehen davon ist man mit dem Einrichten ohnehin nie fertig. Insbesondere dann, wenn man wie Petrov leidenschaftlich gern Antiquitätengeschäfte besucht oder einschlägige Internetplattformen ansurft. »Man hört nie auf, zu schauen«, kommentiert der einstige Schüler von Viktor&Rolf und Raf Simons seine Affinität zu schönen Dingen. Diese kommen aus aller Welt und den unterschiedlichsten Epochen. »Wenn ich den Stil der Wohnung mit einem Wort beschreiben müsste, trifft es eklektisch sicher am besten.« Und so stehen Malereien und Fotografien zeitgenössischer Künstler:innen an den Wänden gleichberechtigt neben edlen Funden aus Antiquitätengeschäften, eBay-Einzelstücken oder legendären Vintage-Teilen. Da trifft dann – wie etwa im Wohnzimmer – schon einmal Großflächiges vom Künstlerkollektiv Gelatin auf einen antiken italienischen Barschrank mit Straußeneioberfläche und Schaffell-Sessel vom dänischen Architekten Philip Arctander aus den 40er-Jahren. Zwei Räume weiter nimmt dann
Le Corbusiers »LC4«-Liege nebst Kuhfell-Teppich und hoch gestapelten Modemagazinen ein prominentes Plätzchen in Petrovs Eklektikparadies ein. Kontemporäres Design spielt dabei kaum eine Rolle. »Ich habe den Eindruck, dass neue Sachen nicht ideal altern. »Ich will Dinge, bei denen die Patina mit den Jahren immer schöner wird – Dinge, die eben gut altern.« Ebenfalls kaum eine Rolle spielt skandinavisches Design. »Das ist mir irgendwie zu spießbürgerlich,« wird lakonisch abgewunken und gewitzt ergänzt: »Ich bin stolzer Besitzer von keinem einzigen Ikea-Teil!«
Balance halten
Man merkt, wie wichtig Petar Petrov Wertigkeit ist. Wie etwa bei der beeindruckenden Küche mit ihrer verspiegelten Bar/Durchreiche. Eine befreundete Architektin hat sie geplant und umgesetzt. Und ja, wenn’s dick kommt, greift Petrov auch schon einmal selbst in die Werkzeugkiste. Wie beim zentralen, massiven Esstisch aus Eiche. »Der Tisch war in einem miserablen Zustand, als er bei uns ankam. Wir haben ihn dann ein Wochenende lang mit Schleifpapier bearbeitet und eingeölt«, so der Kreative, der dann an den abgerundeten Ecken auch noch vier auffällige Messingknubbel anbrachte, um die Proportionen zu verändern. Der Modedesigner als Möbeldesigner? Zumindest ist er nicht unzufrieden mit seiner Arbeit, die einmal mehr als Pars pro toto für Petrovs geschicktes Einrichtungshändchen steht. Der Tisch ist präsent, aber nicht dominant – wie alles hier. Selbst die üppig wachsende Geigenfeige scheint dem Credo Präsenz statt Dominanz zu folgen. Petrov hat sie einst im kümmerlichen Zustand auf Willhaben erstanden und dann hochgepäppelt. Warum sie so gut gedeiht? Vielleicht, weil sie genügend Licht bekommt.