(c) katsey

Der Garten ist die Brücke des Menschen in die Natur. Wenn es wärmer wird, wird das Leben nach draußen verlegt. Doch wie sieht der ideale Garten eigentlich aus? Wieviel Planung und welche Überlegungen stehen hinter einer mühelos wirkenden Outdoor-Zone? LIVING hat bei den führenden -Gartenprofis Österreichs nachgefragt.

18.04.2024 - By Marlene Mayer

Titelbild: Rückzug mit Gegenwind: Freiflächen bieten Raum für Erholung. Diesen Dachgarten setzten die Landschaftsplaner von Kramer und Kramer um.

Allerorts, vor allem aber dort, wo es besonders dicht verbaut und belebt ist, wird der Garten zum Sehnsuchtsort. Schließlich wirkt sich der Zugang zu einer Freifläche direkt auf das Befinden ihrer Bewohner:innen aus. Denn das Leben im urbanen Raum und der Wunsch nach Naturverbundenheit schließen sich nicht aus, sie bedingen einander vielmehr.

Gartenstile und Freiraum

Dass der Garten und das Glück etwas miteinander zu tun haben – diese These ist nicht neu und wurde auch schon in einer ganzen Reihe von Studien verhandelt. »Gartenarbeit ist nicht nur ein Hobby oder eine Aufgabe, die dazu dient, sich körperlich zu betätigen oder den Geist zu beschäftigen. Es ist die Zusammenarbeit zwischen Natur und Mensch, die durch Erfahrung und Pflege verfeinert wird. Gartenarbeit bringt Alter und Weisheit«, findet man dazu etwa auch im Forschungsband »Green Care« der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik Wien große Worte. Dabei ist es aber wohl nicht nur der Anlass zur Tätigkeit, der den Reiz der geordneten Landschaftszone ausmacht. Die Kultivierung der Natur reizt den Menschen jedenfalls schon seit jeher. »Seit dem Aufkommen der Garten- und Landschaftsarchitektur, deren Ursprung in Frankreich und England liegt, basiert die Gestaltung auf einer Philosophie der Ordnung, übertriebenen Sauberkeit und der Beherrschung des ›wilden Paradieses‹ um uns herum«, weiß etwa der niederländische Gartenarchitekt Nico Wissing, der gerade den Callwey-Band »Gärten des Jahres 2024« herausgegeben hat. Diese historischen Wurzeln sieht man auch heute noch deutlich. »Die klassischen Gartenstile sind immer noch sehr wichtig, weil viele Gärten so gemacht sind, und die ganzen Bücher, die schönen Fotos und Motive, die wir alle kennen, dem entsprechen«, sagt dazu etwa der Tullner Landschaftsprofi Wolfgang Praskac, der sich neben vielen anderen Schwerpunkten besonders auf die Zucht Englischer Rosen konzentriert. Die Zeiten, in denen man dem strikten Reglement eines bestimmten Gartenstils penibel folgte, sind aber vorbei – da sind sich die Profis durch die Bank einig. Vielmehr werden fröhlich Anleihen gemacht, miteinander kombiniert und es wird auf die individuellen Bedürfnisse der Bewohner:innen Rücksicht genommen. Welche Gärten überzeugen also aktuell? Und wie plant man einen Garten nun nachhaltig und richtig?

Mediterranes Ambiente: Dieser kleine Vorgarten wurde von Callwey als einer der schönsten 50 Gärten des Jahres ausgezeichnet. Zedern, Olivenbäume und Palmlilien sorgen für mediterranen Flair. Geplant von begruender.at

(c) MW Architekturfotografie

Geschichten aus dem Garten

Für Jörg Zecha, der gemeinsam mit seiner Frau Christiane das Gartenplanungsbüro Begründer führt, lässt sich die Qualität eines Gartens jedenfalls nicht allein über die Stilfrage klären: »Österreich ist ein Land der Gärten. Und wie seine Menschen haben auch ihre Gärten Eigenheiten, sind beseelt und erzählen ihre ganz eigenen Geschichten. Von ehrwürdigen Bäumen, die sich über Jahrhunderte entwickeln konnten, während Generationen von Eigentümern kamen und wieder verschwanden. Von Igeln, Schmetterlingen und Bienen, und vielem anderen Getier, ohne welche ein Garten nicht denkbar wäre. Sie erzählen von Menschen, die sie errichtet haben,
darin lebten und arbeiteten, genauso wie von Epochen und Stilen.«

Garten: Der grüne Lebensraum

Wie man so eine grüne Oase neu anlegt, zeigte Zecha mit seinem Team, zuletzt etwa mit einem kleinen Nutzgarten, der als persönlicher Rückzugsort für seine Bewohner:innen gestaltet wurde. Diese Arbeit wurde nun im Callwey-Ranking als einer der schönsten Gärten 2024 prämiert. Auf einer relativ kleinen Fläche findet hier allerlei Platz: neben vielfältigem Lebensraum mit unterschiedlichen Pflanzenarten, einer Natursteinmauer mit angrenzendem Bachlauf, Wasserfall und Holzsteg sind das etwa auch bewusst eingerichtete Ruheorte zum Sitzen und Genießen, aber auch ein Obst- und Gemüsegarten. Das Besondere ist: Obwohl hier sehr stark und detailliert planerisch eingegriffen wurde und jeder Quadratmeter einem bestimmten Zweck unterliegt, hat der Garten eine sehr natürliche Anmutung.

»Die Natur befindet sich im ständigen Wandel. Deshalb muss der Garten schon im Vorfeld bis ins kleinste Detail durchdacht werden.« Christiane & Jörg Zecha von »Begründer«

(c) Begründer

»Das Wichtigste ist, dass sich der Garten in das Landschaftsbild einschmiegt und gleichzeitig eine Einheit mit dem Haus bildet.« Hubertus Lederleitner von Lederleitner

(c) Lederleitner

Blühender Gesamteindruck

Für Hubertus Lederleitner sind Traditionen in der Gestaltung durchaus wichtig, vor allem dann, wenn sie neuen Ideen den passenden Rahmen geben: »Der Gartenstil ist immer von der umgebenden Landschaft und Architektur abhängig. Klassische Gärten haben nach wie vor ihre Berechtigung in unserer Zeit, sie können aber auch mit modernen Kontrastelementen spannende und ausdrucksstarke Lösungen hervorbringen. Das Wichtigste ist, dass sich der Garten in das Landschaftsbild einschmiegt und gleichzeitig eine Einheit mit dem Haus bildet«, ist Lederleitner überzeugt. Um das große Ganze von Anfang an im Auge zu behalten, legt der Experte besonderen Wert auf Entwurfszeichnungen. »Das ist eine Tradition, die wir wirklich bewusst pflegen«, sagt er. Dabei werden also alle Entwürfe handgezeichnet und koloriert, weil »das die ausdrucksstärkste und kreativste Form der Gartenarchitektur darstellt«.

Romantische Sichtachsen im Garten

Der Blick für den Gesamteindruck, die gelungene Komposition aus Sträuchern, Bäumen und Gehölzen, die Einteilung der Grünzone in ihre verschiedenen Nutzungsbereiche und der vorausschauende Blick darauf, wie sich der Eindruck des Gartens im Verlauf der Jahreszeiten verändern wird, sind dann auch die Kernaufgaben der Landschaftsarchitektur. Lederleitner: »Es spielen wirklich alle diese Elemente eine wichtige Rolle. Im Garten gibt es erst dann eine Harmonie, wenn die Blicke durch Bepflanzungen in die richtige Richtung geleitet werden, die Gestaltung des Gartens zur Architektur des Hauses passt und das gesamte Grundstück stimmig in der Landschaft liegt.«

Blühende Landschaft: Bei diesem Projekt von Lederleitner lag der Fokus darauf, die Pflanzungen mit den bestehenden Strukturen zu verweben. lederleitner.at

Gartentrend: Natürlichkeit

Bei aller Wertschätzung für historische Bezüge und Traditionen ist die Gestaltung von Gärten natürlich auch gewissen Trends unterlegen. Wolfgang Praskac geht hier mit seinen Kolleg:innen ganz d’accord und attestiert dem Thema »Natürlichkeit« besondere Relevanz: »Landschaftsgärten, die eher nicht sehr formal sind, werden stark nachgefragt.«

»Momentan geht alles in Richtung natürliche Gärten. Die Leute wünschen sich Landschaftsgärten, die nicht sehr formal sind.« Wolfgang Praskac von Praskac

(c) beigestellt

»Stauden, Wildkräuter, Natürlichkeit. Was vor ein paar Jahren noch als Unkraut angesehen worden wäre, wird jetzt wieder nachgefragt.« Bernhard Kramer von Kramer und Kramer

(c) beigestellt

Stauden und Wildkräuter als Trend

Durchdachtes Durcheinander fungiert hier als eine Art Gegenbewegung zu einer Funktionalität, die lange genug formgebend war. »Was wirklich auffällig ist, ist das unfassbare Interesse der Menschen am Thema und dass sich viele sehr intensiv mit der Gartenarbeit beschäftigen, viel Zeit in Gärtnereien verbringen und wirklich Know-how aufbauen«, beschreibt Bernhard Kramer vom Gartenarchitekturbüro Kramer und Kramer den für ihn augenscheinlichsten Trend der Saison. »Das Gärtnern ist einfach ein ganzheitliches, wunderschönes Thema. Und dafür braucht man nicht unbedingt ein riesiges Anwesen, das kann schon mit drei Tomatenstauden am Balkon anfangen – die Freude ist die gleiche.« Die Kund:innen von Kramer sind also verstärkt daran interessiert, im Garten Hand anzulegen, ein gewisser Aufwand ist durchaus erwünscht. Kramer: »Heute darf es wieder mehr sein. Mehr Vielfalt, aber auch mehr Arbeit. Mehr Stauden, Wildkräuter und Natürlichkeit. Pflanzen, die noch vor ein paar Jahren als Unkraut angesehen worden wären, sind jetzt nachgefragt.«

Malerisch:»In der Gartenplanung -komponieren wir im eine Situation«, sagt Bernhard Kramer. kramerundkramer.at

(c) katsey

Gesamtkomposition: Je besser der Garten geplant ist, desto weniger Arbeit macht er in weiterer Folge, ist Wolfgang Praskac überzeugt. praskac.at

(c) beigestellt

Gebüsch und Solitäre

Apropos Pflanzen. Jeder Garten braucht die zu ihm passenden Stauden, Sträucher und Gehölze. Dabei können die Landschaftsprofis allesamt einen deutlichen Trend zum Solitärgewächs ausmachen. »Der Wunsch zur Einzigartigkeit ist definitiv zu spüren«, erzählt etwa Theresia Starkl von der gleichnamigen Traditionsgärtnerei. »Viele Kunden wünschen sich etwa einen Big Bonsai.« Auch Oldschool-Gehölze, wie Magnolien und andere blühende Bäume, haben längst wieder Wurzeln geschlagen, erzählt Kramer. Wichtig sind insektenfreundliche Bepflanzungen – denn wer sich intensiv mit seinem Garten auseinandersetzt, bekommt automatisch ein Bewusstsein für Veränderungen in der Natur und die eigene Verantwortung dafür. »Ein Garten bedeutet eine lebenslange Auseinandersetzung«, sagt Lederleitner dazu. Und weiter: »Es entsteht ein Gefühl der Freude und Entspannung, wenn man den Garten durch die vier Jahreszeiten erlebt, ihn betrachtet, ihn bearbeitet und darin lebt. Dann entsteht Glück!«

Einzigartige Gewächse: Der Trend geht eindeutig in Richtung Solitärgewächse, viele Menschen wollen ein besonderes Highlight im Garten, beobachtet man auch bei Starkl. starkl.at

» Einen Garten zu pflegen, heißt an morgen zu glauben. Wer einen Garten besitzt, weiß, wie erfüllend das Beobachten der wachsenden Blüten und Blätter ist.« Theresia Starkl, Marketingchefin von Starkl

Erschienen in:

Falstaff LIVING 03/2024

Für den LIVING Newsletter anmelden

* Mit Stern gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Anrede

Lifestyle & Genuss – das sind die zentrale Themen der Falstaff-Magazine. Nun stellen wir das perfekte Surrounding dafür in den Mittelpunkt. Das Ambiente beeinflusst unsere Sinneseindrücke – darum präsentiert Falstaff LIVING Wohnkultur und Immobilien für Genießer!

JETZT NEU LIVING 24/03