Trend biophiles Design: Was steckt dahinter?
Biophiles Design ist im Interior-Kosmos in aller Munde. Doch was bedeutet diese Design-Strömung eigentlich? LIVING nimmt den Mega-Trend unter die Lupe.
22.02.2024 - By Verena Schweiger
Die steigende Urbanisierung und der Trend in die Stadt zu ziehen ist seit Jahrzehnten ein Fakt. Mit der zunehmenden Verstädterung wächst jedoch auch die Sehnsucht der Menschen nach Natur im urbanen Umfeld. Die Biophilie versucht im Hinblick auf Lebensräume diesem Bedürfnis zu begegnen und Architektur und Design stärker mit natürlichen Elementen anzureichern und mit solchen zu verschränken. Derzeit findet kein Branchentreff und kein Design-Event statt, ohne dass biophiles Design in aller Munde ist. Doch was steckt hinter diesem Trend?
Biophilie als Artefakt der Verstädterung
Der Begriff Biophilie wurde terminologisch von dem deutsch-US-amerikanischen Psychoanalytiker, Philosophen und Sozialpsychologen Erich Fromm in seiner Abhandlung »Die Seele des Menschen« (1968) erstmals verwendet. Der Terminus wurde darin im Kontext seiner Charakterologie und Ethik eingeführt und kann mit »Liebe zum Leben und Lebendigem« bezeichnet werden. Unabhängig von Fromm entwickelte der Soziobiologe Edward O. Wilson in seinem Buch »Biophilia« die Biophilie-Hypothese (1984), die im Laufe der Evolution dem Menschen eine Vorliebe zur Artenvielfalt und Erhalt des Ökosystems unterstellt. In Zeiten, in denen viele Teile der Bevölkerung bereits in Städten leben, wird dieser suggerierte Urtrieb zum starken Bedürfnis. Umgewälzt auf Architektur und Design bedeutet die Biophilie eine Miteinbeziehung der Natur. Begrünte Bauten, Grünflächen, natürliche Materialien und eine naturnahe Formensprache sind Ergebnisse dieser Strömung, die eben nicht rein ästhetische Wurzeln hat, sondern vor allem durch sozialpsychologische und ethische Antriebsfedern inspiriert wird.
Dimensionen und Praxisformen des biophilen Designs
Fachleute sprechen von bis zu 14 Elementen des biophilen Designs, die wiederum zu Design-Mustern führen. Visuelle und non-visuelle Stimuli sollen die Natur dadurch wieder näher an den Menschen bringen. Der Einsatz von Wasser, die Integration von diffusem Licht und Airflow sind einige der Elemente, die bei Entwürfen eine entscheidende Rolle spielen und Naturnähe simulieren. Die Grenzen zwischen dem Draußen und dem Drinnen sollen sich vermischen und materielle Verbindungspunkte schaffen. Bodentiefe Fenster, florale Textil-Ornamente, organisch geformtes Mobiliar oder Lehm als Baustoff sind die praktische Folge dieser Strömung. Nachwachsende Materialien gewinnen an Beliebtheit, die regenerative Landwirtschaft war soeben großes Thema auf der Stockholm Möbelmesse 2024. Auch heilende Räume und die wohltuende Kraft der Architektur sind immer mehr Branchenthema ebenso wie die systematische Verschränkung von digitalem Fortschritt und Naturverbundenheit.