Altbauwohnung: sinnliches Lichtkonzept sorgt für neuen Glanz
Ein bürgerliches Wohnhaus aus dem Jahr 1895 präsentiert sich dank stilsicherer Möblierung und einem sinnlichen Lichtkonzept in neuem Glanz. Der Altbauwohnung wurde mit sorgfältig ausgesuchten Farb- und Materialkontrasten neues Leben eingehaucht.
23.02.2024 - By Patricia Brandeville
Header-Bild: Schwarz-weisse Nuancen Eindrückliche Raumhöhen, dekorative Stuckaturen, herrliche Parkettböden: Hier entfalten die mehrheitlich in Weiss- und Schwarztönen gehaltenen Möbel eine besonders edle Wirkung. Durchgehende Blickachsen betonen die räumliche Grosszügigkeit.
Am Zürichberg, im nordöstlich der Zürcher Altstadt gelegenen Quartier Oberstrass, scheint die Abendsonne länger, sind die Strassen kurviger und wirken die Bäume älter und wuchtiger. Auch sind die Häuser hier repräsentativer und durch ihre oft klassizistische Architektur vornehmer. In einer dieser engen Kurven der Quartierstrasse steht ein historisches Stadthaus mit dem Baujahr 1895. Bereits von aussen zeigt sich das mehrstöckige Gebäude von herrschaftlicher Eleganz. Seine Fassade ist mit Gesimsen, Ecklisenen und oberhalb der Fenster teils mit Bogenfriesen geschmückt. Von aussen lässt sich ablesen, dass die Fenster zwar eher schmal, die dahinter liegenden Räume jedoch überhoch sind, und dass der wintergartenähnliche Erker einen zusätzlichen idyllischen Wohnraum bildet.
Klassischer Kontrast
Beim Eintreten wird schnell klar, dass es sich hier gediegen wohnen lässt. Die Wohnung beeindruckt durch die grosszügige, klassizistische Grundrissordnung mit zentralem Erschliessungsraum, von wo aus sämtliche Zimmer zugänglich sind. Die Räume bestechen durch herrliche Parkettböden, eindrückliche Raumhöhen und dekorative Stuckaturen an den Decken, edle Wandverkleidungen, wunderbare Fliesen in Küche und im Wintergarten sowie einer vorteilhaften Raumaufteilung. Zudem verfügt die weitläufige Wohnung über einen pittoresken Erker und einen grosszügige Balkon mit Blick ins Grüne. Die städtische Umgebung ist ruhig und grün, alter Baumbestand umgibt das Haus. «Die grösste Herausforderung bei der Konzeption der Möblierung war, dass beinahe jeder einzelne Raum andere Materialien aufweist. Zudem war das Lichtkonzept eine Aufgabe für sich», erklärt Simon Kern, Verkaufsleiter für die Region Zürich bei der Teo Jakob AG, dem Spezialisten für Einrichtung und Innenarchitektur. Zudem sollte der Kundenwunsch berücksichtigt werden, die Gestaltung möglichst auf die Farben Schwarz und Weiss zu konzentrieren.
Repräsentativer Baustil
Bereits die Wohnungstüre ist eine Augenweide. Verglasungen, mattiert und mit eingeätzten Blumenmustern dekoriert, bringen Tageslicht vom Treppenhaus in die Wohnung. Hier empfängt ein grosser Raum die Gäste wie in einem Vestibül. Ein zentraler Ottoman («Amoenus» von Maxalto) hilft beim Ablegen der Kleider, während sich die Garderobe etwas versteckt um die Ecke befindet. Mit dem drehbaren, runden Ottoman verfügt das Vestibül über ein prominentes Möbelstück im Eingangsbereich, das wie ein elegantes Rückgrat alle Räume miteinander verbindet. Über dem runden Hocker inszeniert eine Pendelleuchte (von Nuura) mit sechs leuchtenden Glaskugeln den Raum und schafft ein einladendes Ambiente. Weisse Wände, weisse Decke, weisse Türen: So wie im Eingangsbereich bildet Weiss in allen Räumen die Basis für die ausgesuchte Einrichtung, die Leuchten und auch die grossen Schwarz-Weiss-Fotos an den Wänden. Vom Vestibül aus sind alle Räume zugänglich: Geradeaus ist bereits der Salon mit dem Heimbüro zu sehen, von wo der Blick weiter nach draussen auf den Balkon und ins Grüne schweifen kann. Rechts vom Salon lädt das Esszimmer zum gemeinsamen Dinieren ein; es ist ein heller grosszügiger Raum mit Zugang zum Erker sowie Fenstern mit Ausblick über das Quartier und in Richtung Abendsonne. Möbliert ist das Esszimmer mit einem schwarzen Esstisch sowie sechs Polsterstühlen, alles von Horgenglarus. Gekrönt wird das Esszimmer durch eine Leuchte mit grossen mundgeblasenen Leuchtkugeln. «Wir haben keinen Leuchtenhersteller zweimal verwendet und trotzdem untereinander ein stimmiges Zusammenspiel erreicht», bezeugt Simon Kern, der mit Leidenschaft Einrichtungsprojekte für Privat- und Geschäftskunden begleitet. Dem Esszimmer folgt im Uhrzeigersinn die Stube. Der grosse weisse Raum mit seinen floralen Deckenstuckaturen, der helle Teppich sowie das grosszügige Sofa von B&B mit hellem Stoffbezug unterstreichen die vornehme Eleganz. Im benachbarten Bibliothekzimmer laden zwei Eames-Chairs vor dem Bücherregal «Jack» von B&B Italia zum Lesen ein. Mit einem schlichten Daybed lässt sich der Raum unkompliziert in ein Gästezimmer umfunktionieren. Prägend für das Bibliothekzimmer ist der auffällige, diagonal verlegte Parkettboden mit markantem Hell-dunkel-Effekt. Auch die untere Hälfte der Wände sowie die Einbauschränke übernehmen den Hell-dunkel-Effekt durch ihre Holzverkleidung. Dass auch die Decke im Originalzustand sehr repräsentativ und dekorativ gestaltet war, zeigt ein über die Sanierung hinweg erhalten gebliebener Bereich; eine Reminiszenz an den repräsentativen Baustil vom Ende des 19. Jahrhunderts.
Untereinander verbunden
Alle Räume – ausser die Küche, die Bäder und das kleinste Schlafzimmer für die Tochter – sind vom Vestibül aus mit Türen zugänglich und jeweils auch durch den benachbarten Raum erreichbar. Mit Doppeltüren, die alle in einer Flucht liegen und die Zusammengehörigkeit und Grosszügigkeit der Räumlichkeiten unterstreichen, sind Esszimmer, das darauf folgende Wohnzimmer wie auch das Bibliothekzimmer miteinander verbunden. Die komplette Inneneinrichtung der Wohnung wurde durch die Teo Jakob AG konzipiert und umgesetzt. Dabei galt es, den architektonischen Gegebenheiten dieses historischen Stadthauses Beachtung zu schenken. Und besonders auch den unterschiedlichen Verlegearten und Hölzern beim Parkett in den verschiedenen Zimmern Rechnung zu tragen. Auf den wunderbaren Parkettböden entfalten die mehrheitlich in Weiss- und Schwarztönen gehaltenen Möbel eine besonders edle Wirkung. Vielfältige Oberflächen verstärken diesen Farbmix ebenso wie das ausgeklügelte Lichtkonzept, das Leuchten unterschiedlichster Hersteller vereint. Das Ergebnis ist ein wunderbar klassisches, zeitloses Zuhause mit neuzeitlichen Möbeln und Klassikern aus den namhaftesten Kollektionen. Die grosszügig geschnittenen Räumlichkeiten in dem gutbürgerlichen Wohnhaus aus dem Fin de siècle erstrahlen in neuem Glanz. Gut möglich, dass bereits James Joyce in diesem Haus ein- und ausgegangen ist. Denn ab 1915 wohnte der irische Schriftsteller im Quartier und schrieb an seinen beiden zu Klassikern gewordenen Romanen «Ulysses» und «Finnegans Wake».
DIESER BEITRAG ERSCHIEN IM LIVING SCHWEIZ HEFT 23/02.