Inspiration Himmelskörper: Mondphasenuhren
Das Firmament inspiriert die Meister der Haute Horlogerie seit jeher dazu, kosmische Phänomene feinmechanisch umzusetzen und abzubilden. Wir zeigen die schönsten und spannendsten Interpretationen – von Mondphasenindikationen über Tag/Nacht-Anzeigen bis hin zur Sternschnuppe am Zifferblatt.
23.11.2023 - By Ines B. Kasparek
In einem berühmten Lied des französischen Chansonniers Charles Trenet aus dem Jahr 1939 heißt es: »Le soleil a rendez-vous avec la lune. Mais la lune n’est pas là et le soleil attend …«, sinngemäß übersetzt: »Sonne und Mond haben sich verabredet, doch der Mond zeigt sich nicht und die Sonne wartet …« Die alternierend erscheinenden Himmelskörper werden gerne als Allegorie auf zwei Liebende gesehen, deren Wege sich – aufgrund einer Laune des Schicksals – nicht kreuzen. Die tragische Romantik, die in dieser und jeder anderen mit dem Firmament assoziierten Geschichte liegt, bietet Kunstschaffenden seit jeher endlose Inspirationsquellen. Auch die Uhrmacherkunst beschäftigt sich seit Jahrhunderten mit der Darstellung himmlischer Phänomene, allen voran mit der Anzeige der Mondphasen. Bereits im frühen 16. Jahrhundert gab es Großuhren, die auch den Mondzyklus anzeigten. Was vermeintlich einfach klingt, birgt in der technischen Umsetzung durchaus einige Tücken.
HIMMELSZEITEN
Mit 29 Tagen, 12 Stunden, 44 Minuten und 3 Sekunden, die der Erdtrabant für einen Umlauf benötigt, präsentiert sich der Mondzyklus als recht eigenwillige Zeiteinheit, die ihrem individuellen Rhythmus zu folgen scheint. So fügt sich dem Mysterium des Mondes, das viele unserer Lebensbereiche tangiert, noch die Faszination für den Uhrmacher hinzu, der versucht, den Lauf der Mondphasen über einen sehr langen Zeitraum hinweg so exakt wie möglich darzustellen. Je nachdem, wie genau er es nimmt, desto herausfordernder gestaltet sich die
Fertigung. Das Streben nach höchstmöglicher Präzision gleicht einem sportlichen Wettkampf um den maximalen Zeitraum bis zur nächsten Korrektur. Bei A. Lange & Söhne beispielsweise geben die Mondphasenanzeigen die Umlaufzeit des Mondes mit einer derartigen Genauigkeit wieder (angegeben sind 99,998 Prozent), dass bei ununterbrochenem Lauf der Uhr die Anzeige erst nach 122,6 Jahren um einen Tag korrigiert werden müsste. Berechnungen dieser Art sind natürlich rein hypothetisch, benötigt doch jede mechanische Uhr in Intervallen von wenigen Jahren ein Service, wodurch ein Durchlaufen unmöglich gemacht wird.
LUNAS ÄSTHETIK
Steht die Mondphasenanzeige allein (und ist nicht Teil eines ewigen Kalenders) gehört sie zur Gruppe der »kleinen Komplikationen«. Von diesen ist sie nicht nur die schönste, sondern auch die mannigfaltigste. Der Mond inspiriert die Meisteruhrmacher und Produktdesigner immer wieder zu neuen, großartigen Interpretationen. Schönheit liegt selbstverständlich stets im Auge des Betrachters, doch auch objektiv gesehen gehören sowohl »Luna Magna« als auch »Perpetual Moon« – beide von Arnold & Son – zu den spektakulärsten Mondphasendarstellungen. Eine weitere Manufaktur, die für ihre herausragenden uhrmacherischen Interpretationen himmlischer Phänomene – nicht nur der Mondphasen – bekannt ist, sitzt im Schweizer Vallée de Joux: Jaeger-LeCoultre lancierte erst kürzlich die »Reverso Tribute Duoface Calendar« – mit Kalendarium und Mondphase auf der einen und zweiter Zeitzone mit Tag/Nacht-Anzeige auf der anderen Seite. Für weibliche Uhrenfans stellte Jaeger-LeCoultre im Vorjahr die bezaubernde »Rendez-Vous Star« vor. Sie birgt eine völlig neue Komplikation, die sowohl die Romantik als auch die Unvorhersehbarkeit von Sternschnuppen darzustellen versteht. Ausgelöst durch die Bewegung des Handgelenks fliegt eine Sternschnuppe nach dem Zufallsprinzip in großem Bogen über das Zifferblatt. Und wer darauf nicht eigens warten möchte, kann den entzückenden Mechanismus auch über die Krone auslösen.