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Laborgeprüft: Können synthetische Diamanten ihren natürlichen Verwandten das Wasser reichen?

Sie sind günstiger, optisch, chemisch und physikalisch fast ident mit natürlichen Diamanten und funkeln noch dazu perfekt. Aber können synthetisch hergestellte Diamanten tatsächlich mit natürlich geschürften Steinen mithalten?

18.12.2023 - By Irmie Schüch-Schamburek

Header-Bild: Farbenfroh »Diavon« vertreibt nachweislich nachhaltigen Schmuck und Labordiamanten, unter anderem in Fancy Colors und Fancy Shapes.

Dem unangefochtenen Hero der Edelsteine, dem Diamanten, wird ziemlich viel Power nachgesagt. Für geistige Freiheit soll er stehen. Charakter, Selbstbewusstsein und Willensstärke schenken. Und angeblich soll die beliebte Preziose – Detoxies werden es danken –, wenn man nur intensiv genug daran schleckt, sogar Hungergefühle reduzieren. So weit, so gut. Doch mit einer Eigenschaft werden Diamanten immer aufwarten können, nämlich jener, Menschen mit ihrem einzigartige Funkeln in den Bann zu ziehen. Ihr Glanz fasziniert, bewegt, motiviert – letzteres auch leider dazu, das Bankkonto zu plündern. Und weil der Diamant aufgrund seiner Härte und seiner Wärmeleitfähigkeit auch als Werkstoff viel zu teuer ist, wurde nun eine Variante aus dem Labor entwickelt. Obwohl immer mehr Schmuckmarken auf die »Light Version« zurückgreifen, ist die Hemmschwelle bei Verbrauchern noch richtig hoch. Man stellt sich zurecht die Frage: geht der Zauber künstlich hergestellter Diamanten verloren? Die Idee der künstlichen Diamanten geht auf die 50er-Jahre zurück. Damals wurden sie nur für die Industrie verwendet, denn diese ersten synthetischen Diamanten waren noch sehr klein, von geringer Qualität und somit nicht als Schmucksteine geeignet. In den folgenden Jahrzehnten wurden verfeinernde Verfahren entwickelt, was mittlerweile beste Qualität ermöglicht. Der zur Zeit größte Labordiamant im Baguetteschliff hat stattliche 30,18 Karat und eine Topqualität.

Makellos Der Tiroler Kristallkonzern Swarovski erweiterte sein Sortiment um Schmuckkollektionen aus recyceltem Gold, gepaart mit Labordiamanten.

© Swarovski

Laborgeprüft Das »Center for Scientific Gemmology« der Johannes Kepler Universität in Linz kann dank neuester Technologien jeden Edelstein klassifizieren.

© beigestellt

Echt oder fake?

Genau genommen sind Labordiamanten »echte« Diamanten. Sie unterscheiden sich von natürlichen Diamanten nahezu nicht. Das Problem war und ist ihre Deklaration. Bevor es entsprechende Sortiermaschinen gab, wurden im Großhandel bis zu 30 Prozent nicht als solche deklarierte Labordiamanten unter die Naturdiamanten gemischt. Da synthetische Diamanten mittlerweile wesentlich günstiger als Naturdiamanten sind und diese Betrügereien im großen Stil stattfanden, stellte dies die ganze Branche vor große Herausforderungen. Inzwischen hantieren viele Juweliere mit Prüfgeräten, die Naturdiamanten identifizieren können. Etliche Hersteller von Labordiamanten wiederum kennzeichnen ihre Steine, um Betrügereien vorzubeugen, beispielsweise durch winzige Hologramme.

Lupenrein Das amerikanische Unternehmen »Ice Dazzle« hat sich auf Silber- und Goldschmuck mit hochwertigen Labordiamanten spezialisiert.

© Ice Dazzle

Wertverlust

Der Diamantenpreis bei Schmucksteinen befindet sich zur Zeit in freiem Fall. Allein in den letzten Monaten verlor er bei Naturdiamanten über zwölf Prozent. »Schuld ist die geringe Nachfrage«, so Stefan Nikl, Präsident des Diamant Clubs Wiens. »Einerseits schwächelt die Weltwirtschaft und es gibt eine hohe Inflation, dazu kommt die geringe wirtschaftliche Entwicklung in den USA und in China.« Doch auch die Preise von Labordiamanten purzeln. Waren diese vor wenigen Jahren noch sehr rar und fast so teuer wie Naturdiamanten, fiel auch ihr Preis um mehr als 40 Prozent in den letzten Monaten. Denn mittlerweile gibt es vor allem in China riesige Produktionsstätten, die den Weltmarkt mit Massenware verschiedenster Qualitäten überschwemmen. Im Schmuckbereich haben Labordiamanten heute bereits einen Anteil von etwa zwölf Prozent. Doch im Gegensatz zu Naturdiamanten, deren Preis auch wieder steigen wird, ist dies bei Labordiamanten kaum zu erwarten.

Nachhaltig Die Uhrenmanufaktur Breitling verwendet für ihre ikonischen Uhren, wie den »Super Chronomat Automatic 38 Origins« ausschließlich rückverfolgbares 18-karätiges Rotgold und Labordiamanten.

© Breitling / Franz J. Venzin

Nachhaltig

Der sogenannte Kimberly-Prozess hat durch die Zertifizierung von Naturdiamanten zur Transparenz betreffend Herkunft und Schürfbedingungen beigetragen und wird künftig auch soziale oder ökologische Fragen thematisieren. Dass all dies schon heute möglich ist, beweist Benedikt Lufua, Gemmologe, Gründer von »Benedikt Diamonds« und Österreicher mit kongolesischen Wurzeln. Er bezieht seine Diamanten um einen 30 Prozent höheren Preis direkt von kleinen Minen mit umweltfreundlichen Schürfmethoden und verkauft sie geschliffen ohne Zwischenhändler weiter. Bei Labordiamanten wiederum ist es vor allem die Wartung der für die Produktion benötigten Maschinen, die als besonders umweltbelastend und ressourcenintensiv angesehen wird. Und speziell in China produzierte Ware wird oft unter prekären Arbeitsbedingungen hergestellt. Bleibt die Frage, wohin die Reise langfristig geht – Natur- oder Labordiamanten. Für die meisten Premium-Schmuckmarken sind Labordiamanten ein Tabu. Hier wird nahezu ausschließlich auf natürlich geschürfte Steine gesetzt, und das wird wohl auf absehbare Zeit auch so bleiben. Im Modeschmuckbereich hingegen etablieren sich die hier »Manufakturdiamanten« genannten Synthetics aufgrund ihres geringen Preises und ihres nachhaltigen Images gut. Die Edelsteine aus dem Labor sind gekommen, um zu bleiben.

Fashion Jewelry Modeschmuckmarken verwenden immer öfter Labordiamanten für ihre Kreationen wie der »Infinite 14k Gold Lab-grown Diamond Ring« ...

© Pandora

... und den »Infinite 14k Gold Lab-grown Diamond Ring« von Pandora.

© Pandora
Aufgrund ihrer strukturellen Eigenschaften unterscheiden sich synthetische Diamanten immer noch von natürlichen.

Clemens Schwarzinger

Diamantexperte »Center for Scientific Gemmology«

Clemens Schwarzinger

Diamantexperte »Center for Scientific Gemmology«

Können Sie als Leiter des »Center for Scientific Gemmology« jeden künstlichen Diamanten mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln als solchen enttarnen?

Wir können alle synthetischen Diamanten zweifelsfrei identifizieren. Der Großteil der synthetischen Diamanten ist relativ einfach zu erkennen, wenn man das entsprechende Equipment hat. Manchmal müssen jedoch selbst Spezialisten länger tüfteln, um ein sicheres Resultat zu garantieren. Aber aufgrund mancher strukturellen Eigenschaften unterscheiden sich synthetische Diamanten im Moment immer noch deutlich von natürlichen Steinen.

Kann man künstliche Diamanten auch maschinell herausfiltern?

Die großen Diamanthändler:innen haben alle inzwischen Screening-Geräte, die Chargen von bis zu 1000 Diamanten, auch solche mit einer geringen Größe von etwa 0,01 Karat, prüfen können. Sie werden in das Gerät gekippt und die Maschine sortiert sie in zwei Kategorien: natürliche Diamanten und solche, die kein eindeutiges Ergebnis zeigen. Keines dieser Geräte kann synthetische Diamanten erkennen – es kann nur natürliche Diamanten von sogenannten Typ IIa-Diamanten trennen, und diese können natürlich oder synthetisch sein. Die nicht eindeutig als natürlich identifizierten Diamanten werden als Labordiamanten gehandelt. Bei unklarer Ware macht eine Weiteruntersuchung finanziell keinen Sinn, daher werden fragliche Diamanten zur Sicherheit als synthetisch aussortiert. Mit Screening-Geräten werden wir nie hundertprozentig sichere Ergebnisse erzielen. Um Sicherheit zu gewährleisten, ist – zumindest noch im Moment – menschliche Intelligenz und Erfahrung vonnöten.

Handwerkskunst Die Goldschmiedin Elisabeth Habig fertigt einzigartige Schmuckstücke aus recyceltem Gold und Silber mit Labordiamanten.

© Elisabeth Habig

Erschienen in:

Falstaff THE JEWELRY EDITION 01/23

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