My City: Ein architektonischer Rundgang durch Dublin
Iren sind großartige Geschichtenerzähler. Die grüne Insel mit knapp fünf Millionen Einwohnern ist voll von Literaten, Dichtern und Sängern. Jeder Ort hat seine eigenen Geschichten, und auch die Hauptstadt Dublin, von James Joyce in »Ulysses« verewigt, ist wie ein Roman für sich. Das spiegelt sich natürlich auch in ihrer Architektur wider: selten vordergründig, oft komplex, mit Zitaten, versteckten Hinweisen, einem Weitererzählen der Vergangenheit.
»Das Lesen ist uns sehr wichtig«, sagt auch John Tuomey, der hier mit Sheila O’Donnell seit 32 Jahren das gemeinsame Büro führt: »Die Poesie der Architektur ist eine fundamentale und unterschwellige Realität der Architektur. Wenn wir Bücher über Literatur und Wissenschaft lesen, warum nicht auch über Architektur?« Sheila O’Donnell ergänzt: »Ich glaube, es gibt Parallelen zwischen dem Zusammenfügen von Wörtern und Gebäuden. Wir benutzen Sprache sehr oft, um herauszufinden, was etwas wirklich ist.«
Das Bauen als Hineinschreiben in den Ort – sehr irisch. Da verwundert es nicht, dass Kulturbauten ein Schwerpunkt im Schaffen von O’Donnell und Tuomey sind. Hochschulen, Kinos, Kunstgalerien, Büchereien und Kulturzentren sind im Lauf der Jahre aus ihrer Feder geflossen und in Holz, Stein, Glas, Ziegel und Beton gegossen worden.
»Wir wollen, dass unsere Bauten eigenartig vertraut wirken«, sagen sie geheimnisvoll, »besonders in ihrer Idee und ihrem Ausdruck, aber verankert in der Tiefe des Orts, an dem sie stehen.«
Dublin ist eine Stadt, die sich am besten zu Fuß erleben und erwandern lässt.
O’Donnell + Tuomey
O’Donnell + Tuomey wurde 1988 von Sheila O’Donnell und John Tuomey in Dublin gegründet. Ihre Bauten wurden mit insgesamt über 120 Preisen bedacht. 2015 erhielten die beiden Architekten die RIBA Gold Medal für ihr Gesamtwerk. odonnell-tuomey.ie