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Opernball-Charity: Maler Herbert Brandl im Porträt

Herbert Brandl gilt mit seinen großformatigen Werken, die imposante Bergpanoramen ohne jeglichen Kitschverdacht ebenso wie abstrakte, dafür umso intensivere Farbwelten zeigen, als einer der bedeutendsten österreichischen Künstler der Gegenwart. Für den Opernball hat der Maler ein Bild geschaffen, dessen Verkaufserlös der Initiative »Österreich hilft Österreich« zugutekommt.

30.01.2024 - By Jasmin Bürger

Er bezeichnet sich selbst als »Pessimist aus Leidenschaft«. Und auf die Frage, ob er stolz auf sein Werk sei oder beim Betrachten früherer Arbeiten Verbesserungspotenzial sieht, meint er: »Manchmal neige ich dazu, zu sagen, alles ist Mist«. Doch meist weiß der gebürtige Grazer Herbert Brandl seine Arbeit genauso zu schätzen wie die internationale Kunstwelt, die ihn in seinen malerischen Anfängen in den 80er-Jahren zu einem der »Neuen Wilden« erkor. Dann sagt er: »Ich mag meine Bilder schon sehr.« Alles andere wäre auch traurig, fließt in seine Arbeiten doch so vieles ein, was Brandl wichtig ist – und: »Die Malerei ist für mich mehr Leidenschaft als Arbeit, sie erfüllt mich.« Er ist ein Beobachter, ein Sammler, nimmt Eindrücke aus der Natur, auch klein und flüchtig, wahr und bringt sie, oftmals abstrahiert und aufs Wesentliche wie Farbe und Form verdichtet, auf die Leinwand. So wie sein Lieblingsmotiv, die Berge. Seine Bergpanoramen etwa entstehen mit kräftigen, breiten Pinselstrichen, die Kunstkritiker an die Hiebe von Schwertkämpfern, die Brandl bewundert, erinnern. Der 64-Jährige selbst spricht von »der Landschaft, die aus dem Pinsel rinnt«, und es ist eine raue Monumentalität, fernab von Kitsch. »Ohne Titel« sind die meisten dieser Bilder. »Mich interessiert nicht, wie der Berg benannt wurde, sondern eher das Wesenhafte der Form des Bergs, die Klarheit und Sauberkeit«, sagt er. Ein paar »Sehnsuchtsberge« hat der Maler, der seinen Arbeits- und Wohnort Wien durchaus gern gegen eine Bergwelt tauschen würde, aber schon: das Matterhorn, den Mount Everest.

Noch heute leidet Brandl an den Folgen eines Aortarisses vor mehr als zehn Jahren. Seine Verbindung zur Malerei hat der Kampf mit dem Tod gestärkt.

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»Spirit Rose«, Herbert Brandls Werk für den Opernball, greift die Farbwelt des heurigen Balls auf und bringt mit kräftigen Pinselstrichen die tanzende Menge am Parkett auf Leinwand.

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Licht und Farbe

Zeit seines Schaffens nimmt neben der gegenständlichen Malerei – auch Tierzeichnungen widmete sich Brandl intensiv – die abstrakte Darstellung großen Raum ein. Der Neoexpressionist schafft dabei regelrechte Farbexplosionen, die doch wie komponiert wirken. »Lichteindrücke und das Zusammenspiel von Licht und Farbe« gehören zu den dominierenden Einflüssen seiner Arbeit, sagt er selbst. Die Malerei entdeckte Brandl »bereits in der Volksschule« für sich, Talent und Galeristen, die dieses erkannten, machten ihn nach dem Studium an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien schon in jungen Jahren zum international gefragten Künstler. Seine Teilnahme an der Biennale Sao Paolo 1989 oder 1992 bei der Documenta XI in Kassel sind nur zwei in einer ganzen Reihe internationaler Auftritte, 2007 vertrat er Österreich bei der Biennale di Venezia. Und auch in der Heimat stellte Brandl in praktisch allen großen Museen aus, das Belvedere21 etwa zeigte 2020 in »­Exposed to Painting« mit rund 80 Werken eine Retrospektive auf seine Arbeit seit der Jahrtausendwende. 2010 widmete die Albertina mit »Berge und Landschaften. Monotypien« seinem modernen Heimatfokus eine eigene Schau. 300 Drucke, entstanden in nur zwei Jahren, wurden gezeigt – die Zahl ist umso beeindruckender, als Brandl in dieser Zeit fast gestorben wäre und mit schweren Komplikationen nach einem Aortariss zu kämpfen hatte. Nur durch eine Notoperation im Wiener AKH konnte das Aneurysma entdeckt und behandelt werden. Gerade noch. Als Brandl aus dem Koma aufwachte, wusste er nicht, wo und wer er war, »nur, dass ich Maler bin«, erinnert er sich. Bis heute leidet er gesundheitlich an den Folgen des Vorfalls: »Ich musste mein Leben von Grund auf ändern«. Seine Verbindung zur Malerei hat der Kampf mit dem Tod jedoch gestärkt: »Im Kopf hab’ ich immer weitergemalt, auch als ich im Spital lag. Meine Bilder vor und nach dem Unfall unterscheiden sich in der Bildsprache auch nicht.«

Zwischen Plan und Kreativität

Apokalyptische und monochrome, düstere Arbeiten gehörten schon davor immer wieder zum Repertoire des Pessimisten, in dem doch ein kleiner Optimist steckt. »Ich hoffe, dass ich bis zum letzten Atemzug malen kann«, sagt er. Gelöst hat er sich 2019 nach 15 Jahren von seiner Professur an der Kunstakademie Düsseldorf, es war ihm schlicht zu viel. Brandl ist ein Viel-Maler, und mit der Größe seiner Werke macht er es sich auch nicht leicht. »So große Leinwände musst du auch körperlich in den Griff bekommen. Da darfst du keinen Millimeter versagen. Deshalb ist für mich ein Plan notwendig, den ich aber in dem Moment, in dem ich an die Leinwand gehe, schon über Bord geworfen habe«, wird er anlässlich seiner Vorjahres-Ausstellung »Think Big« im Künstlerhaus in Wien zitiert. Der Plan helfe ihm, mit der bildhaften Darstellung gesammelter Eindrücke überhaupt anzufangen. Im Malprozess »kommt dann aber oft etwas ganz anderes heraus und ich schaue, wohin es mich führt«. Dabei versuche er, »ein Bild immer in einem Zug, in einer Aktion zu machen«. So hat er es auch für sein Werk für den Opernball geplant. »Ich habe das Bild zuerst auch in einem hingeworfen«, doch dann »fehlten mir Details«. Brandl fügte da einen Strich, dort etwas Farbe mit Spray hinzu, bis er zufrieden war. Herausgekommen ist mit »Spirit Rose« eine Hommage an den Ball. Die großen, kreisförmigen, dynamischen Pinselbewegungen erinnern an die tanzende Menge am Parkett. Mit den Details hat er auch die vielen kleinen Gesten, Bewegungen und Interaktionen, die den Ball ausmachen, auf Leinwand verewigt. Das Werk stellt er der Wiener Staatsoper, die den Ball wie im Vorjahr ins Zeichen der Solidarität setzt, zur Auktion zur Verfügung. Dass er damit Georg Baselitz nachfolgt, ehrt Brandl, gehört der Maler doch zu jenen Künstlern, die ihn inspirieren – ebenso wie van Gogh oder de Kooning. Der Erlös der Auktion kommt, wie alle rund um und auf dem Ball eingenommenen Spenden, der Hilfsaktion »Österreich hilft Österreich« zugute. Die Auktion im Dorotheum läuft bis 15. Februar, der Rufpreis für »Spirit Rose« liegt bei 60.000 Euro.

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