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Peter Zumthor: Der große Visionär in Wien

Er ist Pritzker-Preisträger und einer der bedeutensten zeitgenössischen Architekten. Darüberhinaus ist Peter Zumthor ein leidenschaftlicher Musik-Liebhaber. Im Jahr seines 80. Geburtstags lud der Musikverein und Wien Modern den Schweizer nach Wien. Bis 24. November sind ihm diverse Veranstaltungen gewidmet.

17.11.2023 - By Verena Schweiger

Bescheiden und beinahe ein wenig schüchtern betritt er die Bühne durch jene Tür, hindurch welche für gewöhnlich Orchester, Solist:innen und Dirigent:innen in den Goldenen Saal des ehrwürdigen Musikvereins zu ihren Auftritten eilen. Peter Zumthor feierte im April seinen 80. Geburtstag. Anlässlich seines Jubiläums und ob seiner Liebe zur zeitgenössischen klassischen Musik, lud der Musikverein Wien und Wien Modern den hochdekorierten Architekten im Rahmen des Zeitgenossen Festivals »Perspektiven« ein, seine Liebe für Klang mit dem Wiener Publikum zu teilen. Mit der Konzert- und Gesprächsreihe stellt die Gesellschaft der Musikfreunde renommierte Künstler:innen in den Fokus, die keine Musiker:innen sind, die aber privat eine große Leidenschaft für Musik hegen. Anhand von Konzerten Neuer Musik und Künstler:innengespräche sollen so die eingeladenen Persönlichkeiten von einer anderen Perspektive entdeckt werden. Bereits Maler Georg Baselitz gastierte im Herbst 2022 aus selbem Anlass in Wien. Damals saß der mittlerweile verstorbene österreichische Komponist Friedrich Cerha im Publikum. Das erste Konzert der »Perspektiven«-Reihe 2023 ist ihm gewidmet.

Architektur-Visionär im Konzertsaal

Der Schweizer Peter Zumthor ist einer der bedeutensten Architekten unserer Zeit. Seine Bauwerke sind teils Pilgerstätten für Design- und Architekturfans aus aller Welt. Mit ikonischen Bauten, wie der mit grauem Gneis verkleideten Felsentherme in Vals oder der Bruder-Klaus-Kapelle in der deutschen Eifel, hat er sich unauslöschlich in die internationale Architektur-Geschichte eingeschrieben. 2009 wurde sein Werk mit dem Architektur-Oscar, dem Pritzker Preis ausgezeichnet. Der damalige Jury-Vorsitzende Peter Palumbo hob in der Verlautbarungsschrift im Vorfeld der Verleihung Zumthors »... Respekt vor der Vorrangstellung des Ortes, dem Erbe einer lokalen Kultur und den unschätzbaren Lehren der Architekturgeschichte ...« hervor. Und es ist auch jene Hingabe, auf die er selber im Auftaktgespräch zur »Perspektiven«-Reihe am Mittwoch Abend mit Musikvereins Intendant Stephan Pauly und Wien Modern Leiter Bernhard Günther immer wieder Bezug nimmt. Gerade in kreativen Prozessen bräuchte man Zeit, um sich von Gedanken und Orten durchdringen zu lassen, mit dem Ziel etwas Innovatives zu schaffen. »Das müssen die Menschen, die mit mir bauen aushalten«, lacht Zumthor verschmitzt. »Dieses Verstehen eines Ortes, woher er kommt und was er ist, dauert bei mir unterschiedlich lange, ist aber maßgeblich für den Entwurf. Manchmal geht es schneller. Baue ich an fremden Orten, wie in Los Angeles oder in der Wüste, so dauert es länger.« Die zeitweiligen Zwistigkeiten gelte es auszuhalten, denn das Endergebnis würde versöhnen, sagt der Architekt überzeugt.

Architekt und glühender Musik-Liebhaber

Auf diese Weise erfährt man eine ganze Menge über den Menschen Peter Zumthor. Das rund 40-minütige Gespräch ist eine Annäherung an den Pritzker Preisträger und leidenschaftlichen Hörer zeitgenössischer Klassik. Durch zehn Jahre hindurch habe er sich intensiv in das Genre eingehört und für sich erkundet. Er liebe aber auch Jazz, die späten Werke Beethovens hat seine erste Freundin ihn entdecken lassen. Architektur und Musik verbinde das Erlebnis an sich und das Nachfühlen. Sinnlichkeit und Gespür, so scheint es, sind für Peter Zumthors Schaffen maßgebliche Konstanten. Bis 24. November finden insgesamt acht weitere solcher Gespräche mit Musiker:innen statt, bei denen Peter Zumthor selbst die Fragen stellen wird. Auftakt der spannungsreich programmierten Konzerte waren am Mittwoch Abend im Anschluss des Werkstattgesprächs die Stücke »Fasce« von Friedrich Cerha und eine famos lebendige Interpretation von »Wound« von Komponistin Rebecca Saunders. Am Pult des ORF Radio-Symphonieorchesters und des Klangforums stand Dirigent Bas Wiegers.

Das Werkstattgespräch am Mittwoch Abend war eine Annäherung an den Menschen Peter Zumthor sowie eine Liebeserklärung an die Kraft der Musik.

© Musikverein Wien & Wien Modern, Foto: Raphael Mittendorfer

Durch das Werkstattgespräch führten Musikvereinsintendant Stephan Pauly und Wien Modern Leiter Bernhard Günther.

© Musikverein Wien & Wien Modern, Foto: Raphael Mittendorfer
Die Therme in Vals gilt als einer der Hauptwerke von Peter Zumthor.

Die Therme in Vals gilt als einer der Hauptwerke von Peter Zumthor.

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