(c) James McDonald

Trendvorschau 2024: Modern Art Déco

Das Interior-Jahr wird kontrastreich. Aktuelles Design nimmt gezielt Anleihen im Art Déco. Zeitgenössische Entwürfe profitieren von einer neuen Nostalgie.

08.02.2024 - By Elisabeth Klokar

Titelbild: Moderne Eleganz  Glatte Oberflächen, klare Linien, starke Symmetrien – das Design der 1920er-Jahre ist auch 2024 allgegenwärtig – hier zu sehen im Claridge’s-Hotel.

Die Welt des Interior Designs ist stets und gewusst eine faszinierende Reise durch zeitlose Ästhetik, zeitgenössische Entwürfe und vielfältige Stilverbindungen. In der Ära der Wiederentdeckung vergangener Epochen erleben wir aktuell eine Renaissance von Designelementen aus dem Art Déco, gefolgt von dunklen Möbeln, einem Touch Nostalgie und der pointierten Lust an Antiquitäten. Rustikale Oberflächen aus Myzel, japanischer Shikkui-Putz und Bouclé-Stoffe bringen Charakter, und starke Farben setzen Accessoires wie Möbel in Szene. Wie wäre es also mit einem Merrill-Esstisch in Lavendel oder einen Rey-Chair von Hay in Scarlet Rot? So viele verschiedene Stile, Trends und Vorlieben. Wie lassen sich diese kombinieren, um Räume zu schaffen, die vereinen, was gefällt? Die Kunst besteht darin, ein stilistisches Gleichgewicht zu finden, und: Kennerschaft hilft.

Ein geschultes Auge schafft den Mix

»Bei der Schaffung eines Stils geht es darum, eine visuelle Sprache zu entwickeln, die mit den Werten kohärent ist und erkennbar bleibt. Ich neige dazu, meinem Instinkt zu folgen und umfangreiche Recherchen anzustellen, wobei ich bei jedem neuen Projekt Bezüge zum Erbe des Designs und zu den großen Meistern herstelle. Dabei beziehe ich verschiedene Perspektiven ein, von aufstrebenden Designern mit eklektischen Stücken bis hin zu Vintage-Design und Ikonen des letzten Jahrhunderts«, erzählt etwa Nina Yashar, Gründerin der Mailänder Design-Galerie Nilufar. Ohne entsprechendes Wissen klappt die stilistische Reise demnach nicht. Was die Frage aufwirft, welche Merkmale im Art Déco denn nun vorherrschen. Die Bezeichnung selbst leitet sich von »arts décoratifs« ab, das sind dekorative oder »angewandte Künste«, und bezieht sich konkret auf die 1925 in Paris gezeigte Großausstellung »exposition international des arts decoratifs et industriels modernes«. »Als Stilbegriff verwendet, bezeichnet Art déco vor allem französische Möbel und Interieurs aus der Zeit von ca. 1925 bis 1935«, erklärt Kunsthistorikerin Eva B. Ottillinger, Kuratorin im Möbelmuseum Wien. »Die Möbel des Art déco waren Luxusprodukte, die meist als Unikate hergestellt wurden und heute in Museen oder Sammlungen zu finden sind; zu deren wichtigsten Vertretern etwa Jacques-Emile Ruhlmann, Pierre Legrain oder Jean Dunand zählen«, so die stellvertretende Leiterin der Abteilung Historische Sammlungen im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft. »Typisch waren die Verwendung von teuren, exotischen Hölzern, Lack- und Metallelementen, aber auch Bespannungen aus Krokodil- oder Schlangenleder.« Übersetzt ins Jetzt verkörpern besonders Samt­sofas in Petrol bis Violett (Serie »Boccaccio« by Romeo Sozzi), schwere Stoffe mit grafischen Mustern, viel Gold (»Strada Oval«-Leuchte von Kelly Wearstler) und gebürstete Metalle, Beistelltische und Konsolen in symmetrischer Formensprache, hochglänzende Oberflächen, Marmor sowie geschliffenes Glas die Ära des Great Gatsby. Tropical Deco nutzten dafür Architekt:innen im heute unter Denkmalschutz stehenden Art-déco-Viertel in Miami, der sich in gestuften, glatten Wänden, Symmetrie, langen horizontalen bis geschwungenen Linien und nautischen Bullaugenfenstern in Pastellblau, -gelb bis Korallenpink darstellt, gefolgt von Glasblockdetails, Kronleuchtern, Stuck­decken, Terrazzo­böden und paradiesischen Wand­gemälden. Modern wurde dieser etwa von Ken Fulk für das Hotel »The Goodtime» interpretiert.

Beständigkeit und Eleganz

Insgesamt geht es bei der gelungenen Umsetzung von modernem Art déco darum, die Grenzen zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu verwischen, eine einladende Atmosphäre zu schaffen, die sowohl Luxus als auch Behaglichkeit ausstrahlt. Nostalgie auf subtile Weise können etwa eine Vintage-Tischlampe von Tiffany, eine Mazda-Leuchte, ein Jindrich-Halabala-Sessel oder Klassiker von Jean-Michel Frank und Charlotte Perriand einbringen. Wie Kelly Wearstler beherrscht auch Yashar die Balance zwischen Klassikern und neuen Wohnansprüchen gekonnt. »Ich spiele immer gerne mit geometrischen Mustern, opulenten Materialien und raffinierten Details, die typisch für das Art Déco sind, indem ich Stücke aus der Vergangenheit und der Gegenwart verwende und so verschiedene Epochen und Perspektiven miteinander verbinde. Diese moderne Interpretation verleiht den Räumen einen Hauch von Glamour und bewahrt gleichzeitig eine frische und aktuelle Ästhetik.« Und wie sieht es mit der derzeit aufkommenden und anhaltenden Nachfrage nach dunklen Möbeln aus? Das entspricht wohl dem Wunsch nach Beständigkeit und Eleganz, was inmitten der dynamischen Natur von zahlreichen Trends im aktuellen Design eine erdende Präsenz bietet.

»Plywood Chair« by Owl Die »La-Pepino«-Kollektion folgt dem Trend organisch geformter Sofas. Zylindrische Kissen spielen mit den Kontaktpunkten zwischen Polsterung und Körper.

(c) OWL

Neuinterpretation Das Pariser Studio Loupiote zitiert die Formensprache des Art déco in diesem aktuellen Entwurf.

Gekonnter Stilmix Dass Anleihen aus verschiedenen Stilrichtungen zeitgenössischem Design gut tun, zeigt Designexpertin Nina Yashar in ihrer Galerie Nilufar.

(c) Filippo Pincolini

Dunkle Töne Möbel mit Marmor und Holzelementen vermitteln Beständigkeit und sind heuer auch in Braun und Schwarz zu sehen.

(c) Anne Emmanuelle Thion

Tropical Deco Florale Formen und Pastellfarben sind typisch für Art déco aus Miami. Modern interpretiert von Ken Fulk für das The Goodtime.

(c) The Goodtime Hotel, Miami Beach

Erschienen in:

Falstaff LIVING 01/2024

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