Center Piece: Esstische aus Holz
Zwischen luxuriösem Centerpiece und poetischer Handwerkskunst: Diese Essplätze haben es in sich. Das hat vor allem mit dem Material zu tun. Denn Tische und Stühle aus Holz zeigen nachhaltigen Charakter und sehen dabei auch noch gut aus.
06.05.2024 - By Florentina Welley
Titelbild: Fossiles Holz: Der »Taol«-Tisch von Paola Lenti hat eine Platte aus versteinertem Abonos-Pappelwurzelholz. paolalenti.it
Die ältesten Rohstoffe der Natur haben ihr Öko-Image längst abgelegt und werden zu Luxus-Interior verarbeitet, dem man seinen Ursprung oft gar nicht mehr ansieht. Als regenerativer Energiespeicher strahlt Holz Wärme aus und kann sogar Glückshormone aktivieren. Besonders dann, wenn es kostbar verarbeitet und geformt ist. Kein Wunder, dass die edlen Hölzer an den Essplatz zurückkehren. Pappel, Esche, Ulme und Eiche, wertvolle Hölzer wie Mahagoni, Teak, Walnuss oder Kirsche sind allesamt gefragte Werkstoffe. Denn die Holznutzung ist in der Möbelindustrie zu einem wichtigen Schritt in Richtung Ressourceneffizienz, Kreislaufwertschöpfung und Klimaschutz geworden. Als Kohlenstoffspeicher bindet Holz auch CO2. Hersteller wie Vitra, Rolf Benz oder Paola Lenti verarbeiten Kern- und Wurzelhölzer besonders gerne zu Tischen. Dabei zeigt sich der Werkstoff sowohl von seiner rauen als auch von seiner luxuriösen Seite. Mit polierten Oberflächen in Varianten von hell bis dunkel können schöne Akzente gesetzt werden. Kombiniert mit Messing oder Marmor, haben die Essplätze einen Charakter zwischen Mid-Century-, Rustic- und Empire-Chic.
EMPIRE-CHIC & KONSTRUKTIVISMUS
Inspiriert von den 1950er-Jahren, werden dunkle Hölzer eingesetzt, etwa bei Jasper Morrisons »Plate Dining Table« aus Eiche für Vitra, zu dem sich klassische »Panton Chairs« gesellen und für einen minimalistischen Interior-Style sorgen. Schließlich lautet Jasper Morrisons Designgrundsatz »Super Normal«. Komplexer wird es bei der Möbelserie »Migumi«, die Architekt Kengo Kuma entwarf. Seine skulpturalen Tischkonstruktionen aus 20-Millimeter-Eichenrahmen sind als Hommage an die Kompliziertheit zu verstehen. Der Name, abgeleitet von »Mi-Assembly«, spiegelt die aufwendige Montage der Möbel und das harmonische Zusammenspiel von Holz und Marmor wider. Kuma beschreibt seine Esstische und Stühle als »inspiriert von der Verschmelzung von Sonnenlicht und Holz«.
HOLZ: NATÜRLICHE SINNLICHKEIT
Dass Holz mit sinnlichen, biomorphen Formen eine Hommage an die Handwerkskunst wird, zeigt sich bei »der Charaktertisch« der Serie »Rolf Benz 988«. Designer Bodo Sperlein bringt mit einem geschwungenen Gestell aus massiver Eiche oder Nussbaum Poesie an den Essplatz. Monotropa, ein in Prag ansässiges Designstudio, will wiederum mit seinem nordafrikanisch inspirierten »Berber«-Stuhl aus Eichenholz eine Oase des Wohlbefindens schaffen und einen bewussten Lebensstil fördern. Glamourös wird es bei Boca do Lobos »Empire«-Esstisch. Die Oberfläche des Tisches aus kostbarem Pappelwurzelholz hat natürliche offene Risse, die kunstvoll mit glänzendem Messing ausgegossen wurden. Wahrlich vom Baum der Erkenntnis essen kann man wiederum auf Paola Lentis minimalistischem »Taol«-Tisch (Titelbild). Mit der Platte aus Abonos-Pappelwurzelholz setzt die Designerin auf Nachhaltigkeit und Respekt für die Umwelt und erzählt eine Geschichte: Das fossile Holz lag jahrtausendelang unter Wasser und wird mittels Extraktionsverfahren aus Flussbetten gewonnen. Es trägt Spuren von Wasser, Sand und Kies in sich und hat deshalb unterschiedliche Farbtöne. Kühlere Farben deuten auf kiesige Umgebungen hin, warme Orangetöne auf Lehm. Die abgerundete Tischplatte scheint zeitlos und verkörpert all das, was man am Rohstoff Holz so liebt.