(c) Wiener Staatsoper, Michael Poehn

Opernball-Tiara: Das große Funkeln seit 1956

Seit dem ersten Opernball im Jahr 1956 lenken sie die Blicke der Gäste auf sich: die Krönchen der Debütantinnen. Die Geschichte der Tiara ist reich an Anekdoten. Falstaff wagt einen Blick ins Archiv und auf einige der spannendsten Kreationen.

25.01.2024 - By Christoph Schwarz

Als sich Swarovski-Chefdesignerin Giovanna Battaglia Engelbert daran machte, das Krönchen für den Opernball 2024 zu entwerfen, war klar, wohin die Reise geht: graziös arrangierte Kristallelemente, die im Tanz bei jeder Bewegung im Licht funkeln – und so die Blicke der Tausenden Gäste in der Oper (und der unzähligen vor dem Fernseher) auf sich ziehen sollen. Jede der 160 Tiaras, die beim diesjährigen Opernball die Debütantinnen als Geschenk erhalten (und nur sie – käuflich erwerben kann man die Modelle nicht), wurde von Swarovski aus 233 klaren ­Kristallen in unterschiedlichen Schliffen gefertigt, die in eleganter Anordnung von übergroßen Elementen bis zu kleinen Kristallformen hinabfließen. Als der Ball in der Staatsoper im Jahr 1956 – der Wiederaufbau des Hauses am Ring nach dem Krieg war da gerade erst abgeschlossen – erstmals über die Bühne ging, sah das noch ganz anders aus: Wie die Verantwortlichen überhaupt auf die Idee kamen, die Häupter der Debütantinnen mit kleinen Krönchen (die halbmondförmigen Tiaras oder Diademe kamen erst viel später) zu krönen, weiß heute kaum noch jemand.

Mysthische Entstehungsgeschichte

Offenbar, so ist in alten Büchern zu lesen, dürfte Erni Kniepert, eine »grandiose« Kostümbildnerin des Burgtheaters, an der Idee beteiligt gewesen sein. Es wurde also eifrig gezeichnet, entworfen – und wieder verworfen. Bis man sich schließlich auf kleine, kompakte Tüllkronen einigte, in deren Mitte wippende Drähte angebracht waren. Nun ja. Die Begeisterung der Verantwortlichen und der Gäste hielt sich 1956 offenbar in Grenzen: Der erwünschte »Theatereffekt« sei nicht eingetreten, hieß es später. Und so entwarf und entwickelte man mit Eifer weiter – bis man 1959 dann doch noch zufrieden war. Die Krönchen wurden damals erstmalig ausschließlich aus Tiroler Schmucksteinen des Hauses Swarovski erzeugt. Das grundlegende Design war geschaffen. Handgefertigt wurden die Krönchen damals in alter Gablonzer Tradition im oberösterreichischen Enns. Alljährlich wurden neue Kreationen eingereicht, 1963 hielt man gar einen Wettbewerb an der Akademie für Angewandte Kunst (Preisgeld: 1500 Schilling) ab. Einige Jahre ging das gut, bis – so befanden die Verantwortlichen – die Ideen für neue Formen und Designs 1974 erschöpft schienen. Man entschied sich fortan für gleichbleibende Krönchen und änderte das Design über Jahrzehnte hinweg nur selten.

Der richtige Sitz der Tiara ist entscheidend: Unterstützung erhalten die Debütantinnen von den Experten des Privatsalons Steinmetz-Bundy.

(c) Michael Pöhn, Swarovski,

Die Tiara 2024:  Swarovski setzt auf  »graziös arrangierte Kristallelemente in unterschiedlichen Schliffen und Größen«. Das Strahlen der Debütantinnen wird von einem Lancôme-Look unterstrichen. Jede Debütantin wird mit persönlichen Make-up- Produkten vorab ausgestattet.

(c) Swarovski/Jürgen Hammerschmid

Bunte Farben, große Namen

Auch mit der Tradition, ausschließlich weiße Kristallsteine zu verwenden, brach man anfangs kaum. Nur in den 1970er-Jahren kamen andere Farben zum Einsatz – und das Experiment ging offenbar schief: Man wollte sich die Krönchen von den unterschiedlichen Bundesländern schenken lassen und als Dank deren Farben verewigen. 1972 trug das Krönchen einen roten Stein als Sinnbild der roten Granate Tirols. Im Jahr darauf trat das Burgenland als Gönner auf – und ein sonnengelber Stein sollte verarbeitet werden. Durch Missverständnisse kam es nicht dazu, der Ärger war groß – und die Idee wieder vom Tisch. Erst ab den 2000er-Jahren wurden die Krönchen wieder farbenfroher. Praktischer in der Handhabung sind sie auch: Mittlerweile sind Ösen angebracht, die den Debütantinnen helfen, diese unfallfrei mit Haarnadeln zu fixieren. Die Steine für die Krönchen kommen seit 1968 von Swarovski, seit 2006 werden die Krönchen auch von dem Tiroler Traditionsunternehmen selbst gefertigt – in manchen Jahren stammen die Entwürfe vom haus­eigenen Designerteam, in anderen von namhaften internationalen Größen der Branche: Prinz Dimitri von Jugoslawien machte 2012 den Anfang, es folgten unter anderem Marie Boltenstern, Karl Lagerfeld, Dolce & ­Gabbana, Donatella Versace und Christian Lacroix. Eines hat sich in all den Jahrzehnten nicht geändert: Die Debütantinnen dürfen die Tiaras mit nach Hause nehmen – und so manches Stück erlebt seinen zweiten Einsatz bei der Hochzeit.

Design-Highlights der Opernball-Tiara

Einen Besuch wert: Die schönsten Opernball- Krönchen aus den vergangenen Jahrzehnten stellt Swarovski bis 25. Februar in seinem Store in der Kärntner Straße aus.

1956 Das erste Modell: »Entzückend«, aber noch nicht wirklich beliebt Weshalb genau man 1956, als der Opernball Premiere feierte, auf die Idee kam, die Debütantinnen mit Krönchen auszustatten, das ist nicht genau überliefert. Nach langen Überlegungen entwarf man eine kompakte Tüllkrone mit aufgenähten Glassteinen, in deren Mitte Drähte mit glitzernden Kugeln wippten. »Entzückend«, befanden die Gäste damals angeblich. Ganz zufrieden war man aber dennoch nicht: Der erhoffte »Theatereffekt« blieb (noch) aus.

(c) Stefan Gergely

1962 und 2000 Ein Krönchen hinterließ bleibenden Eindruck Im Jahr 1962 wurde das Modell erstmals für die Debütantinnen kreiert, 2000 feierte es sein Revival: Das Schmuckstück ist das einzige, das nach mehreren Jahren Pause in unverändertem Design erneut zum Einsatz kam. Eine Zäsur galt es einige Jahre danach zu vermelden: Bis 2006 trugen die Debütantinnen Krönchen – seither sind es Tiaras, also Diademe. Der Grund: Richtig im Haar befestigt, kann man diese von oben aus den Logen besser bewundern als die Vorgängermodelle.

(c) Stefan Gergely

1969 Nachhaltiges Design: Ein Krönchen für viele Häupter Das Krönchen, das im Design noch stark an das erste Modell von 1956 erinnert, kam nicht nur im Jahr 1969 zum Einsatz. Ganze drei Jahre lang zierte es die Häupter der Debütantinnen, ehe 1972 wieder eine neue Kreation Einzug hielt. Ein Design für mehrere Jahre? Das war früher keine Seltenheit. Am längsten hielt sich das Krönchen aus dem Jahr 1987, das von Debütantinnen unverändert ganze zwölf Jahre lang bis zum Jahr 1999 getragen wurde.

(c) Stefan Gergely

2006 Erstmals Tiara statt Krone: »Red Carpet« beim 50. Opernball Anlässlich des 50. Opernballs stellte Swarovski erstmals nicht nur die Kristalle zur Verfügung, sondern designte die Tiara auch selbst. Unter dem Titel »Red Carpet« schuf man ein Haar-Ornament im Art-Nouveau-Stil, das den »Flair der Opernwelt« einfangen sollte. Im Zentrum steht ein großer, ba-guetteförmig geschliffener Kristall, umspielt von 256 einzelnen Kristallsteinen. Eine Kreation, die den Debütantinnen den »anmutigen Glanz einer Prinzessin« verleihen sollte.

(c) Stefan Gergely

2008 Die großen Metropolen dieser Welt dienten »Electra« als Inspiration. Überraschend modern mit klarer, strenger Formensprache: Das Designteam vom Swarovski wagte sich im Jahr 2008 an eine außergewöhnliche Kreation. Die Tiara »Electra« wurde in Anlehnung an die damalige Swarovski-Kollektion »Avenues of Light« entworfen, die ihre Inspiration »aus der überschäumenden Dynamik großer Welt-metropolen und einer urbanen Landschaft mit einer schier unendlichen Folge funkelnder Fensterfronten« zog.

(c) Stefan Gergely

2010 »Out of the Blue«: ultra-feminin, elegant und exotisch Fließendes Design und fein gearbeitete, schimmernde Kristallelemente: Für den Opernball 2010 entwarf das Designerteam von Swarovski eine Hommage an das Element Wasser und an »die Vielfalt und Schönheit des Lebens im Meer«: Die Entwürfe für die kristallfunkelnden Wassertropfen, die die Tiara bilden, entstanden im Pariser Designstudio des Unternehmens. Der Entwurf, so hieß es damals, versprühe »Eleganz, Exotik, Wohlbefinden, Jugend und Lebensfreude«.

(c) Stefan Gergely

2017 Karl Lagerfeld entwarf »Le beau Danube bleu« zu Ehren des Donauwalzers Als der Eröffnungswalzer des Opernballs – der Donauwalzer – 2017 sein 150. Jubiläum feierte, setzte ihm der mittlerweile verstorbene Stardesigner Karl Lagerfeld auch mit seinem Entwurf zur Tiara ein Denkmal:
Sie besteht nicht nur aus klaren Swarovski--Kristallen, sondern wird von einem markanten saphirblauen Band und Kristallperlen geziert. »Meine Vision von der Krönung der Donau«, beschrieb Lagerfeld seine Kreation damals.

(c) Stefan Gergely

2018 Die Kreation von Dolce & Gabbana nimmt Bezug auf »Le nozze di Figaro« »Muntere Jugend – streue Blumen« heißt es bei Mozarts Oper »Le nozze die Figaro« in der achten Szene des ersten Akts. Auch die Tiara des großen italienischen Luxus-Labels Dolce & Gabbana trägt diesen Namen: »Giovani liete – fiori spargete«. Zarte Blumen treffen auf organisch geschwungene Blätter, insgesamt wurden in jeder der detailreichen Tiaras exakt 702 Swarovski-Kristalle sowie sechs roséfarbene Blüten aus  Emaille verarbeitet.

(c) Stefan Gergely

2023 Im Vorjahr erinnerte die Tiara an die berühmten Sisi-Sterne 27 Sterne aus Diamanten ließ sich Kaiserin Sisi von den Juwelieren Köchert und Pioté einst entwerfen, fortan trug sie die Herrscherin einzeln oder zum Diadem zusammengesteckt im Haar. Bekanntheit erlangten sie durch ein Gemälde von Franz Xaver Winterhalter, das Sisi mit den Sternen zeigt. Die Tiara »Dancing Stone« nahm das Thema auf und sollte die Debütantinnen ermutigen, an »Sternschnuppenwünsche zu glauben und an Träumen festzuhalten«.

(c) Stefan Gergely

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