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Schwerpunkt Denkmalschutz - Die DOs and Dont's der Expert:innen

Alte Gebäude strahlen einzigartigen historischen Charme aus. Der Denkmalschutz kann einem aber auch einen Strich durch die Rechnung machen. Ob er den Wert eines Objekts mindert oder hebt, hängt von mehreren Faktoren ab. 

10.01.2024 - By Heimo Rollett

Die Unterschutzstellung von Teilen des Gebäudes oder gleich von ganzen Gebäuden ist ambivalent zu sehen«, meint Wolfgang M. Fessl, Experte für Immobilienbewertungen bei Reinberg & Partner Immobilienberatung. Fessl: »Einerseits bedeutet dies einen massiven Eingriff in das Eigentumsrecht, denn die:der Eigentümer:in kann nicht mehr frei über ihr Eigentum verfügen. Konkret werden Abbrüche und größere Eingriffe in die Substanz nicht mehr möglich sein. Und selbst geringere Eingriffe müssen mit dem Bundesdenkmalamt koordiniert werden.«

Förderungen und Finanzierungen

Das bedeute einen zusätzlichen Aufwand und somit einen monetären Nachteil der Eigentümer:innen. »Dieser muss möglichst akkurat quantifiziert werden und fließt wertmindernd in die Wertermittlung ein«, so Fessl. Andererseits ermögliche die Unterschutzstellung – so der konkrete Terminus für den Denkmalschutz – den Eigentümer:innen auch, Förderungen für Sanierungsmaßnahmen zu lukrieren, die anderen Immobilienbesitzer:innen verwehrt bleiben. Diese können laut Fessl zwar nicht unmittelbar innerhalb der Wertermittlung abgebildet werden, weil sie in der Regel die Finanzierung der Liegenschaft betreffen, haben aber einen großen Einfluss auf den Cashflow und somit auf die Liquidität der Immobilienbesitzer:innen. Rund 38.000 Gebäude stehen in Österreich aktuell unter Denkmalschutz, gut 23.000 ­davon sind profane Immobilien, also ohne ­religiösen Hintergrund. »Ein Gebäude wird nur dann unter Schutz gestellt, wenn es eine besondere geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung besitzt«, erklärt Helga Noack, Geschäftsführerin von ­DenkMalNeo. »Es hat also per se einen ­außer­gewöhnlichen Wert, nicht nur für die:den Eigentümer:in, sondern auch für die Gesellschaft. Dieser Wert wird nur durch unsachgemäßen Umgang mit dem Denkmal gefährdet«, so Noack weiter. Neben dem rein monetären Wert stellt die emotionale Komponente einen schwer zu beziffernden Faktor in der Rechnung von Immobili­enentwickler:innen dar. Sanierte Altbauten in attraktiver Lage sind wegen der hohen Wohnqualität bei Mieter:innen und Eigentümer:innen begehrt – wer residiert nicht gerne in einem piek­feinen Palais? Durch die entsprechend ­hohen Mieteinnahmen und eventuellen steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten können sich die höheren Kosten für Instandsetzung, Modernisierung und Erhaltung ausgleichen lassen.

Fabrik Kaiserstraße Nachnutzung ist nachhaltig: In diesem ehemaligen Fabriksgebäude im siebenten Wiener Bezirk fühlt sich die Kreativszene als -Nutzerin wohl. Der Denkmalschutz stört da ganz und gar nicht – im Gegenteil, man ist auf die Gebäudeikone stolz.

© Bruno Klomva

Palais Faber Das Palais Faber in Salzburg zeigt, dass Denkmalschutz kein Hindernis für ein erfolgreiches Anlageprodukt ist. IFA und Soravia haben schon zahlreiche Denkmäler saniert – mit gutem Ergebnis für die Nutzer:innen und für die Investor:innen.

© IFA AG

Hochbunker Hamburg Wenn’s hier klappt, funktioniert es -überall: Ein 1942 errichteter Hochbunker in Hamburg wurde in eine moderne -Wohnanlage mit 15 stylishen Wohnungen -umgebaut. Da der siebenstöckige Bunker Bestandsschutz genoss, wurden die 1,1 Meter dicken Außenmauern erhalten.

© Grohe

Besser vorher prüfen

Wer mit einem Objekt aus früherer Zeit lieb-äugelt, sollte deshalb auf jeden Fall ganz genau hinsehen. Denn die oftmals relativ geringen Anschaffungskosten können sich zu einem Renovierungsfass ohne Boden entwickeln. Das ist vor allem dann zu beachten, wenn Sie durch Maßnahmen eventuell die Zustände des Baus verändern, etwa durch Wanddurchbrüche, den Ausbau von Keller- oder Dachgeschoß, den Austausch von Fenstern und Türen oder die Befestigung von Satelliten- oder Solaranlagen. DenkMalNeo hat eine Sanierungsstudie entwickelt, die diese Dinge schon im Vorfeld abklärt. Sie bildet den Ausgangspunkt für Eigenümer:innen von Bestandsgebäuden auf ihrem Weg zur nachhaltig und langfristig rentabel sanierten Immobilie und gibt Antworten auf Fragen wie etwa: Können die schönen Holzfenster erhalten und energetisch verbessert werden? Gibt es eine Alternative zur Gastherme und was kostet sie? Gibt es eine schonende Möglichkeit, das Dachgeschoß auszubauen? In welchem Zustand befindet sich die Haustechnik? Kann ich einen Balkon anbauen? Ist eine Begrünung möglich? Und natürlich auch: Mit welchen Investitions- und Betriebskosten muss ich rechnen? »Mit der Studie in der Hand gelingt eine vorausschauende Planung«, versichert Helga Noack. Im Anschluss an die Analyse erhalten die Eigentümer:innen eine Ergebnisübersicht, in der die möglichen Energiewerte dargestellt und Sanierungskosten unter Berücksichtigung aller gewünschten Potenziale angeführt werden.

Bestand nutzen

Überhaupt stellt sich so manche Frage erst gar nicht, wenn man radikal nachhaltig denkt – und derzeit sprechen ja alle über ESG, Taxonomie und Bodenversieglung und nicht nur über Energiekosten. Etwa die Frage nach Neubau. Die Meteorologin und Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb ist überzeugt, dass es in Zukunft praktisch nur mehr um Sanierung und Umbau gehen kann und Neubauten die absolute Ausnahme sein müssen und bestenfalls nach rigoroser Einführung der Kreislaufwirtschaft im Hochbau in begrenztem Maße mit rezykliertem Material möglich sein sollten. Da wird Bauen im Bestand und im Denkmalschutz dann zum Standard und nicht zur Ausnahme.

Villa d’Este Die Architektur des Hotels »Villa d’Este« am Ufer des Comer Sees steht zwar unter Denkmalschutz, gerade der historische Charme macht die Atmosphäre aber einzigartig. Zubauten wie ein auf dem See schwebender Pool sind dennoch möglich.

© Fani Kurti

Servitenkirche Im Falle der Sanierung der Wiener -Serviten-kirche waren fünf Bauphasen nötig. -Zuerst musste die angrenzende Kapelle von Treberspurg & Partner Architekten barrierefrei gemacht werden, damit sie während der Sanierung der Hauptkirche als Ausweichraum dienen konnte.

© Wolfgang Hennigs

Villa Mautner-Jäger Das weitgehend erhaltene Juwel der Jugendstilepoche in Wien wurde 1991 unter Denkmalschutz gestellt. Nun wird das »Gartenschlössl« nach den Plänen des Architekturbüros Testor & Partner und der Architektin Nilufar W. Royce behutsam saniert.

© Zoom VP.at

Erschienen in:

Falstaff RESIDENCES Nr. 02/2023

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