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Gwyneth Paltrow: Vom Oscar auf den Business-Olymp

Vom Hollywoodstar zur erfolgreichen Businessfrau: Gwyneth Paltrow ist mit ihrem Lifestyle- und Wellnessunternehmen Goop eine Kämpferin gegen sexuelle Tabus und für weibliche Solidarität.

04.04.2024 - By Karin Cerny

Story of her life: Die Oscar-prämierte Schauspielerin avancierte in den 2010er-Jahren zur erfolgreichen Businessfrau und Unternehmerin.

Die Nullerjahre waren eine verrückte Zeit: Das Internet begann, unseren Alltag zu bestimmen, der Coffee to go wurde zum Lebensgefühl und jede:r ließ sich ein Tattoo stechen. Dieses Jahrzehnt war aber auch von einem immensen Sexismus geprägt: Popstars wie Britney Spears wurden von Paparazzi gejagt, jeder Schritt gnadenlos kommentiert. Fast schien es ein Volkssport zu sein, junge Frauen öffentlich zu demütigen. Damals war Gwyneth Paltrow ein aufsteigender Stern am Filmhimmel, bereits 1999 erhielt sie einen Oscar für ihre Darstellung in der romantischen Komödie »Shakespeare in Love«. Bei ihrer Dankesrede sieht man
eine junge Frau, die vor Glück weint, vielleicht etwas zu ausführlich ihrer Familie dankt. Retrospektiv problematisch ist allein, dass auch der für seine sexuellen Übergriffe inzwischen verurteilte Produzent Harvey
Weinstein positiv erwähnt wird. Was macht die Presse aus diesem Auftritt? »The Sun« beleidigt Paltrow als »alberne, überdrehte Schauspielerin«. Ein Kritiker meint, »ihr sonst so hübsches Gesicht verzerrte sich«, ihre
Mundwinkel »wackelten unansehnlich«. Paltrow war schon früh eine Projektionsfläche. Wahrscheinlich auch, weil ihr vieles zugefallen ist. Heute würde man sagen, sie war ein Nepo-Baby: Ihr Vater ist Regisseur
und Fernsehproduzent, ihre Mutter Schauspielerin, Steven Spielberg ist ihr Patenonkel. Der schnelle Ruhm durch den Oscar setzte der 26-Jährigen stark zu. Sie habe unter mentalen Problemen gelitten, erzählte sie später in einer TV-Show, weil sie das Gefühl hatte, danach ohnehin nicht gewinnen zu können, egal, was sie machen würde. Aber schon damals zeichnete sich eine Stärke von Paltrow ab: Anstatt stehen zu bleiben, erfand sie sich neu. Als sie 2023 die berühmten 73 Questions der »Vogue« beantwortete, bewies sie Humor: »Ihr Oscar funktioniere blendend als Türstopper«, sagte sie lächelnd in die Kamera.

ERFOLGREICHER NEUSTART

Viele Umbrüche beginnen schmerzhaft. Als Paltrows Vater 2002 an Rachenkrebs starb, veränderte sich auch der Alltag der Tochter. Eines Nachts sei sie aufgewacht und dachte, sie hätte einen Herzinfarkt, erinnert sie sich später. Um ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen, begann sie, sich mit Ernährung, Umwelt und Gesundheit auseinanderzusetzen. 2008 gründete sie die Website Goop, damals ein Newsletter mit persönlichen Lebensstil-Tipps und einem angeschlossenen Onlineshop. »Am Anfang dachten die Leute, wir wären verrückt«, verriet Paltrow »People«. Natürlich spornte sie das an. Schließlich war sie es gewohnt,
unterschätzt zu werden. »Für mich ist das eine gute Lektion: Sei einfach so, wie du bist, bleibe standhaft, finde deine Widerstandsfähigkeit.« Goop soll mittlerweile geschätzte 250 Millionen US-Dollar wert sein. Erneut
hatte ihr das keiner zugetraut: »Ich glaube, die Leute denken, ich sei die Galionsfigur«, gestand sie kürzlich. »Ich leite zwar das Unternehmen, aber ich war noch nie jemand, der versucht hat, die öffentliche Meinung oder ein Missverständnis zu korrigieren. Ich denke, das ist eine ziemlich fruchtlose Übung.«

Seit 2018 ist Paltrow mit dem US-Drehbuchautor und Regisseur Brad Falchuk, 53, verheiratet. Er brachte zwei Kinder in die Ehe mit.

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»The Clean Plate« ist das zuletzt erschienene Kochbuch aus dem Eigenverlag.

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1999 gewann Gwyneth Paltrow den Oscar in der Kategorie »Beste Hauptdarstellerin« für ihre Darbietung in »Shakespeare in Love«.

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Ob Paleo, Keto oder Clean Eating: Gwyneth Paltrow ist Food-Trends gegenüber stets sehr aufgeschlossen!

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Mit 51 hat es Paltrow satt, betonen zu müssen, dass sie mehr als ein hübsches Gesicht ist. Goop war für Paltrow stets auch eine persönliche Suche nach einem Weg, bewusster zu leben. Der frühe Tod ihres Vaters hatte sie dazu inspiriert. Die ersten Jahre setzte sie auf eine strenge makrobiotische Diät. Es hat gedauert, bis ihr klar geworden ist, dass dieses »Alles oder nichts«-Prinzip sie nicht glücklich macht. Entscheidend für die Zufriedenheit ist die Kunst des Gleichgewichts.

Neugierde als Lebenselexier

Paltrow gönnt sich inzwischen Pommes und Bier – aber nur hin und wieder. Frühstück war ohnehin noch nie ihre liebste Mahlzeit, deshalb beginnt sie den Tag mit Wasser und Kaffee und startet um 12 mit einer Knochenbrühe. Mit Intervallfasten liegt Paltrow im Trend, obwohl man nicht mehr davon ausgeht, dass man den Körper entgiften muss. Man weiß inzwischen, dass vor allem die Zellerneuerung angeregt wird. Hinzu kommen sanfte Sportarten wie Pilates oder eine Stunde lang Spazierengehen. Nachmittags steht Dry Brushing der Haut auf dem Programm, danach geht es in die Infrarotsauna. Abends stehen gekochtes Gemüse, Proteine und gesunde Kohlenhydrate im Paleo-Stil auf dem Speiseplan. »Ich denke immer darüber nach, was um die Ecke kommt und was ich verpasse. Was aufregend sein könnte«, sagt Paltrow, deren wichtigste Eigenschaft, um jung und glücklich zu bleiben, sicherlich ihre grenzenlose Neugierde ist. Natürlich ist Kritik berechtigt an der Kommerzialisierung von Selbstoptimierung, für die Goop ja auch steht. Braucht es tatsächlich ein gigantisches Goop-Kreuzfahrtschiff? Andererseits nimmt man Paltrow ihren Entdeckergeist absolut ab. Sie ist ihr eigenes Versuchslabor, probiert wahrscheinlich nicht alles, aber zumindest sehr viel selbst aus. Zahlreiche Trends hat sie vorweggenommen. Noch bevor uns die Pandemie zu mehr Achtsamkeit gezwungen hat, machte Paltrow Selfcare für Frauen modern. Anstatt sich ständig um andere zu kümmern, sollten sie sich selbst ins Zentrum rücken, so die Botschaft.

Sexual Healing als Trend

Goop hat Sexspielzeug aus der Schmuddelecke geholt, die stylishen Produkte wirken wie Kunstwerke. Paltrows Kerzen mit klingenden Namen wie »This Smells Like My Vagina« und »This Smells Like My Orgasm« verkauften sich wie warme Semmeln. Wie verschämt über diese Duftkerzen gewitzelt wurde, zeigt, wie wichtig Paltrows feministische Marketingstrategie ist. Wie verklemmt unsere Gesellschaft nach wie
vor ist, wenn es um weibliche Sexualität geht. »Das Wort ›Vagina‹ beinhaltet viel Macht«, schrieb Paltrow auf ihrem Instagram-Profil. Paltrow ist ein Vorbild, die Gegenwart zu umarmen. Offen für neue Umgangsformen
zu sein. Als sie sich 2014 von dem ColdplaySänger Chris Martin trennte, machte der Begriff »bewusste Entkoppelung« die Runde. Paltrow war schon damals klar, dass es eine neue Sanftheit braucht. Für Überraschungen war sie schon immer gut. In den 2000ern war die stille Schauspielerin mit
dem exaltierten Popstar Madonna befreundet. »Madonna ist wie eine ältere Schwester. Alles, was ich durchgemacht habe, hat sie zehn Mal schlimmer und zehn Mal länger durchgemacht«, sagte Paltrow. Die
beiden verbindet mehr als es auf den ersten Blick scheint: Sie lassen sich von der Gesellschaft keine Limitierungen aufzwingen, sondern machen ihr Ding. Sollen andere doch denken, was sie wollen. Die meisten
sind ohnehin nur neidisch.

Polarisierend, aber authentisch: Eine Gwyneth-Timeline

1996
In der Jane-Austen-Filmadaption »Emma« bewies sie erstmals in einem Duett, dass sie gut bei Stimme ist. Es folgten Songs und ein berühmter Gastauftritt in der TV-Serie »Glee«.

1999
Für »Shakespeare in Love« räumte sie einen Oscar als weibliche Hauptdarstellerin ab. Ihre emotionale Rede wurde in den Medien höhnisch kommentiert. Paltrow sieht es mittlerweile gelassen.

2023
Auch vor Gericht wegen einer Ski-Kollision machte sie eine gute Figur: Die Geschäftsfrau trug die perfekten Quiet-Luxury-Outfits.

 

 

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Erschienen in:

Falstaff Happy Life 01/2024

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