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Die Zukunft der KÜCHE

Die Küche ist längst der wichtigste Ort im Haus. Doch wie wird sich dieser Raum weiter verändern? Haben technologische Errungenschaften Einfluss auf die Art, wie wir kochen? Und welche Designansprüche stellen wir 2024? Auf der Suche nach den richtigen Antworten hat LIVING mit wichtigen Expert:innen über die Zukunft der Küche gesprochen. 

21.03.2024 - By Marlene Mayer

Titelbild: Elegante Zurückhaltung Die französische Designerin Inga Sempé ist bekannt für ihre entspannt-eklektische Formensprache. Für Reform hat sie nun die Küchen-kollektion »Column« gestaltet und verbindet dabei sanfte Kurven mit monolithischen Formen.

Spricht man über die Zukunft der Küche, löst das automatisch eine bestimmte Assoziationskette aus – und die hat viel mit Robotern und anderen hochtechnologisierten Errungenschaften zu tun. Doch im Gespräch mit Branchenkenner:innen und Küchenprofis wird schnell klar, dass diese Bilder mit der Realität nicht unbedingt viel gemeinsam haben: »Die Küche hat eine ganz klare Funktion und daher auch gewisse Stationen, die im Grunde unveränderlich sind. Wenn wir uns in 20 Jahren nicht nur noch von Kapseln ernähren, dann wird das auch so bleiben«, ist sich etwa Martin Steininger von Steininger Designers sicher, der mit seinen Küchen für einen recht monumentalen Minimalismus steht. Auch Inga Sempé – die nicht nur für ihre Lampen ausgezeichnete französische Designerin, die für Reform gerade ihre erste Küche gestaltet hat – setzt den Fokus lieber auf Wohnlichkeit und Atmosphäre als auf zukunftsorientierte Innovation: Für ihre Küche »Column« näherte sie sich den klassischen Küchenmaßen und -funktionen daher auch mit Charme und einer Idee von Savoir-vivre an. Sempé setzt sanfte Rundungen ein, bricht spielerisch die Sehgewohnheiten und pflegt dabei dennoch eine gewisse Zurückhaltung: »Private Küchen wirken oft viel zu professionell und technisch. Meine Ambition lag darin, etwas Sanftes, Geschmeidiges zu kreieren, das dennoch eine ausgeprägte Persönlichkeit besitzt.«

Innovationen im Lebensraum Küche

Das Spannungsfeld zwischen Digitalisierungseifer und der Identität der Küche als emotionales Zentrum des Hauses beschäftigt auch Georg Emprechtinger, CEO von Team 7, sehr: »Technik und Digitalisierung spielen natürlich eine sehr große Rolle für uns. Aber es darf nicht darum gehen, die Küchen mit smarten Gadgets vollzustopfen und sie Zaubertricks aufführen zu lassen.« Wichtiger wäre es, »den Stellenwert der Küche als Ort der Zusammenkunft zu stärken«, so Emprechtinger: »Diese beiden Aspekte kann etwa ein flexibles Beleuchtungssystem vereinen, das sich individuell per App steuern lässt.« Ein weiteres Beispiel für Technik, die sich nicht aufdrängt, aber den Alltag im Mehrpersonenhaushalt klar verbessert, gibt auch die stufenlos höhen­verstellbare Arbeitsplatte, die für die Küche »k7« zum Einsatz kommt. ­Emprechtinger: »Hier haben wir quasi eine Küche mit einem Fahrstuhl gekreuzt.«

Klare Formensprache in der Küche

Martin Steininger sieht vor allem im Produktionsprozess relevante Einsatzgebiete für technologische Innovationen, direkt im Wohnraum plädiert er hingegen für zurückhaltenden Gebrauch. Überhaupt geht es dem Designer in erster Linie darum, »gestalterisch ein Statement« zu setzen: »Uns machen vor allem jene Küchen Freude, die eine sehr eigenständige Formensprache, die einen skulpturalen Charakter haben.« Dass sich das Leben daheim zu weiten Teilen um den Küchenblock herum abspielt, nimmt ­Steininger jedenfalls auch privat wahr: »Meine Kinder sind quasi in der Küche aufgewachsen. Hier findet das Familienleben statt, hier entspannen wir, während wir kochen, und tauschen uns über den Tag aus.« Damit beschreibt Steininger im Grunde eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung, die sich längst auch architektonisch niedergeschlagen hat: Denn der Weg der Küche aus dem Schrankraum heraus und ins Herz des Hauses hinein sowie die Etablierung der Kochinsel als kommunikatives Zentrum der Wohngemeinschaft bleiben die wichtigste Veränderung, die auf dem Küchensektor zuletzt beobachtet werden konnte. Und die auch künftig bestimmend bleiben wird. Josef Weinhofer, der mit seiner Wohnerei als Komplettaus­statter agiert und u. a. den Küchenhersteller Poggenpohl in Österreich vertreibt, hat für diese Entwicklung dann auch konkrete Zahlen zur Hand: »Noch vor zehn Jahren wurden für die Küche Räume von zehn bis zwölf Quadratmeter geplant. Heute handelt es sich in vielen Fällen um einen offenen, großen Raum für das Kochen, Essen und Wohnen, der nicht selten 100 Quadratmeter misst.«

»Private Küchen sehen oft zu professionell und zu technisch aus und sind eine bloße Aneinanderreihung von Würfeln.« Inga Sempé über ihre Küche »Column« von Reform

»Ich glaube nicht an eine KI, die unseren Genussplan übernimmt und automatisch Milch bestellt, wenn die Packung halbleer ist.« Martin Steininger CEO Steininger Designers

»Technologien, die fast unsichtbar integriert sind, werden die Arbeit erleichtern. Damit beim Kochen ein Flow entsteht, der Spaß macht.« Georg Emprechtinger CEO Team 7

»Wir haben heute schon ein Maximum an Materialien, Farben und Formen. Aber es wird immer neue Interpretationen geben.« Josef Weinhofer von der Wohnerei

Ökologisches Bewusstsein

Spricht man über die Zukunft, kommt man nicht umhin, auch über das Thema Nachhaltigkeit zu verhandeln – ohne ökologisch motivierte Überlegungen geht es heute nicht mehr. Für das österreichische Traditionshaus Team 7 ist die Auseinandersetzung mit dem Werkstoff Holz ohnehin schon immer Teil der DNA, damit ist es für Emprechtinger aber nicht getan: »Wir nehmen die Verantwortung, die wir gegenüber unserer Umwelt und den kommenden Generationen haben, wirklich ernst. Unser Wirken ist in all seinen Aspekten an den Grundsätzen nachhaltigen Wirtschaftens ausgerichtet.« Produziert wird dabei in der »Grünen Fabrik« in Ried ohne fossile Brennstoffe, dafür mit eigenem Firmenwald, in dem etwa die heimische Erle flächendeckend wächst, der Emprechtinger aus ästhetischen wie ökologischen Gründen ein »längst ­überfälliges Comeback« attestiert.

Moderne Funktionen

Der Schwerpunkt auf dem Material bedeutet freilich nicht, dass Funktionen keine Rolle spielen. Emprechtinger: »Technologien, die fast unsichtbar integriert sind, werden die Arbeit künftig deutlich erleichtern.« Das können intelligente Ordnungssysteme ebenso sein wie innovative Auszugstechniken, alles soll leicht auffindbar und griffbereit sein, damit beim Kochen ein Flow entsteht, der Spaß macht.« Generell geht es den Herstel­ler:innen darum, Lösungen zu finden, die individuell an die Bewohner:innen angepasst werden können. »Eine Küche nutzt man ganz alltäglich und im besten Fall selbstverständlich – deswegen ist es umso wichtiger, dass man es gerne macht«, so Steininger, der davon überzeugt ist, dass sich ein zurück­haltendes, minimalistisches Design in der Küche am besten macht. Denn: Leben, Farbe und Chaos bringt der Mensch in der Regel dann doch problemlos selbst mit ein.

Schwebender Stauraum Der italienische Hersteller Molteni entwickelt seine Küchensysteme laufend weiter. Ganz neu im Sortiment ist die offen gestaltete »Kitchen Box«, die von der Decke schwebend mit Leichtigkeit für mehr Stauraum sorgt. molteni.it

(c) Molteni

Architektonische Formensprache Die »Fold«-Küche von Steininger Designers scheint beinahe zu schweben. Dabei verbindet die Messingküche zeitlose Ästhetik mit Innovationskraft – steuerbar mittels Touchpad hinter Sicherheitsglas.  steiningerdesigners.com

Eine Sache der Einstellung Bei der »k7« von Team 7 ist die Kochinsel stufenlos höhenverstellbar, sodass sich die Arbeitsplatte immer individuell in die passende Höhe bringen lässt. team7-home.com

Erschienen in:

Falstaff LIVING 02/2024

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