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Dresscode Opernball: Der perfekte Auftritt

Frack und großes Abendkleid, so lautet seit jeher die Kleidungsvorschrift für den Opernball. Und doch hat sich am Tanzparkett modisch in den vergangenen Jahrzehnten einiges getan – zumindest bei den Damen. Eine Zeitreise zu den Anfängen der Opernballmode. Und die Antwort auf die Frage, was zum heurigen, 66. Opernball alles erlaubt ist.

31.01.2024 - By Jasmin Bürger

Ein Frack kommt nie aus der Mode. Vorausgesetzt, sein Träger bleibt in Form, kann er sein Ball-Outfit Jahr für Jahr aufs Neue ausführen und dabei nie altmodisch wirken. Die Damen haben es bei der Wahl der Robe hingegen schwer: Auch wenn der Fokus auf Nachhaltigkeit immer öfter Kleidern zu einem zweiten oder dritten Auftritt auf dem Tanzparkett verhilft – modische Trends machen auch vor der Ballmode nicht halt. Und Frau will schließlich nicht wie aus der Zeit gefallen dastehen. Ist das nicht total unfair? »Absolut«, befindet Herrenausstatter Nicolas Venturini, der beim Frack zuletzt allenfalls einen Trend zur schmäleren Hosensilhouette ausmacht, »aber das war es auch schon«.

Vom Petticoat zur A-Linie

Während also den Herren am Ball modetechnisch die Rolle der Traditionalisten zufällt, sind die Roben der Damen so etwas wie ein Spiegelbild der Zeit. In den 60er-Jahren wurde erstmals nach dem Krieg wieder das Tanzparkett in der Oper ausgelegt, beschwingt wurden die Trends aus den 50ern balltauglich gemacht. Die Langvariante des Petticoats dominierte am Ballabend, erzählt Designer Thang de Hoo, der seit 1994 schon vielen Damen ihr Ballkleid auf den Leib geschneidert hat. Wobei »lang« damals noch nicht das bodenlange Abendkleid bedeutete, wie wir es heute kennen, sondern »ein Kleid, das bis zur Ferse reicht«, sagt de Hoo. Ab den 70ern rutschte der Saum nach unten, die Kleider waren wirklich bodenlang, dafür aber oft weniger ausladend – die A-Linie hielt auf Bällen Einzug. Designer Jürgen Christian Hörl, ebenfalls ein gefragter Robenschneider, erinnert auch an den vermehrten Einsatz geometrischer Muster, und schon in den 70ern wurden erstmals traditionelle Schnitte wieder neu interpretiert. Brokatkleider und Trägerkleider wurden häufig gesichtet. Die Modetrends der 80er machten auch die Ballmode wieder pompös. Hörl spricht vom »Barock der Neuzeit«. Das führte zu ausladenden Silhouetten, großen Schulterpartien und Puffärmeln, erinnert sich auch de Hoo. Eine Modeepoche, die »bis heute an Extravaganz und Üppigkeit kaum zu überbieten ist«, sagt Hörl. Mit den 90ern begann ein gegenläufiger Trend, die Kleider wurden wieder schmäler und schlichter – für de Hoo damit auch viel balltauglicher: »Auf dem engen Parkett kommt man mit einer breiten Robe kaum zum Tanzen.« Wichtiger als ein ausladender Rock sei optisch außerdem das Oberteil: »Das ist ein bisschen wie in der Badewanne: Wenn Frau in der Loge sitzt, sieht man nur den Oberkörper, da muss das Kleid obenherum etwas hermachen.«

Designer Thang de Hoo sieht bei Roben fast keine Tabus mehr.

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»Frau darf sie selbst sein«: Designer Jürgen Christian Hörl mit einem Plädoyer für Individualität auch bei der Ballmode.

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Haut und Glitzer

Auf Konventionen pfiff selbst die »Grande Dame« des Opernballs, die 2019 verstorbene Lotte Tobisch (Organisatorin von 1981 bis 1996), und trug schon früh ihre Roben nicht nur einmal. Heute sind Vintagekleider ein häufiger Hingucker, viele Damen lassen sich alte Kleider aufarbeiten. Hörl erkennt da durchaus Nachhaltigkeitsgedanken.  Ausreißer in Auffälligkeit und Extravaganz gibt es freilich auch schon lange: 1996 zeigte Grace Jones viel Haut, 18 Jahre später wurde über Kim Kardashians freizügiges Oberteil aber immer noch getuschelt. Spätestens ab den 2000ern, sagt de Hoo, ließen sich Trägerinnen immer mehr von internationalen Modetrends beeinflussen, auch weil immer mehr internationale Gäste zum Opernball kamen – nicht nur dank Baumeister Richard Lugner. Glanz und Glitzer hielten Einzug, ebenso wie neuerlich Kleider im »Prinzessinnen-Stil«, sagt Hörl. Den Beginn des nächsten Jahrzehnts sieht er dann als »stille Revolution« in der Ballmode und Geburtsstunde der Individualität bei den Roben: »Frau darf sie selbst sein, das drückt sich auch in den Kleidern aus.« Die Vielfalt an Schnitten, Stoffen, Farben und Mustern, die seither auf dem Tanzparkett gezeigt wird, ist schier endlos. Und auch die Geschlechtergrenzen lösen sich auf. Zwar trug schon in den 80er-Jahren Kaffeehausbesitzerin Susanne Widl erstmals Frack, richtig salonfähig machte das Herren-Outfit an einer Dame aber 2021 die damalige Ballorganisatorin Maria Großbauer, die am Ball erst Robe, dann Frack trug. Männer in Frauenkleidern sind auch kein Tabu mehr. Hörl etwa schneiderte 2019 Tom Neuwirth in seiner Rolle als Conchita Wurst ein bei-nahe brustfreies Kleid auf die schmale Silhouette. Designer Harald Glööckler trug im Jahr davor zwar Frack, fiel aber dennoch aus der Reihe: Sein Gesicht war komplett mit Glitzersteinen bedeckt. Für die Roben gilt heute eigentlich nur noch die (Boden-)Länge als unumstößliche Vorgabe, davon abgesehen ist »eigentlich alles erlaubt«, sagt de Hoo. Was macht dann ein gutes Ballkleid aus? »Es unterstreicht die Persönlichkeit der Trägerin.«

DIESER BEITRAG ERSCHIEN IM FALSTAFF OPERNBALL SPECIAL 2024.

Extravagante Auftritte gab es immer schon: Harald Glööckler (re.) kam mit Prinzessin Xenia von Sachsen (li.), die ein kitschiges Sisi-Outfit trug. Der Designer war vor allem auch auf Grund des Glitzer-Makeups ein Hingucker.

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Grace Jones (li.) wurde von Baumeister Richard Lugner eingeladen und trug eine gewagte Kreation.

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