(c) HNP Architects

Von Holzbau bis Quartiersentwicklung

Von der Entwicklung energieautarker Quartiere bis zum Holzbau: Heinz Neumann, Florian Rode und Oliver Oszwald von HNP architects haben die grüne Wende längst vollzogen und keine Berührungsängste gegenüber dem Baustoff Holz – im Gegenteil.  

04.03.2024 - By Maik Novotny

Titelbild: Konsequenter Holzbau Das Headquarter von PANNATURA im Burgenland ist derzeit in Bau. Der prachtvolle Mammutbaum auf dem Grundstück darf stehen bleiben.

Leise vibriert der Glastisch im großen Besprechungsraum von HNP architects in der Muthgasse im 19. Bezirk. Hinter den großen Fenstern sieht man reges Baustellentreiben, im Untergrund werden die Erdsonden in die Tiefe gebohrt. Seit Heinz Neumann hier im alten Ziegelgemäuer sein Büro einrichtete, hat sich das Umfeld verändert, aus dem früheren »Scherbenviertel« ist ein veritables Stadtquartier geworden. Büros, Wohnungen, Studierendenheime, öffentliche Plätze – und immer mehr Grün.

Expertise Holzbau

Dieses zeigt sich nicht nur in den Bäumen und Parks, sondern auch in der Architektur selbst. Denn HNP architects, bekannt vor allem durch Bauten aus Glas und Stahl, sind längst Experten in Sachen Holz. »Das praktizieren wir schon seit 2001«, sagt Heinz Neumann. »2016 errichteten wir für die ÖBB-Immobilien zwei fast identische Bauten, einen aus Stahlbeton und einen aus Holz, um die jeweiligen Vor- und Nachteile zu ermitteln.« Im Ergebnis, ergänzt Büropartner Florian Rode, sei der Holzbau, wenn man ihn konsequent bis ins Detail betreibt, zwar nicht billig, aber punktet mit schneller Montage vor Ort. »Der Brandschutz ist dabei inzwischen nicht mehr das Problem, die Herausforderung liegt eher im Schallschutz.«  Auch die brummende Baustelle vor der ­Haustür des Büros, der lang gestreckte, leicht gekrümmte Bau parallel zur Bahnstrecke, ist ein Holzbau. Stützen, Träger und Decken aus ­Fichtenholz, es duftet leicht nach Wald. Auf dem begrünten Dach werden bald die Photo­voltaikpaneele montiert, es wird Nester für Mauersegler, Falken und Insekten geben.

Nachwachsende Baustoffe auf dem Vormarsch

Bis vor wenigen Jahren wurde in Wien noch die Tradition der mineralischen Fassaden aus Putz und Stein hochgehalten, das Holz galt als ländlich. Das hat sich längst geändert, auch die Stadt Wien fördert beispielsweise experimentelle Wohnbauten aus Holz. Bei HNP architects sieht man die Materialfrage ganz undogmatisch. »­Jedes Haus hat vier Seiten, und man muss nicht alle genau gleich behandeln«, sagt Florian Rode. Auch der Bau in der Muthgasse wird eine Ziegel­fassade bekommen, um mit dem Backstein-Altbau in Dialog zu treten. Klar ist aber: Der nachwachsende Baustoff aus dem Wald hält Einzug in die Stadt. Auch im LeopoldQuartier zwischen Donaukanal und Augarten planen HNP architects Holz-Hybridbauten mit bis zu 35 Metern Höhe. Dank ­Erdwärme, Erdkälte und Photovoltaik will das LeopoldQuartier im Betrieb CO₂-frei sein und gegenüber einer herkömmlichen Energie­versorgung mit Fernwärme circa 330 Tonnen CO₂ pro Jahr einsparen. Bei den Nutzungen wird hier eine städtische Mischung aus Büros, Restaurants, Supermarkt und Wohnen realisiert. Auch das ist heute eine Selbstverständlichkeit, wie die Architekten betonen. »Nicht erst seit Corona hat das Arbeiten im Bereich Wohnen Einzug gehalten«, sagt Florian Rode. »Hier steht uns die Gründerzeit als Vorbild immer noch vor Augen, deren Bauten sich seit über 100 Jahren als flexibel erwiesen haben.« Um das heute erfolgreich zu realisieren, müsse man wichtige Details wie etwa großzügige ­Raumhöhen beachten.

In (Stadt-) Quartieren denken

»Heute denkt man nicht mehr in Einzelobjekten, sondern in Quartieren«, betont Heinz Neumann. Auch in der Muthgasse wird man bauplatzübergreifend energieautark. Um die sommerliche Überhitzung zu vermeiden, wird entsiegelt und begrünt, in hauseigenen Simulationsprogrammen werden bei HNP architects Wind und Luftströme berechnet. »An Nachhaltigkeit in der Quartiersentwicklung führt heute kein Weg vorbei«, sagt Florian Rode. »Dabei geht es – Stichwort ESG-Faktoren – auch um Kreditwürdigkeit bei der Finanzierung.« Was nicht bedeutet, dass der Holzbau komplett in die Stadt migriert ist. Auch außerhalb Wiens haben HNP architects Spektakuläres in diesem natürlichen Material realisiert. Eine Hofstelle im Süden Österreichs im Jahr 2008 beispielsweise, die 13 Jahre später einen Nachbarn beigesellt bekam, eine Halle für landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge mit großer Spannweite und organisch geschwungener Form. Derzeit in Bau befindet sich das Headquarter der PANNATURA im -Burgenland – konsequenter, moderner Holzbau bis hin zur Fassade. Nachhaltigkeit macht schließlich nicht vor Stadtgrenzen halt. Und Innovation kennt keine Dogmatik, was die Materialwahl angeht.

Starke Partner (vlnr.): Oliver Oszwald, Heinz Neumann und Florian Rode auf ihrer Baustelle in der Wiener Muthgasse gleich hinter dem Büro von HNP architects. hnp-architects.com

(c) HNP Architects, Christoph J. Heinzel

Grün und urban: Ein nachhaltiges, energie­- autarkes Stadtviertel entsteht mit dem LeopoldQuartier am Wiener Donaukanal. leopoldquartier.at

(c) HNP Architects

Erschienen in:

Falstaff RESIDENCES Nr. 02/2023

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