Hotel-Legenden: Warum sich im »Peabody« alles um Enten dreht
Blues, Soul, Elvis Presley – dafür ist die Stadt Memphis im US-Bundesstaat Tennessee eigentlich berühmt. Im noblen »Peabody Hotel« allerdings sind die Stars klein, gefiedert und schnattern gern vor sich hin: die fünf »Peabody«-Enten! Wie sie vom Duckmaster vormittags in die Lobby und nachmittags wieder ins Enten-Penthouse gebracht werden, ist tagtäglich ein beliebtes Ereignis.
Mon dieu! Viele Liebhaber der französischen Küche werden allein schon beim Gedanken daran die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Keine Ente à l’orange? Kein anderes Gericht mit Ente? Doch im altehrwürdigen »Peabody Hotel« in Memphis/Tennessee ist man konsequent: Seit 1981 sind Enten in den Restaurants dort von den Speisekarten gestrichen – Selbst im »Chez Philippe«, das damit wohl das einzige derartige französische Restaurant der Welt sein dürfte. Doch warum wird ausgerechnet im »Peabody Hotel« – kulinarisch zumindest – auf Ente verzichtet? Dafür gibt es triftige Gründe und die laufen täglich mit viel Tamtam durch die Lobby.
Schon bevor das Ereignis beginnt, liegt Aufregung in der Luft. In mehreren Reihen haben sich die Gäste versammelt, drängeln sich an den besten Plätzen am roten Teppich und halten Handys und Fotoapparate bereit. Selbst von der Galerie und den höheren Etagen haben Schaulustige den Blick auf den goldenen Fahrstuhl gerichtet. Pünktlich um 11 Uhr ist es dann so weit. Die Türen des Lifts öffnen sich und die Stars des »Peabody« watscheln heraus. Sie sind sehr klein, haben Federn, schnattern gern: die fünf »Peabody«-Enten, die völlig mühelos das Publikum beim »March of the Peabody Ducks« verzücken und für manch seliges Grinsen sorgen. Dafür müssen sie nicht mehr tun, als zur Marschmusik über den roten Teppich zu laufen. Ihr Ziel ist dabei der Brunnen aus italienischem Marmor, der mit fast 100 Jahren so alt ist wie das Hotelgebäude selbst und in dem sie die nächsten Stunden schwimmen.
Wie die Tradition entstand
Dass die Vögel vorher auf dem roten Teppich nicht ausbüxen, dafür sorgt derzeit Kenon Walker. Er ist der einzige Vollzeit-Duckmaster der Welt und setzt damit eine lange Tradition fort, die einst mit einem Mann namens Edward Pembroke begann – einem ehemaligen Zirkustiertrainer, der ursprünglich als Page im »Peabody« arbeitete. Im Jahr 1940 bot er nicht nur seine Hilfe für die Enten an, sondern hatte auch den Einfall zum Entenmarsch. Satte 50 Jahre war er der Herr der Enten, die bis heute bei einer zweiten Zeremonie um 17 Uhr zurück ins Enten-Penthouse auf dem Dach geführt werden.
Kenon Walker ist dabei gleichermaßen Enten-Sitter und Zeremonienmeister. In einer roten, goldverzierten Uniform und mit einem Stock mit Entenkopfknauf in der Hand hält er zu Beginn des Marsches eine kurze Ansprache. Dann erzählt er von dieser berühmten kleinen Tradition und wie sie in den frühen 1930er-Jahren entstand. Der damalige »Peabody«-Manager Frank Schutt kam damals mit seinem Freund Chip Barwick von einem Jagdausflug zurück – ohne Beute allerdings, nur mit den lebendigen Enten, die sie als Köder mitgenommen hatten. Nachdem sie dabei offenbar etwas zu tief in die Whiskyflasche geschaut hatten, kamen sie im Peabody auf die Schnapsidee: Warum nicht ein paar der lebendigen Köder-Enten in den Brunnen setzen? Nur so aus Spaß?
Schon schwammen drei Exemplare im Brunnen, die sich bald großer Beliebtheit bei den Gästen und den Hotelangestellten erfreuten – dauerhaft. Ja, bald wurden sogar noch ein paar Stockenten zur Verstärkung dazugeholt.
Bis heute ist im Hotel alles Ente: Die Silhouetten sind in Mustern und Logos dezent versteckt. In den Vitrinen werden Gläser mit Entenmotiv angeboten. Die Seifen in den Badezimmern haben Entenform. Es gibt die unvermeidlichen Quietschentchen für die Wanne, Patisserie in Entenform und in der Bar einen fruchtigen »Rubber Ducky Cocktail« mit schwimmender Plastikente drauf. Und trotzdem, bei allem Trubel um die putzigen Tierchen: In erster Linie handelt es sich beim historischen »Peabody« natürlich um ein hervorragendes Hotel und die vielleicht nobelste Adresse in Memphis. Die Zimmer dort sind von luxuriöser, moderner Eleganz.
Opulent ist auch das Interieur im Restaurant »Chez Philippe«. Zwischen hohen Säulen und Wandmalereien, die Gäste sich eher in Europa als in den Südstaaten wähnen lassen, wird hier nachmittags ein exzellenter Afternoon Tea serviert. Abends wiederum gibt es saisonale Menüs mit französisch und moderner US-inspirierter Küche, für die das Restaurant vielfach preisgekrönt wurde. USA Today bezeichnete es 2023 als bestes Restaurant der Südstaaten. Auch Forbes vergab vier Sterne. Mit dem hochkarätigen »Chez Philippe« ist das Angebot im »Peabody« aber noch keinesfalls erschöpft. Mit dem »Capriccio Grill« gehört auch ein italienisches Steakhaus zu den Dinner-Optionen, es gibt zwei Bars und das »Deli« bietet feine süße Versuchungen und Desserts.
Blick über den Mississippi
Zudem finden an Sommerwochenenden auf dem Dach Partys statt, bei denen man aus dem 13. Stock des Backsteinbaus eine wunderschöne Aussicht über Memphis hat – bis über den Mississippi. Das »Peabody« liegt schließlich sehr zentral in der Downtown. Das »Lorraine Motel«, wo einst Martin Luther King erschossen wurde, ist nicht weit. Auch die weltbekannte Beale Street ist nur einen Katzensprung entfernt, also jene berühmte Straße voller leuchtender Neonschilder am Abend, wo immer noch Livemusik aus den Clubs und Kneipen dringt. Früher, zur Zeit der Rassentrennung, war die Amüsiermeile Zentrum der Afroamerikaner und ihrer Musik. B. B. King eröffnete dort sogar seinen eigenen Club. Zahlreiche Legenden spielten in der Stadt des Blues und des Soul, was auch viele weiße Musiker beeinflusste. Einer davon war Elvis Presley, der ewige King of Rock ’n’ Roll, an dem in Memphis kein Weg vorbei führt. Seine Villa »Graceland« ist nach wie vor eine Fan-Pilgerstätte mit großem Museums- und Shoppingkomplex.
Eine der zahlreichen Elvis-Spuren in Memphis führt auch ins »Peabody Hotel«, wo sich bis heute Elvis’ ehemaliger Herrenausstatter »Lansky Bros.« befindet. Der junge Elvis drückte sich vor seiner Karriere an den Schaufenstern mit teuren Anzügen die Nase platt und trug später viele der Designs zu unterschiedlichsten Anlässen. »Clothier to the King« lautet daher der Slogan von »Lansky Bros.« bis heute und man kann dort unter anderem auch aus einer breiten Auswahl an Retro-Designs und Elvis-inspirierten Kleidungsstücken wählen. Es gibt Kollektionen für Männer und Frauen. Und nach wie vor schauen Musikerinnen und Musiker gern zum Einkleiden vorbei. Miley Cyrus ist genauso darunter wie Carlos Santana.
Prominente Gäste
Das Geschäft befindet sich im »Peabody«, seit das Hotel im Jahr 1981 nach einer bewegten Historie wiedereröffnete. Ursprünglich eröffnet wurde es zwar bereits im Jahr 1869, zog aber in den 1920er-Jahren an die jetzige Location um – in den Bau im Italian-Renaissance-Revival-Stil, in dem sich bis heute befindet. Mit dem Niedergang der Downtown schlitterte auch das »Peabody« Jahrzehnte später in eine Krise, die 1973 zur Schließung führte. Über zehn Jahre dauerte es, bis das Hotel Anfang der 80er-Jahre wieder zum Leben erwachte und als Traditionshaus auch die alte Gepflogenheit der Enten-Zeremonie fortsetzte.
Seitdem hatte der amtierende Duckmaster immer wieder Assistenten und Assistentinnen: Kinder, Paare, Jubilare oder einige ziemlich prominente Gäste von Jon Bon Jovi bis zu Gene Simmons von den Hardrockern von Kiss. Doch auch im Publikum konnte man über die vielen Jahre immer wieder berühmte Gesichter entdecken. Justin Timberlake schaute sich den Entenmarsch an, Jeff Bridges ebenso. Und weil Katy Perry nicht erkannt werden wollte, hatte sie zwei Freundinnen im selben Outfit im Schlepptau. Mit zu viel Aufmerksamkeit hätte sie während der Zeremonie aber wahrscheinlich ohnehin nicht rechnen müssen – schließlich sind alle Blicke auf die schnatternden Stars gerichtet.
Zu gast im »Peabody Memphis«
Der ersten Gäste empfing das historische »Peabody Hotel« in der US-Südstaatenstadt Memphis bereits im Jahr 1869. Im Jahr 1925 allerdings zog es um und wurde im heutigen Gebäude wiedereröffnet. Berühmt ist es seit mehr als 80 Jahren für die Zeremonie mit dem »Marsch der Enten«, die täglich um 11 und um 17 Uhr stattfindet. Insgesamt hat das zentral in der Downtown gelegene Hotel 464 Zimmer und Suiten. In kulinarischer Hinsicht gibt es das ausgezeichnete Restaurant »Chez Philippe«, in dem eine Mischung aus französischer und moderner US-Küche serviert wird. Es gilt als eines der besten in den Südstaaten. Das »Capriccio« hingegen ist ein italienisches Steakhaus, im »Peabody Deli & Desserts« wird man süß verwöhnt. Den Abend ausklingen lassen kann man im Hotel in zwei Bars: der »Lobby Bar« und der »Peabody Corner Bar«.
149 Union Ave, Memphis, TN 38103, USA
T: +1 800 732 2639, peabodymemphis.com