Der Genfersee oder Lac Léman ist der grösste Binnensee Mitteleuropas.

Der Genfersee oder Lac Léman ist der grösste Binnensee Mitteleuropas.
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Waadtland: Zwischen Bergen und Seen

Das Waadtland gehört zu den schönsten Weinregionen des Alpenraums. Hier lassen sich die atemberaubenden Rebhänge des UNESCO-Weltkulturerbes Lavaux, terroirgetriebene Weissweine aus der Sorte Chasselas und viele Spitzenrestaurants entdecken.

Freitag

Chasselas mon amour. Von Dézaley Grand Cru bis zum Chasselas-verrücktesten Sommelier der Schweiz.

Ins Waadtland reisen Sie am besten mit der Bahn. Von der Deutschschweiz kommend, gehört die Reise mit dem Zug an den Genfersee für Weinfreaks wahrscheinlich zu den eindrücklichsten überhaupt. Vor Puidox noch sollten Sie für freie Sicht aus dem linken Zugfenster sorgen. Denn sobald der Zug dort aus dem Tunnel schiesst, offenbart sich der grandiose Ausblick auf die Rebberge des Lavaux, den Genfersee und die französischen Alpen. Eine Kulisse, die unmissverständlich vor Augen führt, weshalb die Rebberge des 809 Hektaren grossen Lavaux seit 2007 zum Weltkulturerbe der UNESCO gehören.

Schönere Reblandschaften findet man in Mitteleuropa kaum. In Lausanne, der Hauptstadt des Waadtlands angekommen, beziehen wir das beeindruckende Grand Hotel «Beau-Rivage Palace», in dem auch schon Coco Chanel nächtigte. Im hauseigenen Zwei-Sterne-Restaurant – einer Dependance der französischen Ausnahmeköchin Anne-Sophie Pic – geniessen wir unseren Lunch, bevor wir uns ins Lavaux aufmachen. Heute umfasst die Weinregion rund 809 Hektaren, verteilt auf sechs unterschiedliche Anbauzonen: Lutry, Villette, Epesses, Saint-Saphorin, Chardonne und Vevey-Montreux sowie zwei AOC-Grands Crus Calamin und Dézaley.

Fast drei Viertel der Rebfläche sind mit der wichtigsten weissen Sorte der Schweiz, dem «Chasselas», bepflanzt. Mit den Bergen im Rücken und dank optimaler Besonnung, erreicht der Chasselas im Lavaux eine höhere Reife als anderswo und bringt Weine hervor, die ausserordentlich gut reifen. Vor allem die 54 Hektar grosse Grand-Cru-Lage Dézaley, die unter Kennern für ihre majestätischen Chasselas-Gewächse bekannt ist und in der Romandie ihresgleichen sucht. Zu den Weinen, die diesen hervorragenden Ruf begründen, zählt unter anderem der «Dézaley La Médinette» der Domaine Bovard, die wir in Cully besuchen.

Zum Dinner geht es weiter nach St-Saphorin in die «Auberge de l’Onde», wo wir einige Rôtisserieköstlichkeiten geniessen und gänzlich in das Chasselas-Universum abtauchen können. Die Weinkarte des Hauses, für die seit vielen Jahren Sommelier Jérôme Aké Béda – ein wahrer Chasselas-Freak – verantwortlich ist, bietet eine wahrhaft einzigartige Raritätensammlung des Lavaux.

Samstag

Ein Spaziergang durch die Reben von La Côte, Malakoff in Vinzel und ein Dinner im vielleicht besten Restaurant der Schweiz.

Nach dem Frühstück besuchen wir die Lausanner Kathedrale. Das älteste gotische Bauwerk der Schweiz ist tatsächlich einen ausführlichen Besuch wert. Auch wegen des fantastischen Blicks auf die Stadt, der sich hier vom Vorplatz aus bietet. Dann geht es für uns nach Nyon, in die grösste Weinbauregion des Waadtlandes La Côte. Hier finden sich so klingende Appellationen wie Féchy, Mont-sur-Rolle oder Morges. Das Dörfchen Vinzel, unweit des Sees und der Stadt Nyon gelegen, ist der perfekte Ausgangspunkt für einen Spaziergang durch die Reben von La Côte. Bei guter Sicht blickt man einerseits weit über das Rebenmeer und andererseits bis zum See.

Inmitten der Reben steht das altehrwürdige Château de Vinzel, das heute in dritter Generation von der Familie Monachon geführt wird. Auf den kieshaltigen Böden des Schlossguts entstehen gleich zwei prestigeträchtige Grand Crus. Zum einen aus dem allgegenwärtigen Chasselas, zum anderen aus der Rebsorte Merlot. Eine echte Waadtländer Spezialität erwartet uns im Restaurant «Au Coeur de La Côte» im Dorf. Die frittierte Käseschnitte, die dort durchgehend serviert wird, nennt sich «Malakoff» und mundet hervorragend zum lokalen Chasselas.

Wer dem Wandern zugeneigt ist, kann von Vinzel Richtung Lausanne, durchgehend von Reben umgeben, über Stunden dahinschreiten. Winzerdorf reiht sich hier an Winzerdorf – von Rolle über Saint-Prex und Tolochenaz bis nach Morges. Hier sollte man übrigens unbedingt einen Besuch bei der Domaine Henri Cruchon einplanen, einem der besten Produzenten
der Region. Von Morges ist es auch nicht mehr weit nach Crissier, wo sich mit dem «L’Hôtel de Ville» eines der besten Gourmetrestaurants der Schweiz befindet. Franck Giovanninis Kreationen sind einzigartig und ein echtes Kulinarik-Erlebnis. Geschmack und Textur der Gerichte sind meisterhaft aufeinander abgestimmt und bieten eine Sterneküche auf allerhöchstem Niveau – die Krönung unseres Tages.

Sonntag

Waadtländer Weingeschichte im Château d‘Aigle. Sowie ein Besuch in Bex, wo sich die bekannteste Saline der Schweiz und ein märchenhaftes Restaurant befinden.

Für unsere letzte Nacht im Waadtland checken wir im luxuriösen «Chalet RoyAlp Hôtel & Spa» ein. Eine Oase der Ruhe im Herzen des Kurorts Villars-sur-Ollon, südöstlich des Genfersees. Von hier aus erreicht man in einer halben Stunde die Weinregion Chablais, Heimat des legendären «Chasselas Aigle les Murailles», der getrost als bekanntester Wein der Schweiz bezeichnet werden kann. Zahlreiche Weinkeller laden hier zum Besuch ein. Allen voran die Henri Badoux SA, die den berühmten «Aigle les Murailles» oder «Eidechsli-Wy», wie er von den Schweizern liebevoll genannt wird, keltert.

Im Osten des Dorfes erhebt sich das ikonenhafte Château d’Aigle, ein Schloss aus dem 11. Jahrhundert, das heute ein Weinmuseum beherbergt. Gleich neben dem Schloss befindet sich das Restaurant «La Pinte du Paradis» – neben erstklassiger Bistroküche findet man hier eine grosse Auswahl an regionalen Weinen. Perfekt also für einen kurzen Halt zur Stärkung. Weiter geht es nach Ollon, wo wir dem talentierten Weinmacher Bernard Cavé einen Besuch abstatten. Cavé, ein Meister finessenreicher, tiefgründiger Weine, bewirtschaftet diverse Prestigelagen in Ollon sowie Aigle. Seine Chasselas, unter anderem in der Amphore ausgebaut, offenbaren eine neue Dimension der Sorte.

Weiter südlich in Bex befindet sich die wohl bekannteste Saline der Schweiz. Bis heute ist dort Handwerk ein grosser Bestandteil der Salzgewinnung. Vor allem bei der Herstellung des «Fleur des Alpes», dem Gourmetsalz der Schweizer Alpen, das in seiner Struktur an Fleur de Sel erinnert. Für dieses Salz bemüht man eine Jahrhunderte alte Methode, bei der die Sole in einer Pfanne auf 55 Grad erhitzt wird, wobei sich Salzkristalle bilden, die von Hand gesammelt und daraufhin getrocknet werden. Für Gourmets gehört ein anschliessender Besuch im  Restaurant «Le Café Suisse», ebenfalls in Bex, zum Pflichtprogramm. Verspielt, frisch
und fulminant bezeichnet nicht nur das jährlich wechselnde Intérieur des «Café Suisse», sondern auch den extravaganten Kochstil der jungen Sterneköchin Marie Robert. Mit ihren gelungenen und überaus kreativen Kompositionen in märchenhafter Präsentation kocht sie sich in zahlreiche Gourmetherzen.


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Dominik Vombach
Dominik Vombach
Chefredaktion Schweiz
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